Christian Lindner könnte nach der Wahl Königsmacher und Finanzminister werden: Vom fast unbemerkten Höhenflug der deutschen FDP.
Berlin. Es ist noch nicht lang her, da ging in der FDP die Angst vor der „APO“ um. Also vor dem Absturz in die „außerparlamentarische Opposition“. Die Liberalen von Christian Lindner hielten sich in den Umfragen zwar noch über Wasser. Aber es stand ihnen bis zum Hals. Sie dümpelten bei fünf, sechs Prozent. Dann vollzog sich eine bemerkenswerte Wende: Während der Kampf um das Kanzleramt die Aufmerksamkeit aufsaugte, setzte die FDP fast unbemerkt zu einem Höhenflug an. Seit Monaten schon weisen sie die Umfragen über der Zehnprozentmarke aus, zuletzt bei elf bis 13 Prozent.
Stand heute steuert die FDP auf eines der besten Ergebnisse ihrer Parteigeschichte zu – und auf eine Regierungsbeteiligung. Für die FDP könnten sich gleich mehrere Koalitionsoptionen eröffnen und der Partei, wie häufig in der Geschichte, die Rolle des Königsmachers zufallen.
Dabei war die Partei jahrelang in einer Abwärtsspirale gefangen. Dass Christian Lindner im Herbst 2017 die Verhandlungen über eine Jamaika-Regierung platzen ließ, dass er in die Mikrofone sagte, es sei besser, nicht zu regieren, als falsch zu regieren, hing ihm lang nach. Weil es auch dem Selbstverständnis eines Teils der eigenen Partei widersprach. Niemand, auch nicht die CDU, hatte Deutschland bis dahin länger mitregiert als die FDP. Als im Februar 2020 in Thüringen ein FDP-Mann auch mit den Stimmen der AfD zum Ministerpräsidenten gewählt wurde, galt das vielen Liberalen als Sündenfall. Zwischendurch belehrte Lindner in der Klimakrise die jungen Aktivisten, sie sollten Klimaschutz doch den „Profis“ überlassen. Das wirkte auf viele arrogant und besserwisserisch. Die „One-Man-Show“ Lindner kam beim Publikum immer schlechter an.