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Neuer Bundesbank-Chef warnt vor länger höherer Inflation

Joachim Nagel ist neuer Chef der deutschen Bundesbank
Joachim Nagel ist neuer Chef der deutschen BundesbankREUTERS
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Joachim Nagel übernimmt Chefposten von Jens Weidmann. „Die Geldpolitik müsse "auf alle Fälle auf der Hut sein", sagt er.

Der neue Präsident der deutschen Bundesbank, Joachim Nagel, hat die Europäische Zentralbank (EZB) angesichts der hohen Inflation zur Wachsamkeit gemahnt. Er sehe derzeit die Gefahr, "dass die Inflationsrate länger erhöht bleiben könnte als gegenwärtig erwartet", sagte Nagel bei seiner Amtseinführung am Dienstag. Ex-Bundesbank-Präsident Jens Weidmann rechnet mit einem Rückgang der zuletzt kräftig gestiegenen Inflation im Laufe des heurigen Jahres.

Die Geldpolitik müsse "auf alle Fälle auf der Hut sein", sagte Nagel. Der mittelfristige Preisausblick sei "außergewöhnlich unsicher". Die Inflationsraten von bis zu 5 Prozent im Euroraum, in Deutschland sogar noch darüber, bereiteten vielen Menschen Sorgen. Dabei seien Menschen mit geringerem Einkommen von der Inflation häufig besonders betroffen.

Um das Vertrauen der Bevölkerung in die Geldwertstabilität zu erhalten, sollten Zentralbanken "ihre Unabhängigkeit bewahren und ihr Mandat eng auslegen", sagte Nagel. Wenn es die Preisstabilität erfordere, müsse der Rat der EZB aber "handeln und seinen geldpolitischen Kurs anpassen".

Er selbst wolle an die bisherige Linie der Bundesbank und seines Vorgängers Jens Weidmann anknüpfen, kündigte Nagel an. Die Bundesbank habe stets frühzeitig auf Inflationsrisiken aufmerksam gemacht. Sie habe außerdem stets angemahnt, den "sehr expansiven Kurs der Geldpolitik nicht für zu lange festzuschreiben und sich Handlungsoptionen offenzuhalten", betonte Nagel.

Weidmann: „Unsicherheit bleibt hoch"

Der deutsche Finanzminister Christian Lindner (FDP) nannte Preisstabilität eine "unabdingbare Voraussetzung" für die Funktionsfähigkeit der Marktwirtschaft. Er bezeichnete die Amtsübernahme Nagels als "entscheidenden Moment". Die Bundesbank habe sich mit ihrer stabilitätsorientierten Geldpolitik eine internationale Reputation erarbeitet. "Ich bin mir sicher, dass Sie, Herr Nagel, aufgrund ihrer Vita für einen Kurs geldpolitischer Tradition und Kontinuität der Bundesbank stehen".

Auch der ehemalige Bundesbank-Präsident Weidmann äußerte sich zur Teuerung. Es sei zwar wahrscheinlich, dass die Inflationsrate im neuen Jahr wieder zurückgehen werde, sagte er bei der Veranstaltung in Frankfurt am Main. Ob sie sich aber ohne weiteres an das Ziel von 2 Prozent annähern werde, sei unklar. In einem solchen Kontext der Unsicherheit sei es "besonders wichtig, das Vertrauen der Menschen in die Fähigkeit und den Willen der Notenbank zu stärken, ihr Primärziel Geldwertstabilität ohne Abstriche und Kompromisse zu verfolgen", mahnte Weidmann. "Die Unsicherheit bleibt aber hoch, ob die Raten perspektivisch ohne weiteres unter das Ziel von zwei Prozent sinken oder sich eher verfestigen werden", sagte er.

Weidmann war zum Jahreswechsel nach mehr als zehn Jahren vorzeitig zurückgetreten. Für ihn sei immer zentral gewesen, dass die Notenbank ihr begrenztes Mandat respektiere, sagte Weidmann. "Hier habe ich die Trennlinie zwischen Geldpolitik und Fiskalpolitik sicher enger gezogen als andere." Auch habe er immer wieder auf die Risiken und Nebenwirkungen der unkonventionellen Geldpolitik hingewiesen. "Denn sie können perspektivisch das Streben nach Preisstabilität untergraben, indem sie Geld- und Fiskalpolitik stärker miteinander verflechten."

EZB-Präsidentin Christine Lagarde betonte die Dynamik der globalen Wirtschaft und die daraus resultierende Notwendigkeit für die EZB zur Flexibilität. Inflation sei ein Problem für alle Menschen, sagte sie weiter. "Wir nehmen diese Sorge nicht auf die leichte Schulter, wir nehmen sie sehr ernst."

Der 55-Jährige Nagel war am Freitag von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier zum neuen Präsidenten der Deutschen Bundesbank ernannt worden. Das Bundeskabinett (Ministerrat, Anm.) hatte die Berufung von Nagel an die Spitze der deutschen Zentralbank bereits im Dezember beschlossen. Weidmann hatte im Oktober angekündigt hatte, seinen Posten zum Jahresende "aus persönlichen Gründen" vorzeitig zu verlassen. Er hatte die lockere Geldpolitik der EZB wiederholt kritisiert.

(APA/AFP/Reuters)

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