Corona-Strategie

Herbert Kickl: "Wir jagen sie mit dem nassen Fetzen aus ihren Ämtern"

CNS-Vergleiche, Drohungen und Kampfrhetorik: Herbert Kickl (FPÖ) polterte am Donnerstag gegen die Maßnahmen der Bundesregierung.
CNS-Vergleiche, Drohungen und Kampfrhetorik: Herbert Kickl (FPÖ) polterte am Donnerstag gegen die Maßnahmen der Bundesregierung.(c) APA/HERBERT NEUBAUER
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Er wolle die Spaltung der Gesellschaft verhindern, versprach FPÖ-Chef Herbert Kickl am Donnerstag, um anschließend anzukündigen, den „Betrug“ an der Bevölkerung durch leere Versprechungen „bekämpfen“ zu wollen.

„Es gibt einiges zu besprechen“, lauteten die Begrüßungsworte von FPÖ-Parteichef Herbert Kickl, als er am Donnerstag zur Pressekonferenz in die Parteizentrale lud. Anlass gab der am Mittwoch präsentierte Stufenplan [premium] als Reaktion auf steigende Zahlen von Covid-Patienten auf den Intensivstationen und einer stagnierenden Impfquote. Kickl selbst legte, von einer heftigen Anti-Regierungsrhetorik angepeitscht, seinen „Plan B“ zur Bekämpfung der Pandemie vor.

Er könne sich nicht erinnern, je „so fassungslos“ wie am Vortag gewesen zu sein, sagte Kickl. Als Grund nannte er die „Verantwortungslosigkeit“, „Unehrlichkeit“ und „Skrupellosigkeit“ der türkis-grünen Bundesregierung. Diese stünde vor dem Trümmerhaufen ihrer Impfstrategie. Diese sei ein „Joker, der nicht sticht“, eine „lahme Ente“ und ein „Betrug“ an der Bevölkerung, die durch die neuen Maßnahmen (FFP2-Maskenpflicht für Ungeimpfte, Anm.) weiter gespalten werde. Den „verantwortungslosen Figuren“ Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) und Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein (Grüne) unterstellte Kickl, weiter an ihrer „Kriminalisierungsstrategie“ festzuhalten.

Als Argument dienten dem FPÖ-Chef für seine heftige Kritik Beiträge aus dem Fachjournal „Science“. Dort hätten sich Wissenschaftler und Berater der israelischen Regierung zuletzt kritisch zur Corona-Impfung geäußert, in die man die Bevölkerung, auch in Österreich, „hineinmanipuliert“ und „hineingelockt“ habe. Offizielle Zahlen der WHO wie auch der israelischen Gesundheitsbehörde zeigten, dass die Impfung die Delta-Variante nicht besiege. „Impfdurchbrüche sind nicht die seltenen Ereignisse, als die sie präsentiert werden“, sagte Kickl. In Israel sei zuletzt ein Großteil der Intensivpatienten über 60 Jahre geimpft gewesen. „Die Impfung wirkt, aber nicht gut genug.“ Als weiteres Argument sprach er die Impfdurchburch-Statistik der Ages an, die zeige, dass 52 Prozent der Krankheitsfälle über 60 Jahre vollimmunisierte Personen seien.

Davon abraten wolle er aber nicht, sagte Kickl in Anspielung an einen Bericht der „Presse“ [premium], der die These vetrat, dass er selbst die Pandemie beenden könne, würde er nur seine Wähler zur Impfung aufrufen. „Nein, ich rate niemandem davon ab“, sagte er, durchaus überraschend. Allerdings: „Ich rate dazu, sich selbst ein Bild zu machen. Jeder soll diese Entscheidung für sich selbst treffen.“ 

Unterdessen meldete sich auch sein Vorgänger, Norbert Hofer, zu Wort. Dass Menschen nun „gekennzeichnet“ würden, hätte er als Bundespräsident niemals zugelassen, schrieb er auf Twitter.

Regierung „mit dem nassen Fetzen hinausjagen“

Dass es Impfdurchbrüche gebe, wolle die Regierung, in Kickls Augen von „Schmalspur-Virologen“ beraten, nicht wahrhaben. Das nimmt er nun als Anlass, rechtliche Schritte zu prüfen: Die „Auftraggeber“ der Impfkampagne, Rotes Kreuz und Bundesregierung, seien „rechtlich zur Verantwortung zu ziehen.“ Das Arzneimittelgesetz stelle eine Irreführung im Zusammenhang mit der Wirksamkeit von Arzneimitteln unter Strafe. Das könne auch für Impfstoffe gelten, sagte Kickl. „Das, was hier passiert, ist ein moralischer und rechtlicher Irrsinn.“ 

Der Ausschluss der Ungeimpften aus dem Gesellschaftsleben und deren „Kennzeichnung“ erinnerte den Klubomann unterdessen an die Schutzhaft, die „in Preußen erfunden wurde“ und später „zur grausligsten Perversion vorangetrieben“ worden sei. Damit spielte er an das NS-Regime an. Er selbst werde „nicht müde, alles zu unternehmen, um diese Spaltung der Gesellschaft zu bekämpfen und zu verhindern“, nur um im nächsten Atemzug zu poltern: Bei den kommen Wahlen werde man, „so kann ich ihnen versprechen“, die Regierungsmitglieder „mit dem nassen Fetzen aus ihren Regierungsämtern hinausjagen.“

Dass sich die oberste Beamtin im Gesundheitsministerium, Katharina Reich, inzwischen für eine allgemeine FFP2-Pflicht für beide Gruppen im Handel starkmacht, sei für Kickl kein Kompromiss, „Wenn ich einem Teil der Bevölkerung einen Unsinn aufbürde, dann wird der nicht weniger, nur weil ich ihm dem anderen Teil der Bevölkerung auch noch aufbürde.“ 

Mehr „Tot-Impfstoffe“ und Immunstatus-Kontrolle

Kickls „Plan B“, den er als Alternative für die Strategie der Regierung präsentierte, sieht hingegen vor, den „Impfdruck“ zu beenden. Es dürfe keine Nachteile für Menschen geben, „die die Impfung aus guten Gründen ablehnen“. Den Ärzten empfiehlt er, „ganz besonders“ auf ihre eigene Haftbarkeit zu achten.

Stattdessen will Kickl eine durchgängige und kostenlose Feststellung des Immunstatus der Bevölkerung. Getestet solle nur bei Symptomen werden und das sowohl bei Geimpften wie Ungeimpften. Ein positiver Test dürfe  aber nur dann Quarantäne auslösen, wenn dieser in Verbindung einer medizinischen Diagnose ausgestellt werde.

Anschließend fordert Kickl einen „raschen Einsatz von Medikamenten, die es ja gibt“. Wobei er kritisierte, dass in die Entwicklung von Medikamente weniger Gelder fließen würden als in die Impfstoffe. Bei diesen will er mehr Forschung für „Tot-Impfstoffe“ und nicht die „neuartige Technologie“ der mRNA-Impfstoffe.

ÖVP: „Mitverantwortlich, dass sich Menschen nicht impfen lassen“ 

Scharfe Kritik an Kickl kam von der ÖVP. Klubchef August Wöginger
kritisierte den FPÖ-Obmann für seine „unverantwortliche
Corona-Leugnerei“. Er sei „mitverantwortlich, dass sich
einige Menschen nicht impfen lassen wollen“, betonte er.

Kanzleramtsministerin Karoline Edtstadler (ÖVP) kritisierte die Aussagen Hofers und Kickls zu den Maßnahmen als „Brandmarkung für Ungeimpfte“, die Kickl „an die dunkelsten Zeiten der
Geschichte“ erinnerten. Der Vergleich der Corona-Maßnahmen mit den „dunkelsten Kapiteln unserer Vergangenheit“ sei eine „unfassbare
Verhöhnung der Opfer des NS-Unrechtsregimes“, sagte die Ministerin.
FPÖ-Generalsekretär Michael Schnedlitz wies die Kritik zurück.

(juwe)

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