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"Kleo" auf Netflix: Fang die Stasi!

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Rache ist lustig: Eine Agentin, von ihren eigenen Leuten verraten, kommt nach dem Mauerfall frei und zahlt es allen heim. „Kleo“, rasant und klamaukig, ist ab 19. August auf Netflix zu sehen.

Da hat er sich aber verrechnet, der Killer vom KGB. Hat geglaubt, er könne so nebenbei die herumschnüffelnde Kleo erledigen. Doch die braucht nicht viel, um sich zu wehren: eine fette Scheibe Mortadella zum Beispiel. Die segelt durch die Luft und schlägt dem KGBler die Waffe aus der Hand, woraufhin sich die beiden zu den Klängen von „Kalinka“ – man erinnert sich, dieses Lied, das früher gerne an Lagerfeuern gesungen wurde, immer schneller und schneller, bis man sich verhaspelte und in Lachen ausbrach – durch die Finca jagen.

Warum nun eine Finca? Weil wir – Folge drei– in Mallorca sind. Dorthin hat sich ein Herr Wieszorek zurückgezogen, unter falschem Namen und mit falscher Biografie. Mit seiner echten käme er im Westen auch nicht weit, immerhin war er Stasi-Offizier. Als solcher hat er damals dafür gesorgt, dass Kleo in den Knast wandert, aus dem sie erst nach dem Mauerfall freikam. Jetzt will sie ihm dafür an den Kragen, nennt sich Nicole Schmitt und redet mit ihrer neuen Nachbarin Frau Wieszorek so lange über Eier – „Rühreier, Eier im Glas, Eiersalat . . .“ – bis die sie zum Abendessen einlädt. Ein Fehler!

Die Macher von „Para – Wir sind King“ (cool und herzzerreißend) und „4 Blocks“ (cool und packend) wurden von Netflix ein weiteres Mal beauftragt, sich eine Serie für den deutschsprachigen Markt auszudenken – und geben ihrer coolen Geschichte diesmal einen komischen Drall. Siehe da: Das können sie auch. Entzückend, wie die junge Kleo ihrem alten Opa die Funktionsweise eines Kassettenrekorders erklärt, als handle es sich um ein Smartphone. Komisch, wie die beiden dann tanzen und seine Achselschnüre – er trägt an seinem Geburtstag Uniform – durch die Luft hüpfen. Und überaus amüsant, welche Waffen Kleo da zusammenbastelt oder vielmehr -braut. Das Arsenal eines James Bond ist nix dagegen. Und wie bei James Bond ist Glaubwürdigkeit keine Kategorie. Wo, bitte, hat Kleo mitten auf Mallorca plötzlich eine Gasmaske her und all diese fiesen Chemikalien, mit denen sie den Anzug des Bösewichts imprägniert?

Die Bullys setzen sich durch

Auch die Figur der Kleo, von Jella Haase mit entsprechender Rotzigkeit gespielt, ist nicht darauf hin geschrieben, psychologisch zu überzeugen, sie ist vor allem Projektionsfläche. Sie rächt sich, und wir uns mit ihr, das macht diebische Freude, gerade in Zeiten wie diesen, wo wir zu oft beobachten müssen, dass die Bullys mit allem durchkommen – als sei die ganze Welt ein einziger Schulhof. Endlich eine, die sie zur Strecke bringt, die skrupellosen Geschäftemacher, hemmungslosen Lügner, die ehemaligen KGBler, jene, die über Leichen gehen. Frauen, die es der Männerwelt heimzahlen, das war schon bei „Hustlers“ mit Jennifer Lopez ein Spaß. Und dass Kleo selbst einst als Mitarbeiterin der Stasi lustig herumgemordet hat, vergessen wir ganz schnell.

Damit das Ganze aber nicht abgleitet in Klamauk, sind rund um Kleo Figuren gruppiert, die mehr Tiefe haben: Etwa der Westberliner Polizist Sven, der Kleo verzweifelt nachstellt und zuhause mit einem pubertierenden Sohn konfrontiert ist, der ihn abwehrt („du stinkst“), wenn er nach Hause kommt und eine Umarmung will. Oder der schmächtige, stets eingerauchte Thilo, der alle angesagten Clubs in Berlin kennt, eher zufällig bei Kleo einzieht und verständnislos durch alle Turbulenzen taumelt, denn eigentlich interessiert er sich nur für Musik.

Apropos Musik: Es gibt hier nicht nur „Kalinka“, sondern auch sonst den Klang der Zeit, vom Ost-Punk bis zum „Kleinen Trommler“ in der DDR-Fassung. Manchmal kann man ambitionierte Serien und Dutzendware einfach am Soundtrack unterscheiden.

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