Geldpolitik

EZB-Direktor Panetta gegen Drosselung der Anleihenkäufe

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Billionenschwere Notfall-Anleihenkäufe sollen Coronakrise abfedern. Eine verfrühte Rücknahme der geldpolitischen Unterstützung berge das Risiko, dass die wirtschaftliche Erholung abgewürgt werde, heißt es.

Die Europäische Zentralbank (EZB) sollte aus Sicht von Notenbank-Direktor Fabio Panetta das Tempo ihrer billionenschweren Notfall-Anleihenkäufe im Kampf gegen die konjunkturellen Folgen der Coronapandemie derzeit noch nicht drosseln. "Aus meiner Sicht rechtfertigen die Bedingungen, die wir heute sehen, es nicht, die Geschwindigkeit der Käufe zu verringern", sagte Panetta der Nachrichtenagentur Nikkei in einem am Mittwoch veröffentlichten Interview.

Auch sei es noch zu früh für eine Diskussion über ein Auslaufenlassen des "PEPP" getauften Kaufprogramms. Die EZB hatte erst im März beschlossen, das Tempo der Transaktionen im zweiten Quartal zu erhöhen. Die nächste Zinssitzung der Währungshüter ist für den 10. Juni geplant.

"Wir sollten warten, bis wir mehr Klarheit haben über die Konjunktur- und Inflationsbedingungen und bis wir zuversichtlich sein können, dass diese es uns ermöglichen, unser Mandat zu erfüllen", sagte Panetta. Die Auswirkungen der Pandemie auf die Inflation müssten beseitigt werden, auch müsse die Inflation erst wieder nachhaltig steigen. Eine verfrühte Rücknahme der geldpolitischen Unterstützung berge das Risiko, dass die wirtschaftliche Erholung abgewürgt werde.

Das Pandemie-Kaufprogramm PEPP ist insgesamt auf 1,85 Billionen Euro angelegt und soll noch bis mindestens Ende März 2022 laufen. Rund eine Billion Euro des Kaufrahmens haben die Euro-Wächter schon genutzt. Aktuell erwerben sie im Rahmen von PEPP Staatsanleihen, Firmenanleihen und andere Titel im monatlichen Volumen von 80 Milliarden Euro.

Es sei derzeit ein weiterer unerwünschter Anstieg der Anleiherenditen zu sehen, sagte Panetta, der im sechsköpfigen EZB-Führungsteam unter anderem für europäische und internationale Beziehungen zuständig ist. "Die Finanzierungsbedingungen verschärfen sich", warnte er und verwies auch auf einen anziehenden Euro-Wechselkurs. Dies könne dazu führen, dass sich der Inflationsdruck abschwäche. Die EZB werde über die Schlussfolgerungen aus diesen Trends auf der Juni-Zinssitzung beraten. Sie strebt eine Inflation von knapp zwei Prozent als Idealwert für die Wirtschaft an.

Den Währungshütern werden zur Juni-Sitzung neue Konjunktur- und Inflationsprognosen der hauseigenen Volkswirte vorliegen. EZB-Präsidentin Christine Lagarde hatte in der vergangenen Woche gesagt, auf der Sitzung gehe es darum, günstige Finanzierungsbedingungen für die Wirtschaft zu sichern.

(APA/Reuters)

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