Die ukrainische Armee bereitet sich auf den Kampf um die Hauptstadt vor.
Ukraine-Krieg

Reportage aus Kiew: "Russland kann das nicht durchhalten"

Die Verteidiger der ukrainischen Hauptstadt bereiten sich auf einen neuen russischen Angriff vor. Sie zeigen sich siegessicher und setzen auf ihre Guerrilla-Taktik. Zugleich füllen sich Kiews Friedhöfe mit den Leichen der Gefallenen.

Sanft streicht die Frau Sergei Goncharenkos ihrem Mann mehrmals über die Brust, als wäre er noch am Leben. „Du, meine bessere Hälfte, du bist jetzt für immer weg“, sagt sie schluchzend und kann ihre Hand nicht mehr von ihrem toten Gatten lassen. Sie wird von Verwandten gestützt und einige Schritte zurückgeführt. Der 52-jährige Sergei Goncharenko war pensionierter Offizier und meldete sich bei Kriegsbeginn freiwillig. Nun ist er einer von 1300 ukrainischen Soldaten, die Präsident Wolodymyr Selenskij zufolge, im Kampf gegen die russischen Invasoren gefallen sind.

„Es war eine Artilleriegranate“, erzählt der Kommandeur des Bataillons, der dabei war, als Goncharenko getötet wurde. Er zeigt auf seine Stiefelspitze. „Das Loch stammt von einem Schrapnell, aber mehr war nicht bei mir“, sagt er fast bedrückt, als würde er es bedauern, dass er unbeschadet blieb.

Insgesamt sind es 27 Soldaten, die gekommen sind, um ihrem Kameraden Goncharenko die letzte Ehre zu erweisen. Alle sind in Uniform und die meisten bewaffnet. Drei tragen Gewehre mit Schalldämpfern und an den Knien sowie Ellbogenschützer aus Hartplastik. „Der Schalldämpfer ist sehr nützlich im Straßenkampf“, sagt einer der durchtrainierten, groß gewachsenen Soldaten lapidar. Das Bataillon kämpft in Irpin gegen die russischen Truppen. Dieser im Nordwesten gelegene Vorort Kiews ist seit zwei Wochen Schauplatz heftiger Gefechte. Die Russen kommen im Norden der ukrainischen Hauptstadt seit Tagen nicht voran. Im Osten ist es nicht anders. Eine kilometerlange Panzerkolonne musste sich zurückziehen. Drohnen und Artilleriebeschuss hatten großen Schaden angerichtet.

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