Justiz

U-Ausschuss: Zadic ließ Einfluss auf Ermittlungen prüfen

Auf Ladung der ÖVP zum zweiten Mal im U-Ausschuss: Justizministerin Alma Zadic (Grüne)
Auf Ladung der ÖVP zum zweiten Mal im U-Ausschuss: Justizministerin Alma Zadic (Grüne)APA/HELMUT FOHRINGER
  • Drucken

Die Justizministerin wies bei ihrem zweiten Auftritt im Untersuchungsausschuss pauschale Angriffe auf die Justiz zurück. Einschüchterungsversuche gegen einzelne Staatsanwälte seien einzustellen.

Justizministerin Alma Zadic (Grüne) hat bei ihrem zweiten Auftritt im Ibiza-Untersuchungsausschuss einmal mehr pauschale Angriffe auf die Justiz zurückgewiesen. Die Justiz könne sich "nicht selbst zur Wehr setzen", so Zadic. Einschüchterungsversuche gegen einzelne Staatsanwälte seien einzustellen. Zudem betonte die Justizministerin, allen Verdachtsmomenten von Einfluss auf Ermittlungen nachgegangen zu sein. Kritik an Zadic kam vor allem aus den ÖVP-Reihen.

Ihr seien Verdachtsmomente von Staatsanwaltschaften oder unterschiedlichen Stellen zugetragen worden. Diesen sei sie insofern nachgegangen, dass sie einzelne Prüfungen dieser Fälle in Auftrag gegeben habe, erklärte Zadic. Etwa habe ihr die WKStA mitgeteilt, dass sie mit schikanösen Berichten eingedeckt worden sei, die OStA wiederum, dass die WKStA ihre Berichte zum Teil provokant formuliere. Bei allen ging es um Konflikte zwischen der ermittelnden Staatsanwaltschaft und der Fachaufsicht, politische Einflussnahme sei ihr keine bekannt, meinte sie auf eine entsprechende Frage.

Stärkung der unabhängigen Ermittlungsarbeit

Die Stärkung der unabhängigen Ermittlungsarbeit der Staatsanwaltschaften sei ihr "zentrales politisches Anliegen", erklärte die Justizministerin und zählte die von ihr bis dato gesetzten Schritte auf, wie die Trennung von Strafrechts- und Legistik-Sektion oder den jüngst vorgestellten Erlass zu den Berichtspflichten. Damit hätten die Ermittler nun mehr Ressourcen. Wie Zadic den Abgeordneten berichtete, musste die WKStA im Zusammenhang mit den Ibiza-Ermittlungen mit Stand Februar 181 Berichte abliefern. Davon 90 aufgrund gesetzlicher Verpflichtungen, 91 auf Basis von Aufträgen des Ministeriums oder der Oberstaatsanwaltschaft. Davon gingen 58 auf parlamentarische Anfragen oder Beweismittelanforderungen zurück, 33 waren fachaufsichtlicher Natur, 17 vom Ministerium und 16 durch die OStA.

Im Zusammenhang mit der Aktenlieferung verwies Zadic auf die Rechtslage. Der Vorwurf, dass zu viele und teils private Chats geliefert worden seien, rechtfertigte die Justizministerin mit dem Erkenntnis des VfGH, wonach alle Rohdaten zu liefern sind, die zur Klärung der politischen Verantwortung abstrakt relevant sein könnten. Das hätten die Staatsanwaltschaften mit "unglaublichem Einsatz" erfüllt. Zudem hätte das Justizministerium mit Blick auf Wahrung der Persönlichkeitsrechte keine der Akten in der Klassifizierungsstufe null geliefert.

Reihenfolge der Aktenlieferungen?

Einen Streit entfachte auch die Frage nach der Reihenfolge der Aktenlieferungen. Die ÖVP-Fraktion hatte wissen wollen, warum die Chats zwischen Ex-FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache und dem einstigen FPÖ-Politiker Johann Gudenus noch immer nicht vorlägen. Zadic wiederholte, dass die Staatsanwaltschaft und ihr Ministerium nur auf Basis eines Verlangens liefern können. Derzeit hätten laut Konsultationsvereinbarung die Chats von Ex-ÖBAG-Chef Thomas Schmid Vorrang. Ob der Ausschuss jetzt alle Chats habe, konnte die Ministerin nicht sagen, da sie keinen Überblick habe, wie sie sagte - was der ÖVP-Abgeordnete Christian Stocker nicht so recht glauben wollte.

Immer wieder hielt die ÖVP Zadic vor, dass von der Staatsanwaltschaft ausgewählte Chats in Persönlichkeitsrechte eingreifen würden, da diese privater Natur seien. Hier sprang Verfahrensrichter Wofgang Pöschl der Auskunftsperson zur Seite. Es sei "etwas unfair", dies der Ministerin dies vorzuhalten, sei sie doch nicht verantwortlich für die Qualifizierung und Auswahl einzelner Chats.

Einflussnahme auf die Ibiza-Ermittlungen werden geprüft

Wiederholt kam es auch zu ausführlichen Geschäftsordnungsdiskussionen über die Zulässigkeit von Fragen. Vor allem, wenn es um Folgen der Ibiza-Ermittlungen ging, die erst nach dem eigentlichen Untersuchungszeitraum schlagend wurden. Darunter etwa die Frage, was zur Suspendierung von Sektionschef Christian Pilnacek führte oder etwaige disziplinarrechtliche Folgen. Zu disziplinarrechtlich und strafrechtlichen Verfahren die derzeit im Laufen sind, sagte sie nichts, weil sie diesen nicht vorgreifen wolle. Zu möglicher politischer Einflussnahme auf die Ibiza-Ermittlungen durch Pilnacek meinte Zadic nur, dass derartige Wahrnehmungen geprüft würden.

Im Vorfeld der Befragung der Justizministerin hatte der "Kurier" aus einem Dossier zitiert, das auf dem Handy des suspendierten Sektionschefs Christian Pilnacek gefunden worden war. Der Chef der Oberstaatsanwaltschaft Wien, Johann Fuchs, hat auf 103 Seiten im Jahr 2020 angebliche dienstrechtliche Verfehlungen der Wirtschafts-und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) im Ibiza-Verfahrenskomplex aufgelistet. Sie habe die disziplinarrechtlich zuständige Sektion beauftragt, das von Fuchs verfasste Konvolut zu prüfen. Dabei habe sich herausgestellt, dass das Substrat nicht ausreichend sei, berichtete Zadic.

Kanzlermitschnitt veröffentlicht

Noch eine weitere Veröffentlichung sorgte am Mittwoch - auch im Ausschuss selbst - für Verwunderung. Das Online-Magazin zackzack.at hatte einen Tag vor der zweiten Befragung von Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) einen Mitschnitt seines ersten Auftritts vor dem U-Ausschuss ins Netz gestellt. Eigentlich ist dies laut Verfahrensordnung grundsätzlich verboten, Sanktionen sind allerdings nicht vorgesehen. Die Parlamentsdirektion berichtete auf Anfrage lediglich, die Aufnahme der Kanzlerbefragung an die WKStA weitergeleitet zu haben, da diese den Mitschnitt für das Ermittlungsverfahren brauche.

Nach fünf Stunden endete der Ausschusstag mit nur einer Befragung. Der Donnerstag sieht ähnlich aus: Dann ist Bundeskanzler Kurz die einzige Auskunftsperson.

(APA)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

WKStA-Leiterin Ilse-Maria Vrabl-Sanda
Causa Ibiza

Richter, der Kurz befragen soll, steht bereits fest

Die WKStA hat, wie vom Justizministerium angewiesen, den Antrag gestellt, dass ein Richter die Beschuldigteneinvernahme des Kanzlers übernimmt.
Weisung

Warum ein Richter Kurz vernimmt

Der Bundeskanzler wird als Beschuldigter nicht von der WKStA vernommen. Die Opposition tobt, die ÖVP jubelt. Juristen sehen es entspannt.
Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP)
Justiz

Verfassungsjurist: Kurz' Missbrauch-Vergleich "ist unverschämt"

Angesprochen auf die Kritik der ÖVP an der Justiz, strengt der Kanzler einen Vergleich mit Missbrauchsfällen in der katholischen Kirche an.
Maria-Luise Nittel leitet die Staatsanwaltschaft Wien, die größte Anklagebehörde des Landes. Die geplante Einführung eines Bundesstaatsanwaltes begrüßt sie, hält aber auch für möglich, dass in dieser Frage alles so bleibt, wie es ist.
Interview

Politiker im Visier? „Völliger Unsinn!“

Maria-Luise Nittel, die Leiterin der Staatsanwaltschaft (StA) Wien, bestreitet, dass selektiv ermittelt wird, freut sich über den Bundesstaatsanwalt und sieht auch sonst Reformbedarf.
Kanzler Kurz wird wegen Falschaussage im U-Ausschuss verdächtigt.
Vernehmung

Weisung: Kurz wird von einem Richter befragt

Kurz' Anwälte und die Korruptionsstaatsanwaltschaft sind sich uneins, wer die Beschuldigtenvernehmung machen soll. Dem Wunsch des Kanzlers wird nun per Weisung entsprochen.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.