Ukraine-Krise

"Schlimmste Erwartungen wahr geworden": Österreich verurteilt russische Invasion

Alexander Van der Bellen verurteilte den den "kriegerischen und völkerrechtswidrigen" Angriff Russlands aufs Schärfste.
Alexander Van der Bellen verurteilte den den "kriegerischen und völkerrechtswidrigen" Angriff Russlands aufs Schärfste.GEPA pictures
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"Alles, was die Republik Österreich als neutraler Staat tun kann, um zum Frieden beizutragen, werden wir tun“, versichert Bundespräsident Van der Bellen. Kanzler Nehammer ruft Russland zu einer Rückkehr an den Verhandlungstisch auf. Es gelte, "eine noch größere Eskalation und einen Krieg auf europäischem Boden zu verhindern".

Österreich hat den russischen Angriff auf die Ukraine scharf verurteilt. "Unsere schlimmsten Erwartungen sind wahr geworden", schrieb Außenminister Alexander Schallenberg (ÖVP) am Donnerstag in der Früh auf Twitter. "Die EU wird rasch, geeint und in aller Deutlichkeit reagieren", betonte Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP). Bundespräsident Alexander Van der Bellen rief Russland zur Umkehr auf. "Präsident Putin muss den Angriff sofort stoppen und zu Verhandlungen zurückkehren."

"In den letzten Stunden hat die Russische Föderation erneut eine eklatante Verletzung des Völkerrechts begangen, die wir zutiefst ablehnen und klar verurteilen", teilte Nehammer mit. "Österreichs uneingeschränkte Solidarität gilt der Ukraine. In diesen schweren Stunden sind unsere Gedanken bei der Bevölkerung der Ukraine."

Fest stehe, "dass dieser neuerliche Angriff auf die territoriale Integrität und Souveränität der Ukraine nicht unbeantwortet bleiben" werde, so Nehammer. Im Parlament berichtete Nehammer von einem kurz zuvor geführten Telefonat mit Präsident Wolodymyr Selenskij und hielt fest: "Die Situation in der Ukraine ist höchst dramatisch".

„Krieg auf europäischem Boden verhindern"

Er habe bereits mit EU-Ratspräsident Charles Michel und Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen gesprochen, erklärte der Regierungschef im Vorfeld des für Donnerstagabend geplanten EU-Sondergipfels. "Wir koordinieren uns mit unseren europäischen und gleichgesinnten Partnern, welche weiteren Maßnahmen gegenüber Russland ergriffen werden." Er stehe zudem in laufendem Austausch "mit dem Krisenkabinett der Bundesregierung, dem Bundespräsidenten und den Parlamentsparteien".

"Das russische Narrativ der Hilfe für die gefährdeten Separatistengebiete gegen eine angebliche Aggression ist durchsichtig und an den Haaren herbeigezogen", wurde in der Aussendung des Kanzlerbüros betont. "Im Gegenteil: die ukrainische Regierung hat in den letzten Wochen auf die massive russische Drohkulisse besonnen und mit größter Zurückhaltung reagiert. Hier wird offensichtlich eine Opfer-Täter-Umkehr versucht." Nehammer rief Russland zu einem Ende der Aggressionen und zur Rückkehr an den Verhandlungstisch auf. Es gelte, "eine noch größere Eskalation und einen Krieg auf europäischem Boden zu verhindern".

„Frieden muss an erster Stelle stehen"

"Aufs Schärfste" verurteilte auch Van der Bellen den "kriegerischen, völkerrechtswidrigen Angriff Russlands". Wenn Putin diesen nicht stoppe, "wird der Einsatz militärischer Gewalt auf dem europäischen Kontinent die Beziehungen zum russischen Nachbarn auf Jahrzehnte verändern", mahnte der Bundespräsident. "Alles muss nun getan werden, um eine weitere Eskalation zu vermeiden und Menschenleben zu schützen", so Van der Bellen. "Alles, was die Republik Österreich als neutraler Staat tun kann, um zum Frieden beizutragen, werden wir tun. Frieden muss an erster Stelle stehen", unterstrich der Bundespräsident. Der Weg zum Verhandlungstisch muss für alle Seiten offen stehen.

Der Bundespräsident wird sich außerdem am heutigen Donnerstagabend in einer Fernsehansprache im Anschluss an die "ZIB 1" in ORF 1 und ORF 2 gegen 19.50 Uhr zur aktuellen Lage in der Ukraine an die Bevölkerung wenden. Wie Nehammer und Van der Bellen stellt sich auch Außenminister Schallenberg klar hinter Kiew. "Russland hat den Weg der Gewalt gewählt. In diesen schwierigen Stunden stehen wir zur Ukraine und dem ukrainischen Volk", betonte er in einem englischsprachigen Tweet. "Zutiefst erschüttert über die Ereignisse in der Ukraine" zeigte sich auch Europaministerin Karoline Edtstadler (ÖVP). "Gerade als neutraler Staat können wir diese Aggression nicht akzeptieren. Unsere rote Linie ist das Völkerrecht."

FPÖ fordert neutrale Position

In der an die Erklärungen anschließenden Debatte reagierten die Abgeordneten mit Empörung und Wut auf die russische Invasion. SPÖ-Klubobfrau Pamela Rendi-Wagner etwa betonte, dass der Konflikt zwar in erster Linie die ukrainische Bevölkerung betreffe, aber auch Österreich und die EU. Es sei nicht hinnehmbar und auf das Schärfste zu verurteilen, wenn ein Staat internationales Recht breche und auf europäischem Boden mit Gewalt Grenzen verschiebe. Die Neutralität Österreichs sei unumstößlich, Neutralität dürfe aber nicht Gleichgültigkeit gegenüber einem eklatanten Bruch des Völkerrechts bedeuten.

Einzig die FPÖ forderte eine neutrale Position Österreichs. Die russische Invasion in die Ukraine sei zwar „in keinster Weise zu rechtfertigen“, so FPÖ-Chef Herbert Kickl. Er spricht jedoch von „Eindimensionalität, Einseitigkeit und Parteilichkeit“. Der Konflikt zwischen Russland und der Ukraine sei „komplex“, es sei sowohl auf russischer, als auch auf Nato- und EU-Seite zu provokativem Verhalten gekommen. Man müsse auf beiden Seiten „Ursachenforschung“ betreiben, so Kickl.

Mit seinem Vortrag fand der FPÖ-Chef wenig Anklang bei den anderen Fraktionen. Neos-Klubobfrau Beate Meinl-Reisinger betonte, dass über die Sicherheit Österreichs jetzt in der Ukraine entschieden werde: "Hier gibt es keine Neutralität." Empört zeigte sie sich über Putin-Versteher, wo Linke aus modriger Antikapitalismus-Sehnsucht Seite an Seite mit "rechten Recken" marschierten. Was es nun brauche, sei eine gemeinsame europäische Sicherheitsarchitektur - "oder wir scheitern". Meinl-Reisinger ließ außerdem wissen: "Wir stehen solidarisch mit der Ukraine. Mit dem aggressiven Akt des Angriffs Russlands auf die Ukraine wurde mit einem Strich die politische Ordnung, die wir in Europa nach dem Fall des Eisernen Vorhangs gesehen haben, vom Tisch gewischt." 

Russischer Botschafter ins Außenministerium zitiert

Der russische Botschafter, Dmitri Ljubinski wurde unterdessen am Donnerstag erneut zu einem Gespräch ins Außenministerium (BMEIA) zitiert. Generalsekretär Launsky-Tieffenthal habe unmissverständlich klargemacht, "dass der russische Einmarschbefehl und die breitflächige Invasion der Ukraine eine im Europa des 21. Jahrhunderts unvorstellbare Eskalation darstellt, welche durch nichts zu rechtfertigen ist und von Österreich aufs Schärfste verurteilt wird", hieß es aus dem BMEIA.

"Die russische Aggression ist eine neuerliche eklatante Verletzung des Völkerrechts, der Souveränität und territorialen Integrität der Ukraine", wurde in der Mitteilung als Reaktion auf den in der Nacht auf Donnerstag erfolgten russischen Angriff auf die Ukraine festgehalten. "Es ist auch klar, dass dieser erneute Angriff für Russland massive Konsequenzen seitens der EU und ihrer Partner zur Folge haben wird." Russland werden aufgefordert, die militärische Aggression unverzüglich zu beenden, alle Truppen abzuziehen und rasch an den Verhandlungstisch zurückzukehren. Österreich stehe in diesen schweren Stunden an der Seite der Ukraine und des ukrainischen Volks.

Ljubinski war bereits am Dienstag nach der Anerkennung der Unabhängigkeit der selbst ernannten Volksrepubliken Donezk und Luhansk durch Russland in das Außenministerium zitiert worden. Damals hieß es, dass es sich bei der Anerkennung um eine gravierende Verletzung der Souveränität und territorialen Integrität der Ukraine handle, die von Österreich schärfstens verurteilt werde.

"Ich habe die Kollegen gewarnt, auf Grundlage unüberprüfter Informationen vorschnelle und weitreichende Entscheidungen zu fällen", schrieb Ljubinski am Donnerstagnachmittag auf Facebook. Noch am Samstag hatte der russische Diplomat in einem Interview mit "Österreich" US-Warnungen über einen bevorstehenden russischen Angriff auf die Ukraine als "beispiellose aggressive Hetzkampagne gegenüber Russland" bezeichnet.

(APA/Red. )

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