Ibiza-Skandal

Anklage gegen "Ibiza-Detektiv" Hessenthaler: Kokainhandel

Julian Hessenthaler (Mitte), begleitet von Anwalt Alfred Noll, als der Detektiv im Ibiza-U-Ausschuss aussagte.
Julian Hessenthaler (Mitte), begleitet von Anwalt Alfred Noll, als der Detektiv im Ibiza-U-Ausschuss aussagte. APA/ROLAND SCHLAGER
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Der Produzent des Ibiza-Videos, Julian Hessenthaler (40), ist angeklagt. Allerdings geht es in dieser - der „Presse“ vorliegenden - Anklageschrift gar nicht um „Ibiza“, sondern im wesentlichen „nur“ um Drogen.

„Julian Hessenthaler hat in wiederholten Angriffen vorschriftswidrig Suchtgift, nämlich Kokain (Wirkstoff: Cocain) mit einem Reinheitsgehalt von zumindest 70 %, in einer insgesamt das 25-fache der Grenzmenge (...) übersteigenden Menge durch gewinnbringenden Verkauf zu einem Grammpreis von € 40 überlassen und zwar

1.) in Salzburg zu einem noch festzustellenden Zeitpunkt im Frühling 2017 250 Gramm

2.) in Niederösterreich nahe der Stadt Haag zu einem noch festzustellenden Zeitpunkt im Sommer 2018 500 Gramm

3.) in Oberösterreich zu einem noch festzustellenden Zeitpunkt im Dezember 2018 500 Gramm."

So - juristisch trocken - liest sich der Einstieg der 15-seitigen Anklageschrift gegen den „Ibiza-Detektiv“, somit gegen jenen Mann, der die Videofalle für Heinz-Christian Strache ausgelegt hatte.  

Rechtskräftig ist diese Anklage noch nicht. Somit ist auch ungewiss, ob der Prozess tatsächlich (so wie dies die Staatsanwaltschaft will) im Landesgericht St. Pölten stattfindet - in einem Gericht, das für einen der mutmaßlichen Tatorte zuständig ist. Das Verteidiger-Duo, Oliver Scherbaum aus Wien und Wolfgang Auer aus Salzburg, hat nämlich Einspruch gegen die Anklage eingebracht. Nach Ansicht der beiden Anwälte ist das Landesgericht Salzburg, das Gericht mit Zuständigkeit für den ersten mutmaßlichen Tatort, zuständig.

Video: Nur relativ wenig Strafe droht

Zur Anklage selbst sagt Scherbaum im Gespräch mit der „Presse": „Man hat etwas anderes gebraucht als die Herstellung des Ibiza-Videos, sonst hätte man seiner nicht habhaft werden können.“ Denn: „Die Herstellung von heimlichen Bild- und Tonaufnahmen wird vom Gesetzgeber hinsichtlich der Strafsanktion gleich schwer beurteilt, wie zum Beispiel eine kreditschädigende Äußerung auf einem Facebook-Profil.“ Es gehe hinsichtlich der Video-Produktion also nur um bis zu ein Jahr Haft. „Das reicht nicht für einen Haftbefehl, um jemanden nach Österreich zu bringen.“

Hessenthaler sitzt seit März in Wien wegen Tatbegehungs- und Fluchtgefahr in Untersuchungshaft - nachdem er Mitte Dezember in Berlin mit Europäischem Haftbefehl festgenommen und in der Folge an Österreich ausgeliefert worden war. Im April hatte er als Auskunftsperson im U-Ausschuss kundgetan, dann er sich als Opfer voreingenommener und befangener Ermittlungen sehe ("Es wird versucht, mich mundtot zu machen") - und mit dem Video nur ein Sittenbild des österreichischen politischen Systems habe zeichnen wollen.

Verteidiger Scherbaum: „Mit der Anklage erreichen jene ihr Ziel, die die Hersteller des Videos von Anfang an kriminalisieren wollten, um von möglicherweise eigenen Straftaten abzulenken.“ Nachsatz: „Es ist ja bekannt, dass Strache seit der Veröffentlichung des Videos die Strategie der Opfer-Täter-Umkehr fährt."

„Kontakte zur serbischen Unterwelt"

Zurück zu den Drogen-Vorwürfen: Laut Anklageschrift hat Hessenthaler, der eine Sicherheitsfirma leitete (daher die Bezeichnung „Ibiza-Detektiv"), aus einem denkbar simplen Motiv heraus gehandelt: Er habe ab Frühling 2017 seine „triste finanzielle Situation“ aufbessern wollen. Daher habe er seine „Kontakte in die serbische Unterwelt“ genutzt, „um große Mengen hochprozentigen Kokains (...) zu beschaffen. Dieses habe er sodann an einen gewissen Slaven K. weitergegeben. K. wurde bereits, wie berichtet, in Salzburg wegen Drogenhandels zu drei Jahren Haft rechtskräftig verurteilt.

Auch die frühere Freundin von K., eine gewisse H., war Abnehmerin. Sie ist ebenso verurteilt - zu 18 Monaten teilbedingter Haft.

Beide belasten (als Zeugen) Hessenthaler - wobei K. den „Detektiv“ zunächst nicht ins Spiel gebracht hatte (angeblich, weil seine, K.s, Mutter bedroht worden sei). Später aber gab K. sehr wohl Belastendes zu Protokoll.

Die Anklage nimmt nun die Angaben der beiden mittlerweile verurteilten Drogen-Abnehmer (für Hessenthaler gilt die Unschuldsvermutung) ernst und stützt sich unter anderem genau darauf. Es bestünden, so schreibt der Staatsanwalt, „keine Zweifel, dass Julian Hessenthaler an Slaven K. (zwei Mal in Anwesenheit von H.) in drei Tranchen insgesamt  1250 Gramm Kokain mit einem Reinheitsgehalt von zumindest 70 Prozent zu einem Grammpreis von 40 Euro übergab."

Was von „Ibiza“ bleiben könnte

Und was wurde eigentlich aus „Ibiza"? In dieser Hinsicht könnte noch eine weitere Anklage nachkommen: Etwa wegen Anstiftung zur Erpressung: Hessenthaler steht im Verdacht, K. angestiftet zu haben, das Videomaterial an Strache zu verkaufen - diese Szene „spielte“ aber erst nach Veröffentlichung des Videos, welches das Ende der türkis-blauen Regierungskoalition bedeutet hatte. Ob bei diesem Gespräch über die mögliche Überlassung des (gesamten) Videos (damals waren ja nur kurze Ausschnitte bekannt) tatsächlich ein Erpressungsvorsatz erkennbar war, ist allerdings noch nicht abschließend ermittelt. 

Möglicherweise wird Hessenthaler auch zum Vorwurf gemacht, dass der im Rahmen der Videofalle eingesetzte Lockvogel - eine angebliche Oligarchen-Nichte - mit falschem Pass aufgetreten ist. Inwieweit sich dies als Beteiligung an der Urkundenfälschung für Hessenthaler auswirken könnte, ist ebenfalls noch offen.

Apropos Urkundenfälschung: Ein solcher Vorwurf findet sich auch in der aktuellen Drogen-Anklage, allerdings geht es da nicht um „Ibiza“, sondern um das Mitführen eines gefälschten slowenischen Führerscheins und eines gefälschten slowenischen Passes, jeweils ausgestellt auf eine gewisse S. V.

Zudem soll sich der Videoproduzent im Mai 2019 in Wien bei einer Verkehrskontrolle mit einem gefälschten slowenischen Führerschein ausgewiesen haben. 

Zu den Vorwürfen insgesamt meinte der Beschuldigte zuletzt, diese seien konstruiert.       

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