Tirol

Einigung um 2:30 Uhr: Landeshauptleute berichten über die Lockdown-Verhandlungen

Landeshauptleute und Regierung berieten am Achensee bis tief in die Nacht.
Landeshauptleute und Regierung berieten am Achensee bis tief in die Nacht.(c) APA/EXPA/JOHANN GRODER (EXPA/JOHANN GRODER)
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Es habe "offen gesagt unterschiedliche Zugänge“ gegeben, sagt Burgenlands Landeshauptmann Doskozil. Alle Landeshauptleute stehen aber hinter der Entscheidung.

Die Landeshauptleute haben nach der Verkündung eines neuerlichen Lockdowns und nach heftigem politischen Tauziehen versucht, Einigkeit zu demonstrieren. Burgenlands Landeshauptmann Hans-Peter Doskozil (SPÖ) räumte immerhin ein, dass es "offen gesagt unterschiedliche Zugänge gab". Der steirische Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer betonte, dass man die Handlungsfähigkeit - die "gefährdet" gewesen sei - nun wieder "zurückerobert" habe.

Dass es nun doch zu einer Einigung zwischen Bund und Länder gekommen sei, führte Schützenhöfer auf eine "Eigendynamik" zurück, die sich in solchen Sitzungen bekanntermaßen oft entwickle. Man habe "bis weit über Mitternacht verhandelt", verdeutlichte er. Konkret soll die Unterredung bis 2:30 Uhr gedauert haben.

Die Verhandlungen beschrieb Schützenhöfer als "kollegial" und vom "Ernst der Lage" geprägt. Er gab zu, dass er sich mit einem Lockdown "schwergetan" habe, aber die Zahlen würden schließlich auch in der Steiermark steigen. Ob die 20 Tage reichen werden, "weiß in Wahrheit auch kein Mensch". Die Impfpflicht hätte er gerne früher umgesetzt gewusst - bereits im Juni 2020 habe er eine solche gefordert. Damals sei er aber noch mit Morddrohungen und harscher Kritik konfrontiert gewesen.

Niederösterreichs Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) betonte die Notwendigkeit zur Erhöhung der Impfquote: "Es ist ein unhaltbarer Zustand, wenn uns die mangelnde Impfbereitschaft einiger von Lockdown zu Lockdown führt - und damit zu Einschränkungen für alle. Dem Spuk muss jetzt ein Ende gesetzt werden - und zwar garantiert und abgesichert. Und das gelingt nur mit einer generellen Impfpflicht. Das ist notwendig, damit wir endgültig rauskommen aus dieser unerträglichen Lockdown-Spirale."

Doskozil: „Virus macht vor den Landesgrenzen nicht Halt"

Doskozil zeigte sich im - zumindest für das Burgenland - optimistisch, dass nach 20 Tagen Lockdown wieder aufgesperrt wird. "Ob das in anderen Bundesländern auch so sein wird, kann man nicht zu 100 Prozent sagen", so der SPÖ-Landeschef. Er verwies darauf, dass in den einzelnen Bundesländern die Corona-Situation unterschiedlich sei, doch "das Virus macht vor den Landesgrenzen nicht Halt".

Er finde es "müßig", darüber zu diskutieren, warum es nun dazu gekommen sei, doch es sei "schon ein wichtiger Schritt, dass wir eine gemeinsame Linie gefunden haben". Die Stimmung bei den Verhandlungen sei "der Situation angepasst" gewesen. Heute sei ein Tag, "diesen gemeinsamen Nenner mitzutragen", und nicht mit "Schuldzuweisungen" zu beginnen. Er kündigte an, dass die SPÖ Impfpflicht im Parlament mittragen werde.

Kärntens Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ) betonte, dass alle nun hinter dieser Entscheidung stünden. Alle habe geeint, dass man nun den "Menschen in dieser schwierigen Situation" beistehen müsse. "Es ist das oberste Ziel, Menschenleben zu retten", sagte er. Es sei bei der Landeshauptleute-Konferenz gelungen, "alle wieder zusammenzuführen". Er meinte, dass die Impfpflicht wieder "eine Perspektive" gebe und begründete diesen Schritt so: "Die Freiheit des Einen endet, wo die Freiheit des Anderen aufhört".

Kaiser meinte zudem, dass es ihm besonders wichtig gewesen sei, bei den Schulen ein kombiniertes Modell aus Präsenz und Distance Learning zu erreichen. So würden alle den gleichen Lernstoff vermittelt bekommen.

Wallner besorgt über „Radikalisierung"

Es sei allen daran gelegen gewesen, eine österreichweit einheitliche Linie zu finden, berichtete Vorarlbergs Landeshauptmann Markus Wallner (ÖVP) gegenüber VOL Live von der Landeshauptleutekonferenz, zu der er per Video zugeschaltet war. Es sei nur eine Frage der Zeit, bis auch die übrigen Bundesländer dort landeten, wo Oberösterreich und Salzburg bereits jetzt stünden. Experten hätten die bisherigen Maßnahmen nicht für ausreichend erachtet, um die vierte Welle zu brechen. Es sei daher klar gewesen, "dass wir an einem generellen Lockdown nicht vorbeikommen werden". Diese Entscheidung habe man sich nicht leicht gemacht.

Zentral sei aber die Frage der Folgestrategie nach dem Lockdown, daher habe man intensiv über eine Impfpflicht und den dritten Stich diskutiert. Wallner appellierte an die Bevölkerung, impfen zu gehen und die Ruhe zu bewahren. "Wir müssen zur Solidarität zurück", sagte er und bedauerte eine Polarisierung, die für Vorarlberg "völlig untypisch" sei. "Diese Radikalisierung der vergangenen Wochen und Monaten macht mir als Landeshauptmann Sorge um dieses Land", sagte er.

Wallner befindet sich aufgrund seiner Corona-Infektion derzeit in Absonderung. Auch die Landeshauptleute von Salzburg und Oberösterreich, Wilfried Haslauer und Thomas Stelzer (beide ÖVP), waren nicht persönlich anwesend, dagegen kam Südtirols Landeshauptmann Arno Kompatscher (SVP). Die Landeshauptleutekonferenz war geprägt von einem ungewöhnlich hohen Polizeiaufgebot. Auch Absperrungen rund um das Tagungshotel am Achensee wurden eingerichtet.

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(APA)

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