So stylish wie „Sex and the City“, so romantisch wie „Ally McBeal“: In der zeitgeistigen Netflix-Produktion „Partner Track“ sind nicht nur die Anwälte clever, auch die Serie selbst ist es.
Das Ziel der ehrgeizigen, koreanisch-stämmigen Anwältin Ingrid Yun (Arden Cho) in der Netflix-Serie „Partner Track“ ist klar: Sie will Partnerin in der Antwaltskanzlei werden, in der sie arbeitet. Nicht in irgendeiner Abteilung, sondern im Bereich Mergers & Acquisitions (M&A), Fusionen und Unternehmensübernahmen. Quasi in der Königsdisziplin. Die Konkurrenz ist hart, und sie ist männlich, weiß und bestens vernetzt. Ingrid ist es gewohnt, sich anzupassen, nicht unbequem zu sein, sondern mit ihrer Leistung zu überzeugen – selbst wenn das heißt, dass sie doppelt so viel leisten muss wie die anderen. Vom Date geht sie direkt wieder ins Büro und selbst Thanksgiving verbringt sie zwischen Boxen voller Dokumente auf der Suche nach einem Kaufvertrag aus der Zeit, in der es noch keine Computer gab.
Was muss Ingrid für ihren Aufstieg opfern? Das ist die Kernfrage in der leichtfüßigen Netflix-Anwaltsserie, die ein wenig an „Sex and the City“ erinnert: Sie ist ebenso rasant erzählt und die Protagonisten sind exzellent gekleidet. „Partner Track“ hat auch etwas von „Ally McBeal“: Zwar gibt es nicht – wie in so vielen Anwaltsserien – pro Folge einen spektakulären juristischen Fall zu lösen (die Fusion zweier Energieriesen zieht sich in „Partner Track“ über die ganze Staffel). Aber zu Ingrids beruflichen Sorgen kommen wie einst bei Ally romantische Verstrickungen. Soll sie weiter mit dem reichen, aber doch irgendwie langweiligen Junggesellen Rob Heaps (Nick Laren) ausgehen? Oder sich in eine Affäre mit ihrem schwer durchschaubaren und sehr anziehenden britischen Kollegen Jeff Murphy (Dominic Sherwood) stürzen?
Solche Liebesgeschichten und der juristische Trickreichtum der Anwälte ziehen die Zuschauer in den Bann. Dabei entpuppt sich die Serie als tiefgründiger, als sie zunächst wirkt. Ingrid gehört wie ihr Kollege und bester Freund, der schwule schwarze Tyler Robinson (Bradley Gibson), einer Minderheit an. Dass sie Ressentiments ausgesetzt sind, merkt man am Anfang wenig. Erst fällt einem bloß auf, wie wahnsinnig viele junge Männer mit kurz geschnittenem (dunkel)blonden Haar in der Kanzlei arbeiten. Erst am Schluss wird deutlich, wie sehr die Benachteiligung in den Strukturen verankert ist, und dass „Diversity“ für Ingrids Chefs nicht viel mehr ist als ein Lippenbekenntnis.
Dieser politische Aspekt ist wie ein Hintergrundrauschen, das immer stärker wird, bis man es nicht mehr überhören kann. Ohrenbetäubend wird es nie. Im Gegensatz zu Produktionen von Shonda Rhimes („Grey's Anatomy“) gibt es in „Partner Track“ keine langen Monologe, mit denen sich die Figuren deklarieren. Serienmacherin Georgia Lee und Autorin Helen Wan, auf deren semi-autobiografischem Roman „Partner Track“ basiert, gehen einen anderen Weg: Sie lassen ihre Protagonisten hart arbeiten – und nicht im Sinne ihrer Chefs, die ihnen Gerechtigkeit verwehren.
„Partner Track“, auf Netflix. Ob es eine zweite Staffel geben wird, steht noch nicht fest. Angesichts des Erfolgs von Staffel eins ist dies aber wahrscheinlich.