Parlament

Gesundheitsminister Rauch will Akzeptanz für Covid-Maßnahmen zurückgewinnen

Johannes Rauch legte seine Pläne als Minister für Gesundheit, Soziales und Pflege den Abgeordneten im Parlament dar.
Johannes Rauch legte seine Pläne als Minister für Gesundheit, Soziales und Pflege den Abgeordneten im Parlament dar.APA/ROLAND SCHLAGER
  • Drucken

Abseits der Gesundheitspolitik schilderte Rauch die Abfederung der sozialen Folgen der Pandemie als eines seiner Anliegen. Die SPÖ betont: "Unsere Hände sind ausgestreckt“.

Der neue Sozialminister Johannes Rauch (Grüne) hat sich Donnerstagnachmittag erstmals dem Hohen Haus präsentiert. Er warnte dabei "dringend" davor, die Pandemie schon als beendet zu sehen. Vielmehr will sich Rauch darum bemühen, die Akzeptanz für Maßnahmen ein Stück zurückzugewinnen.

Wie es mit der Impfpflicht weitergeht, verriet der Minister am Tag vor Präsentation der Empfehlungen der dazu eingerichteten Expertengruppe nicht. Maßgeblich seien für ihn wissenschaftliche Expertise und Verfassungsmäßigkeit. Zwischen diesen Leitplanken würden sich die Maßnahmen der Bundesregierung bewegen müssen.

Der Opposition versicherte er, sie einbeziehen zu wollen, nachdem sich SPÖ und Neos zur Unterstützung der Impfpflicht durchgerungen hatten. Dies könne keine Einbahn sein, meinte Rauch: "Da können sie mich beim Wort nehmen."

Schwerpunkte: Soziale Folgen der Pandmie, Pflege

Abseits der Gesundheitspolitik schilderte Rauch die Abfederung der sozialen Folgen der Pandemie als eines seiner Anliegen. Auch bei der Pflege sieht er massiven Handlungsbedarf. Was den Tierschutz angeht, ist ihm bewusst, hier einen Ausgleich mit der Landwirtschaftsministerin finden zu müssen. Sein Anspruch sei aber schon, bei Tiertransporten und Vollspaltenböden etwas weiterzubringen.

Davor hatte in der Sondersitzung, die sich großteils dem Ukraine-Krieg widmete, Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) den frisch angelobten Ressortchef als jemanden geschildert, der neben fachlicher Qualifikation ein leidenschaftlicher Kämpfer für die Sache sei, aber das Ziel einer gemeinsamen Lösung nie aus den Augen verliere.

Mit der Impfpflicht werde Rauch schon demnächst eine fordernde Frage zu beantworten haben, sieht Nehammer keine Zeit der Schonung für den neuen Minister: "Die berühmten 100 Tage gibt es schon lange nicht mehr."

Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) dankte Nehammer dafür, dass der Wechsel im Sozialressort nach dem Rücktritt von Wolfgang Mückstein (Grüne) so reibungslos und rasch verlaufen sei. Für Rauch werde es auch in Zukunft schwierig bleiben, eine Balance zwischen Gesundheitsschutz und Beeinträchtigung der Individuellen Freiheit zu finden. Dem neuen Minister werde das mit seiner Erfahrung, seinem Tiefgang und seinem Weitblick aber gelingen.

Einmal mehr ging Kogler auf den von Mückstein genannten Rücktrittsgrund ein, wonach er von Drohungen von Maßnahmen- und Impfgegnern gegen sich und seine Familie ermüdet sei: "Wenn es so weit kommt, dass ein Gesundheitsminister nur noch mit kugelsicherer Weste im Auto fahren kann, dann stimmt etwas nicht. Das sollte uns allen eine Mahnung sein", so Kogler.

Kritik von Kickl: „Sie haben die Gesellschaft gespalten"

Kein gutes Haar an der Regierungsumbildung ließ erwartungsgemäß FPÖ-Obmann Herbert Kickl. Hinsichtlich der Coronamaßnahmen - insbesondere der Impfpflicht - meinte er: "Sie haben die Gesellschaft gespalten." Dies werde nun mit der Präsentation eines neuen Gesichts überdeckt. "Kitt der Koalition" sei nur mehr die Angst vor den Wählern. Kanzler Nehammer - der die Sitzung laut Gabriela Schwarz (ÖVP) wegen wiederholter Anrufe des Kiewer Bürgermeisters verlassen hatte - solle daher den Weg für eine Neuwahl freimachen.

Milder gestimmt zeigte sich Neos-Obfrau Beate Meinl-Reisinger, die persönliche Angriffe auf Rauchs Vorgänger Mückstein ebenfalls verurteilte. Jedem gebühre in so einer Situation Dank, betonte sie. Es sei aber "mehr als unglücklich", dass es gerade in einer Pandemie den bereits dritten Gesundheitsminister gibt.

SPÖ kritisiert Zahl der Rochaden

Auch SPÖ-Obfrau Pamela Rendi-Wagner hatte zuvor die bereits sechste Regierungsumbildung in zwei Jahren kritisiert. Diese Rochaden würden "zu einer gefährlichen Normalität", betonte sie und: "Es stellt sich die Frage, ob es nicht ehrlicher wäre sich einzugestehen, dass diese Koalition nichts mehr zustande bringt." Rauch wünschte sie dennoch alles Gute, viel Kraft und Durchhaltevermögen - aber auch Durchsetzungsvermögen innerhalb der türkis-grünen Koalition.

Vizeklubchef Jörg Leichtfried hatte bereits vor der Sondersitzung in einer Pressekonferenz dem neu angelobten Gesundheitsminister Johannes Rauch (Grüne) die Zusammenarbeit mit der SPÖ angeboten. "Unsere Hände sind ausgestreckt", so Leichtfried, der große Herausforderungen auf den Neuen im Ministerium zukommen sieht. Neben der Bewältigung der Pandemie gebe es auch viele Baustellen im Sozialbereich wie etwa bei der Pflege.

(APA)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Begleitet wurde die Bekanntgabe der Aussetzung der Impfpflicht von einem neuen Rekordwert an Neuinfektionen.
Coronavirus

Kommissionsleiter Stöger zu Impfpflicht: "Herbst wieder relevanter Zeitraum"

Die Regierung hat auf Basis des Berichts der Expertenkommission die Impfpflicht für vorerst drei Monate ausgesetzt. Ob sie danach doch wieder in Kraft tritt, wird von mehreren Faktoren bestimmt.
Karoline Edtstadler, Johannes Rauch.
premium

Sommerpause für die Impfpflicht?

Auf Anraten der Expertenkommission wird die Impfpflicht vorerst ausgesetzt. In drei Monaten soll es eine Evaluierung geben – denn im Herbst droht bereits die nächste heftige Welle.
Gesundheitsminister Johannes Rauch und Verfassungsministerin Karoline Edtstadler folgen der Empfehlung der Experten.
Coronavirus

Regierung setzt Impfpflicht vorübergehend aus

Die Expertenkommission hat der Regierung ihren Bericht zur Impfpflicht vorgelegt. Türkis-Grün folgt ihren Vorschlägen. In drei Monaten wird wieder evaluiert. Eigentlich hätte bei Verstößen gegen die Pflicht ab Mitte März gestraft werden sollen.
Ungeimpfte müssen derzeit nicht mit Strafen rechnen.
Unstimmigkeit

ÖVP-Landesrätin sieht "falsches Signal" in Impfpflicht-Pause

Während ÖVP-Landeshauptleute den Schritt positiv kommentieren, übt Vorarlbergs türkise Gesundheitslandesrätin scharfe Kritik. Auch die SPÖ-Chefs von Wien und dem Burgenland sind unzufrieden.
Neos-Pandemiesprecher Gerald Loacker
Reaktionen

FPÖ ist Impfpflicht-Pause zu wenig, Neos fordern Zielvorgaben

FPÖ-Chfe Kickl ortet einen Erfolg für die Freiheitlichen, fürchtet aber einen bloß verzögerten "Impfzwang". Die neos fordern Antworten vom neuen Gesundheitsminister.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.