Dem früheren Vizekanzler wird vorgeworfen, sich von einem befreundeten Unternehmer bestechen haben zu lassen. Beide bestreiten die Vorwürfe. Die „Presse“ berichtete live aus dem Gericht.
Am fünften Tag im Bestechlichkeits- und Bestechungsprozess um den früheren Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ) und den Immobilienunternehmer Siegfried Stieglitz steht die Befragung von vier Zeugen auf der Agenda von Richterin Mona Zink. Nach wie vor aufrecht sind die Unschuldsvermutung sowie der Verdacht, den die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft ins Treffen führt. Konkret unterstellt sie, dass Stieglitz im März 2018 in den Aufsichtsrat der Asfinag gerufen wurde, weil er zuvor eine (gestückelte) Spende in der Höhe von 10.000 Euro an den FPÖ-nahen Verein „Austria in Motion“ überwiesen hat. Die Angeklagten bestreiten das und orten „konstruierte Vorwürfe“.
Zeuge Nummer eins war am heutigen Donnerstag Philipp Trattner. Er war unter Türkis-Blau Kabinettsmitarbeiter im Sportministerium von Strache. Als solcher habe er das ORF-Gesetz mitverhandelt sowie Listen geschrieben mit potenziellen Kandidaten für Aufsichtsratsposten. Darauf zu finden sei auch der Name Stieglitz gewesen – obwohl der eingereichte Lebenslauf des Immobilienunternehmers äußerst kurz und oberflächlich gehalten war. „Ich habe schon schlimmere Lebensläufe gesehen“, sagte dazu Trattner. Er habe aber gelernt, dass es darauf oft nicht ankomme: Viele hätten schon perfekte Lebensläufe eingereicht, die Bewegungsgespräch seien dann aber katastrophal verlaufen.
Vom „Letztcheck“ zur Hochzeitseinladung
Zeuge Nummer zwei war Hartwig Hufnagl, ehemals Vize-Kabinettschef von Ex-Infrastrukturminister Norbert Hofer (FPÖ), seit 2006 bei der Asfinag und seit 2019 deren Vorstandsdirektor. In ersterer Funktion war er für den „Letztcheck“ der Kandidaten für Aufsichtsratsposten zuständig. Soll heißen: Er habe Listen mit Namen vorgelegt bekommen, diese angerufen und gefragt, ob noch Interesse bestünde, und bei einem Ja die Namen an das sogenannte Beteiligungsmanagement weitergeleitet - so sei er auch erstmals auf Stieglitz gestoßen.
Seither kam ihm der Name öfter unter - bedankte sich Stieglitz per Chatnachricht doch für Hufnagls Unterstützung und versuchte, seinen Bruder bei der Asfinag unterzubringen. Weiters lud er Hufnagl 2019 nach Dubai ein und war bei dessen Polterabend und Hochzeit dabei. Der Zeuge selbst versuchte, den Ball flach zu halten. Er wisse nicht, welche Hilfe Stieglitz meine, auch nicht, ob er bei seinem Polterabend war, wohl aber, dass der Unternehmer sehr „umtriebig“ gewesen sei. Außerdem unstrittig: Stieglitz Bruder sei nicht bei der Asfinag gelandet.
Von Gesprächen und „Latrinen-Gerüchten“
Zeuge Nummer drei war ÖBB-Finanzvorstand Arnold Schiefer, der für den bis dato lautesten Auftritt im Gerichtssaal gesorgt hat. Er polterte Richterin und WKStA an, dass all die Ereignisse, nach denen er gefragt werde, schon lange in der Vergangenheit liegen würden. Auch missfiel ihm, dass irgendwer immer irgendwelche Chats „aus dem Hut zaubert“, mit denen man selbst nichts mehr anfangen könne. Und überhaupt: „Ein SMS ist kein eingeschriebener Brief.“ Nach seiner Tirade, gab Schiefer dann aber doch bekannt: Er habe mit Stieglitz „nicht einmal gemeinsam einen Kaffee getrunken“, sein Name sei ihm wohl irgendwann im Infrastrukturministerium untergekommen. Aber: Anders, als von den Medien dargestellt, habe man sich nicht pausenlos nur mit Personalfragen befasst.
Als (vorläufig) letzter Zeuge wurde Gilbert Trattner einvernommen. Er ist privat Vater von Philipp Trattner und beruflich Aufsichtsratsvorsitzender der ÖBB Holding AG, davor war er Mitglied des Bundesrates und FPÖ-Nationalratsabgeordneter. Als derartiges Bindeglied erläuterte er sodann auch: „Ein Unternehmen und eine Partei haben viele Ähnlichkeiten“, beispielsweise, dass sie mit „Latrinen-Gerüchten“ konfrontiert seien. Gemeint ist: Es würden zahlreiche Gespräche geführt, leider würden diese aber oft unterschiedlich ausgelegt. „Es wird in einem Gespräch etwas in Aussicht gestellt, das ist dann aber keine Zusage“, verwies er auch auf den Fall Stieglitz. Dieser sei „versessen“ auf einen Aufsichtsratsposten in der ÖBB-Holding gewesen, zugesagt sei ihm dieser aber nie worden - jedenfalls nicht von ihm, so Trattner.
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