Kunstfilm

Ulrich Seidl ist wieder da - im Berlinale-Wettbewerb mit "Rimini"

(c) APA/HERBERT NEUBAUER
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Österreichs einstiges Regie-Enfant-terrible Ulrich Seidl ist im Wettbewerb um einen Bären. Auch Ruth Beckermann oder Kurdwin Ayub stellen bei der Berlinale neue Arbeiten vor.

Ulrich Seidl, mittlerweile staatstragender Kunstfilm-Altvorderer, ist mit seinem neuen Film im Berlinale-Wettbewerb vertreten. „Rimini“, auch unter dem Arbeitstitel „Böse Spiele“ bekannt, ist eines von 18 Werken im Wettbewerb um die Goldenen und Silbernen Bären. Es geht darin um einen einst gefeierten Schlagerstar, der im winterlichen Rimini seinem verblichenen Ruhm hinterherjagt.

Es ist eine Weile her, dass Seidl, einst Österreichs Regie-Enfant-terrible, zuletzt mit einem neuen Wurf für Aufsehen sorgte: 2016, mit der Wildjägerdoku „Safari“. Die große Spielfilm-Trilogie „Paradies“ liegt noch weiter zurück. Seit 2017 werkelte Seidl, der sich derweil vor allem als Produzent und Nachwuchsförderer bemerkbar machte, an seinem nächsten Hauptwerk. 

Außerdem im Rennen

Bei der 72. Berlinale ab 10. Februar sind sieben Regisseurinnen vertreten, etwa die deutsche Filmemacherin Nicolette Krebitz, die sich bei "AEIOU - Das schnelle Alphabet der Liebe" auf ihre Hauptdarstellerin Sophie Rois verlassen kann, oder die Französin Claire Denis, die bei "Avec amour et acharnement" (Both Sides of the Blade) auf Juliette Binoche setzt.

Der deutsche Regisseur Andreas Dresen ist mit "Rabiye Kurnaz gegen George W. Bush" ebenso vertreten wie der südkoreanische Berlinale-Stammgast Hong Sangsoo mit "So-seol-ga-ui yeong-hwa" ("The Novelist's Film"). Und bereits bekannt war, dass François Ozon sein neues Werk, die Fassbinder-Adaption "Peter von Kant", als Eröffnungsfilm zur Weltpremiere bringen und damit auch am internationalen Wettbewerb teilnehmen wird.

Die weltweit gemeinsame Erfahrung der Pandemie schlage sich zumindest indirekt auch in den Filmen wieder, unterstrich der künstlerische Direktor der Berlinale, Carlo Chatrian, bei der Onlinepräsentation in Berlin: "Nie zuvor wurden bei uns so viele Liebesgeschichten eingereicht." Alte Meister und junge Wilden sähen sich teils auf derselben Wellenlänge, setzten vielfach auf Humor und visuelle Überraschungen.

Österreich bei "Encounters“ mit drei Filmen

Das gilt nicht zuletzt für die renommierte Sektion "Encounters", bei der Österreich heuer gleich mit drei Werken vertreten ist. "Es geht hier um Filmemacher, die Filmkunst nicht als einen Standard verstehen, der erreicht werden muss, sondern als Experimentierfeld", umriss Chatrian die Stoßrichtung. Hier wird Ruth Beckermann ihren Dokumentarfilm "Plädoyers für die unsinnige Liebe" präsentieren, in dem sie den Mutzenbacher-Roman als Ausgang für eine Erkundung der Prostitution von damals und heute nimmt. Und Kurdwin Ayub stellt hier "Sonne" über drei Wiener Teenagerinnen vor, die in einen Social-Media-Sturm geraten. Und schließlich spielt die Komödie "A Little Love Package" des gebürtigen Argentiniers Gastón Solnicki, eine österreich-argentinische Koproduktion, in einem als zeitlos charakterisierten, surrealen Wien.

All diese und noch zahlreiche weitere Arbeiten wollen die Berlinale-Macher ungeachtet der in Deutschland mittlerweile ebenfalls verzeichneten Rekordinfektionszahlen bei einer verkürzten Berlinale als Präsenzfestival vorstellen. Eröffnet soll wie geplant am 10. Februar werden, die Preisverleihung wurde indes auf den 16. Februar vorgezogen. Danach soll es mehrere Publikumstage bis zum 20. Februar geben.

Entschieden über die Bären wird wieder von der Jury unter ihrem heurigen Präsidenten M. Night Shyamalan, dem legendären Horrorregisseur ("The Sixth Sense"). Bereits fest steht dabei, dass Frankreichs Leinwanddiva Isabelle Huppert den Goldenen Ehrenbären der Berlinale für ihr Lebenswerk bekommen und mit einer Auswahl ihrer Filme geehrt wird.

15 Prozent mehr Anmeldungen als im Vorjahr

Kulturstaatssekretärin Andrea Mayer (Grüne) freute sich über die "starke österreichische Präsenz" bei der diesjährigen Berlinale, mit der sich das aktuelle österreichische Filmschaffen "stark und jung, divers, bewährt anspruchsvoll und künstlerisch breit aufgestellt" und sich einmal mehr "die Qualität und das Potenzial heimischer Talente" zeige. Sie freue sich zudem, "dass durch die Berlinale-Einladungen auch die öffentliche Filmförderung in ihrem Engagement Bestätigung findet", hielt Mayer fest.

Man habe bei den Filmen 15 Prozent mehr Anmeldungen als im Vorjahr zu verzeichnen gehabt, so die kaufmännische Berlinale-Geschäftsführerin Mariette Rissenbeek. Zugleich habe man zur Pandemieprävention den Umfang bewusst reduziert, um die Mobilität und Publikumsballungen geringer zu halten.

So seien bei der Berlinale 2022 nun 256 Lang- und Kurzfilme zu sehen - nach 340 Werken in der Vor-Coronaausgabe 2020. Dafür werden die Kapazitäten in den Kinos begrenzt und eine allgemeine 2G-plus-Regel verordnet. Zutritt sollen demnach nur Menschen haben, die gegen das Coronavirus geimpft oder von einer Infektion genesen sind. Außerdem braucht man einen Coronatest (2G-plus) und einen Mund-Nase-Schutz. Partys und Empfänge sind gestrichen, und der wichtige European Film Market als Messe und die Reihe Talents für junge Filmschaffende werden hingegen ausschließlich im Netz stattfinden.

Ebenfalls bereits seit längerem fest stehen die heurigen zehn "Shooting Stars", also Jungschauspieler und -schauspielerinnen, auf die beim Festival ein besonderer Fokus geworfen wird. Österreicher finden sich heuer nicht darunter, sondern aus Deutschland Emilio Sakraya, Gracija Filipović aus Kroatien, die Dänin Marie Reuther, die Französin Anamaria Vartolomei, die Irin Clare Dunne sowie Hanna van Vliet aus den Niederlanden, der Portugiese João Nunes Monteiro, der Slowene Timon Sturbej, die Schwedin Evin Ahmad und die Schweizerin Souheila Yacoub.

(red.)

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