Ukraine-Krieg

Getreideblockade: Tichanowskaja warnt EU vor Erpressung

Außenminister Alexander Schallenberg bei einem Treffen mit der belarussischen Oppositionspolitikerin Swetlana Tichanowskaja
Außenminister Alexander Schallenberg bei einem Treffen mit der belarussischen Oppositionspolitikerin Swetlana TichanowskajaAPA/BMEIA/MICHAEL GRUBER
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Es gebe kein freies Belarus ohne eine freie Ukraine, sagt die belarussische Oppositionsführerin Swetlana Tichanowskaja bei einem Besuch in Wien.

Die belarussische Oppositionsführerin Swetlana Tichanowskaja warnt die EU, sich im Ringen um Getreideexporte aus der Ukraine auf einen Deal mit Diktator Alexander Lukaschenko einzulassen. Ein Teil des vom russischen Militär blockierten ukrainischen Getreides könnte über Belarus transportiert werden, aber Minsk verlangt dafür die Aufhebung von Sanktionen. "Europa darf sich vom Lukaschenko-Regime nicht erpressen lassen", so Tichanowskaja bei einem Wien-Besuch.

Die frühere Präsidentschaftskandidatin hat am Mittwoch in Wien bei Außenminister Alexander Schallenberg (ÖVP) urgiert, hier nicht nachzugeben. "Sanktionen sind nicht die Wunderwaffe", aber der wirtschaftliche Druck könne Lukaschenko dazu bewegen, seine Position in Bezug auf die derzeit rund 1200 belarussischen politischen Gefangenen und die Repressionen gegen Oppositionelle zu ändern. Die Sanktionen hätten das Potenzial, dem Regime Ressourcen zu entziehen, etwa auch um Bestechungsgelder zu bezahlen. Die Sanktionen beginnen erst zu wirken, so Tichanowskaja, die für ihren Einsatz unlängst mit dem renommierten Karlspreis ausgezeichnet wurde.

„Aufheben, wenn alle politischen Gefangenen frei sind“ 

"Die Sanktionen dürfen nur aufgehoben werden, wenn alle politischen Gefangenen freigelassen wurden", forderte Tichanowskaja, die selbst im Exil in Litauen lebt. Weitere Voraussetzungen seien ein Stopp der Repressionen und ein Dialog über Neuwahlen in Belarus. "Ich will glauben, dass diese Vereinbarungen von unseren westlichen Partnern nicht gebrochen werden und keine Sanktionen wegen Erpressungsversuchen aufgehoben werden."

Außerdem sprach Tichanowskaja mit Schallenberg über die Repressionen gegen österreichische Unternehmen wie A1 und die Raiffeisenbank etwa durch die Festnahme eines A1-Pressesprechers sowie des Chefs der belarussischen RBI-Tochter Priorbank. "Ich denke, das ist eine Revanche des Regimes für die starke Position von Österreich", sagte Tichanowskaja, die Schallenberg darüber hinaus auf die Lage der Belarussen in Österreich ansprach. Viele Menschen hätten anders als Ukrainer keine Möglichkeit, sich in Österreich zu "legalisieren".

Tichanowskaja nahm in Wien an einem Treffen des Ständigen Rats der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) teil. Sie sei "sehr geehrt" gewesen, den OSZE-Botschaftern erstmals über die Krise in ihrem Heimatland zu berichten. Das belarussische Regime habe nämlich versucht, sie daran zu hindern.

Kein freies Belarus ohne eine freie Ukraine

Es gebe kein freies Belarus ohne eine freie Ukraine, betonte Tichanowskaja. Wenn die Ukraine den Krieg gegen Russland gewinne, sei dies eine weitere Gelegenheit für das belarussische Volk, sich aufzulehnen. "Unser Kampf hat noch keinen Tag gestoppt", erklärte die Oppositionelle. Auch wenn Massendemonstrationen in der Öffentlichkeit derzeit nicht möglich seien, gehe der Kampf im Untergrund weiter. Regimekritiker bereiteten sich vor, "weil Lukaschenko wird noch schwächer werden, wenn der Kreml nach dem Krieg geschwächt ist", so Tichanowskaja. Dann werde versucht, diesen Moment einzufangen, "und ich denke, es wird der letzte Versuch sein", das Regime in Belarus zu stürzen.

Das belarussische Volk unterstütze die Ukraine. Beide Nachbarländer waren Teil der Sowjetunion. "Der Kreml erkennt das belarussische und das ukrainische Volk nicht an, so wie sie sind", sagte Tichanowskaja. "Die Unabhängigkeit der Ukraine und von Belarus sind in Gefahr, also müssen wir einander unterstützen." Obwohl offene Kundgebungen nicht möglich sind, gingen nach Kriegsbeginn tausende Menschen in Minsk auf die Straße. Sie taten dies, obwohl sie wussten, dass sie festgenommen und im Gefängnis gefoltert werden. "Aber es war uns sehr wichtig, den Ukrainern zu zeigen, dass das Regime zwar Kollaborateur des Kreml ist, aber die belarussischen Menschen gegen diesen Krieg sind". 86 Prozent der Weißrussen stünden dem russischen Angriffskrieg ablehnend gegenüber.

(Alexandra Demcisin/APA/Red. )

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