Aufgebrachte Anrainer haben die Klinik von Ärzte ohne Grenzen angegriffen, weil sie fürchten, sich mit der Krankheit anzustecken. Bisher gibt es bereits mehr als 280 Cholera-Tote.
Die Furcht vor einer weiteren Ausbreitung der Cholera in Haiti hat sich am Dienstag in gewaltsamen Protesten gegen eine Klinik der Organisation Ärzte ohne Grenzen entladen. Etwa 300 Menschen griffen das Behandlungszentrum an, das in der Hafenstadt St. Marc eröffnet werden sollte. Augenzeugen zufolge schleuderten sie Steine und mindestens einen Molotow-Cocktail.
Argentinische UN-Blauhelmsoldaten rückten zur Unterstützung der örtlichen Polizei an. Behördenvertreter versicherten der aufgebrachten Menge schließlich, dass die Klinik nicht in ihrem Viertel eingerichtet werde.
In der Behandlungseinheit mit ihren 400 Betten sollten Cholera-Patienten versorgt werden. Der Leiter der spanischen Sektion von Ärzte ohne Grenzen, Francisco Otero, sagte, es werde nun versucht, die Klinik in einem anderen Teil der Stadt zu eröffnen. Man wolle den Menschen erklären, dass von der Einrichtung keine Gefahr für sie ausgehe, sagte Otero.
Mindestens 284 Tote
Unterdessen greift die Cholera weiter um sich. Am Dienstag wurden 420 Neuerkrankungen sowie 25 Todesfälle gemeldet. Damit stieg die Zahl der Todesopfer auf mindestens 284. Insgesamt erkrankten seit Ausbruch der Seuche vor etwa einer Woche fast 3800 Menschen, die meisten davon entlang des Flusses Artibonite.
Cholera galt in Haiti als ausgerottet. In der vergangenen Woche jedoch traten wieder erste Fälle entlang des Artibonite-Flusses im Zentrum und Norden des Landes auf. Seitdem befürchten die Behörden, die Epidemie könnte sich auch in den Lagern der Hauptstadt breitmachen, in denen immer noch zehntausende Erdbebenopfer leben. Die Krankheit ist hochansteckend. Sie verbreitet sich vor allem über Wasser und Nahrung und verursacht heftigen Durchfall und Erbrechen. Werden die Betroffenen nicht rasch behandelt und rehydriert, kann die Krankheit innerhalb kurzer Zeit zum Tode führen.
Gesundheitskontrollen an der Grenze
In der benachbarten Dominikanischen Republik trafen die Behörden Vorsorge, um ein Übergreifen der Cholera zu verhindern. So muss sich beispielsweise jeder, der die Grenze überquert, die Hände waschen und einen Gesundheitsfragebogen ausfüllen. Die Vereinten Nationen erklärten am Dienstag, dass eine Schließung der Grenze nicht notwendig sei.
(Ag.)