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Todesfahrt in Berlin: Fahrer vorerst in Psychiatrie

Gedenken der Opfer am Tatort.
Gedenken der Opfer am Tatort. APA/dpa/Annette Riedl
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Es verdichten sich die Hinweise auf eine psychische Krankheit des mutmaßlichen Täters. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm Mord in einem Fall und versuchten Mord in 17 Fällen vor.

Schock und Trauer wirken nach der Todesfahrt an der Berliner Gedächtniskirche noch immer nach. Währenddessen geht die Arbeit der Ermittler weiter. Für sie geht es nun darum, die genauen Umstände und Hintergründe der Tat aufzuklären. Hierzu sollen Sachverständige - sowohl für die psychiatrische Expertise als auch für den Hergang des Geschehens - beauftragt und Zeugen vernommen werden.

Eines ist für die Beamten sicher: Eine psychische Erkrankung des Autofahrers hat dazu geführt, dass der 29-Jährige am Mittwoch über Gehwege des Ku'damms und der Tauentzienstraße in Menschengruppen gerast ist. Der Mann kommt in eine psychiatrische Einrichtung. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm Mord in einem Fall und versuchten Mord in 17 Fällen vor.

Besonders getroffen von der Tat ist eine Schulklasse aus dem nordhessischen Bad Arolsen, deren Fahrt in die Hauptstadt ein jähes Ende fand. Eine Lehrerin der Schule starb bei dem Vorfall, viele Schüler wurden verletzt.

„Noch mehr als psychische Erkrankung?"

Am Mittwochabend legten der hessische Ministerpräsident Boris Rhein (CDU) und Berlins Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) Blumen für die Opfer nieder. "Ich empfinde ganz tiefe Trauer, wenn ich diesen Ort sehe, und mein Herz ist wirklich schwer, seitdem ich die Nachrichten erfahren habe", sagte Rhein. Ein Mensch habe "eine ganze Schule, einen ganzen Ort und vor allem eine ganze Familie" in eine Tragödie gestürzt.

Ermittlungen müssten nun zeigen, ob hinter der Tat möglicherweise noch mehr stehe als die psychische Erkrankung des Fahrers, sagte Giffey. "Für uns war wichtig, dass wir hier gerade an diesem Ort wirklich aus den Lehren der Amoktat und dieses Anschlages aus 2016 gelernt haben." Vieles sei seither anders organisiert worden, der Plan sei am Mittwoch "in vorbildlicher Weise" umgesetzt worden.

Zur Schweigeminute aufgerufen

Der katholische Berliner Erzbischof Heiner Koch rief alle Schulen auf, am Freitag (10.30 Uhr) eine Schweigeminute zu halten. "Besonders erschreckt und erschüttert hat mich, dass eine Schulklasse Opfer der Amokfahrt wurde", sagte Koch laut Mitteilung vom Donnerstag.

Es gebe Anhaltspunkte dafür, dass der festgenommene Mann an einer paranoiden Schizophrenie leide, sagte am Donnerstag der Sprecher der Staatsanwaltschaft, Sebastian Büchner. Bei der Durchsuchung der Wohnung des 29-Jährigen seien Medikamente gefunden worden. Der Beschuldigte habe seine Ärzte von der Schweigepflicht entbunden.

Laut RBB-Informationen soll der Tatverdächtige nach einem Vorfall im Jahr 2020 schon einmal an eine psychiatrische Klinik überstellt worden sein, wo demnach eine Einweisung geprüft werden sollte.

Keine Hinweise auf terroristischen Hintergrund

Für einen terroristischen Hintergrund der aktuellen Tat gibt es weiterhin keine Hinweise - auch ein Unfall lässt sich laut Staatsanwaltschaft derzeit ausschließen.

Von der Bundes- und Landesregierung wurde der Vorfall als Amoktat eingestuft. Staatsanwaltschaft und Polizei nutzten den Begriff "Amoktat" hingegen zunächst bewusst nicht. Der Fall weckt auch Erinnerung an eine Amokfahrt auf der Berliner Stadtautobahn A100 im August 2020, als ein Autofahrer gezielt drei Motorradfahrer rammte. Er wurde vom Gericht in die Psychiatrie eingewiesen.

Der 29-jährige Tatverdächtige armenischer Herkunft sei 2015 eingebürgert worden, führte Berlins Innensenatorin Iris Spranger (SPD) am Donnerstag aus. Polizeilich sei er öfter aufgefallen, es habe Ermittlungen gegeben wegen Körperverletzung, Hausfriedensbruchs und Beleidigung.

Der Tatort befindet sich unweit der Gedächtniskirche am Breitscheidplatz in Berlin-Charlottenburg. Dort war im Dezember 2016 ein islamistischer Attentäter in einen Weihnachtsmarkt gefahren.

(APA/dpa)

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