„Wer in Österreich scheitert, gilt als Versager“

(c) Teresa Zötl
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Hohe Lohnnebenkosten belasten die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen, sagt DiTech-Chefin Izdebska im Gespräch mit der "Presse". Zur Unternehmerfreundlichkeit Österreichs hat sie eine ambivalente Meinung.

Die Presse: Ist Österreich ein unternehmerfreundliches Land?

Aleksandra Izdebska: Dazu habe ich eine ambivalente Meinung. So ist Österreich ein sicheres Land. Es gibt eine hohe Rechtssicherheit, und man muss nicht fürchten, dass plötzlich jemand Geld verlangt, weil es sonst „Probleme“ gibt. Das ist nicht überall so. Zusätzlich gibt es viele Menschen mit guter Ausbildung. Aber es gibt auch negative Punkte: etwa die hohen Lohnnebenkosten. Die Nettolöhne sind ja mit anderen Ländern vergleichbar. Wenn man ein Serviceunternehmen betreibt, bei dem man viele Mitarbeiter braucht, ist es fast unmöglich, wettbewerbsfähig zu sein.

Ist das der Grund, warum es in Relation zu anderen Ländern wenig Unternehmensgründungen gibt?

Es ist ein Grund. Hinzu kommt die soziale Tradition in Österreich. Die Versorgung der Menschen ist auf jeden Fall gewährleistet. Wenn man keine Arbeit findet, muss man nicht zwangsläufig selbst eine schaffen. In anderen Ländern wie in den USA ist das nicht so. Dort sind die Menschen gezwungen, Unternehmer zu werden, wenn sie keinen Arbeitsplatz finden. Außerdem ist es als Jungunternehmer schwierig, Geld zu erhalten. Mein Mann und ich waren vor zwölf Jahren auf den privaten Kredit eines Bekannten angewiesen. Den Banken war unsere Idee zu unsicher.

Welche Rolle spielt die Scheu vor dem Risiko?

Unternehmerschaft ist mit hohem Risiko verbunden. Wenn man in Österreich scheitert, ist das eine persönliche Niederlage. Auch in der Gesellschaft wird man als Versager abgestempelt. Im angloamerikanischen Raum sieht man das eher als Chance, etwas daraus zu lernen.

Warum haben Sie und Ihr Mann ein Unternehmen gegründet?

Wir kommen beide aus Unternehmerfamilien. Wir hatten daher nie Angst vor der Unternehmerschaft. Für uns war es schon als Kind ganz normal, dass man beim Abendessen darüber redet, wie viele Kunden man hat und wie viel verkauft wurde und wie man das Geschäft besser machen kann. Das war für uns beide nichts Neues. Das war ein Vorteil.

Haben Sie Ihren Entschluss je bereut?

Nein, auf keinen Fall. Natürlich ist man mit dem Kopf immer beim Unternehmen. Dank der neuen Technik kann man das aber auch im Urlaub am Strand machen. Im Gegenzug habe ich viele Freiheiten. Und ich arbeite nur mit Menschen, die ich wirklich mag.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.11.2010)

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