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Otto Habsburg warnte 2005: "Europas größtes Problem ist die Herrschaft Putins"

Otto Habsburg
Otto Habsburg Die Presse (Clemens Fabry)
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Der 2011 verstorbene Sohn des letzten Kaisers warnte zu Lebzeiten immer wieder eindringlich vor Russlands Präsident Wladimir Putin. Das zeigen auch Aufnahmen von zwei Auftritten in den Jahren 2003 und 2005.

Der verstorbene älteste Sohn des letzten Kaisers, Otto Habsburg (1912-2011), hat zu Lebzeiten lange vor Russlands Präsident Wladimir Putin gewarnt. Bereits vor Jahrzehnten sagte er neue russische "Kolonialkriege" voraus und sprach 1995 von einem "aggressiven National-Bolschewismus". Über die EU-Beziehungen zu Russland warnte er 1998 in einer Rede im EU-Parlament vor einer "zu optimistischen Darstellung: Die Gefahr liegt noch vor uns!" Auch verglich er Putin mit Adolf Hitler.

Der frühere Alterspräsident des Europäischen Parlaments hielt Russland nach eigenen Worten für "äußerst gefährlich", wie er 2002 der FPÖ-nahen, rechts stehenden Wochenzeitschrift "Zur Zeit" sagte. "Natürlich kehrt der Kommunismus, wie er unter Stalin war, nicht wieder. Aber es kommt der Nationalsozialismus, natürlich auch nicht in der Form von Hitler, sondern mit Putin", sagte der damals 89-Jährige. Der russische Präsident würde eine "ganz klare Politik der Expansion nach außen und der Schaffung eines scharfen autoritären Systems nach innen" verfolgen, analysierte Habsburg damals.

„Wird sich irgendwann baltische Staaten holen"

Eine militärische Aktion der Russen außerhalb der eigenen Grenzen hielt er "nicht für ausgeschlossen". Während einer Diskussion in Brüssel habe ein russischer Vertreter erklärt, Russland werde sich "eines Tages die baltischen Staaten wieder zurückholen", sagte der langjährige CSU-Europaabgeordnete.

Otto Habsburg war Präsident der Paneuropa-Union. Bei einer Veranstaltung ebendieser im Jahr 2003 in Vorarlberg kritisierte er, dass einige Menschen meinten, es werde nun keinen Krieg mehr geben. "Bitte, das habe ich öfters gehört. Das ist der Vorteil, wenn man ein alter Mensch ist wie ich", sagte er.

Die größte internationale Gefahr gehe von Russland aus. Die Führung im Kreml sei in "eigenartigen Händen". Viele im Westen seien über Putin entzückt, weil er gut Deutsch sprechen würde. Er habe auch sicherlich bessere Manieren als so manche Vorgänger und ein äußere Erscheinung, die repräsentabel sei, "solange man nicht in seine Augen schaut".

Er wollte seine Kritik zum damaligen Zeitpunkt so eindringlich zum Ausdruck bringen, weil viele meinten, wir leben in einer Zeit der Sicherheit und des Friedens. "Meine Damen und Herren, das stimmt nicht!"

Das gesamte Video sehen Sie hier:

Im Jahr 2005 äußerte sich Habsburg bei einer weiteren Veranstaltung der Paneuropa-Union in Vorarlberg - ebenfalls auf dem Video dokumentiert - noch deutlicher: Im damaligen Russland herrsche eine "Mentalität des Polizeistaates". Die politische wie wirtschaftliche Macht sei in der Hand von Putin und seinen Getreuen der Geheimpolizei konzentriert, sagte Habsburg in Washington bei einem Vortrag an der Johns-Hopkins-Universität. Er sprach sich - wie in den Jahren zuvor - stark gegen eine eventuelle EU-Mitgliedschaft Russlands aus. Das sei kein Thema, solange Russland noch nicht völlig "entkolonisiert" sei.

Vergleich mit Hitler

"Unser größtes Problem in Europa ist heute Russland und die Herrschaft Putins", sagte Habsburg. Das Vorgehen Putins erinnerte ihn zu dieser Zeit an die Herrschaft des sowjetischen Diktators Josef Stalin. Schließlich nannte Habsburg Putin in einem Atemzug mit dem nationalsozialistischen Diktator Hitler: Putin spreche sehr offen über seine Absichten, dies habe auch Hitler getan. "Sie machen, was sie sagen", meinte Habsburg. Katastrophen könnten allerdings nur entstehen, wenn auf Gefahren nicht reagiert würde.

Ebenfalls im Jahr 2005 attackierte der damals 92-Jährige Habsburg Putin für dessen Art des Gedenkens an das Kriegsende. Habsburg geißelte die "propagandistische Geschicklichkeit", mit der Putin den 8. Mai 1945 "umfunktionieren" würde. Es sei Putin gelungen, die Zusammenarbeit zwischen Hitler und Stalin, die überhaupt erst den Zweiten Weltkrieg möglich gemacht hätte, zu überspielen.

Im Jahr darauf, 2006, wiederholte Habsburg seine Bedenken. "Russland ist die größte Gefahr für uns", sagte Habsburg im Rahmen einer Tagung der Paneuropa-Union in Laibach. Der russische Präsident mache "genau die gleichen Schritte wie Hitler".

Im Vorfeld seines 95. Geburtstags erneuerte Habsburg im APA-Gespräch seine Aussage: "Russland ist nicht Europa." Ungeachtet des Zerfalls der Sowjetunion sei Russland "das letzte große Kolonialreich im Zeitalter der Dekolonisierung", sagte er damals. Er erläuterte seine Russland-Kritik mit den Worten: "Die Russen haben sich in Gebiete eingenistet, wo sie nicht verankert sind."

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