Baumgartner Höhe

Steinhof: Warten auf das Wachgeküsst-Werden

Daniel Novotny
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Ein neues Mahnmal erinnert an die dunkle Vergangenheit des Otto-Wagner-Spitals, dessen Zukunft nach der Absage der CEU wieder ungewiss ist. Doch es gibt Interessenten.

Wien. Schon bei der Übersiedelung in die neuen Pavillons Anfang des Jahres sei Lifebrain-Chef Michael Havel klar gewesen, dass man ein Zeichen setzen müsse. Dieses ist nun fertig: Ein einsamer Teddybär vor einer die zehn Gebote symbolisierenden bronzenen Tafel erinnert künftig an die rund 800 Kinder und Jugendlichen, die auf der Baumgartner Höhe zwischen 1940 und 1945 getötet wurden.

In jenen Pavillons 15 und 17 der Klinik Penzing, in denen heute die Hunderttausenden Gurgeltests ausgewertet werden, um die Ausbreitung der Covid-19-Viren bei den Wienern in Schach zu halten, befand sich die „Fürsorgeanstalt am Spiegelgrund“ für Kinder mit geistiger und körperlicher Beeinträchtigung. Sie wurden von den Nationalsozialisten selektiert, gequält, misshandelt und schließlich getötet. Am Dienstag enthüllte Havel vor Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka, Gesundheitsstadtrat Peter Hacker und dem Präsident der Israelitischen Kultusgemeinde, Oskar Deutsch, das Mahnmal, das an die Opfer erinnern soll.

Daniel Novotny

Zusätzlich zu den Kindern waren während des Zweiten Weltkriegs 3200 Patienten von der Baumgartner Höhe nach Hartheim bei Linz gebracht und vergast worden, weitere 3500 Menschen starben durch gezielte Mangelernährung und systematische Vernachlässigung vor Ort. Schon 2003 wurde ein Mahnmal aus 772 Lichtstelen (für die 772 ermordeten Kinder) vor dem Jugendstiltheater errichtet, um dem dunkelsten Kapitel in der Geschichte der Baumgartner Höhe zu gedenken.

Ungewisse Zukunft

Etwas im Dunkeln tappt man auch, wenn man sich der Zukunft des auch unter „Otto-Wagner-Spital“ bekannten Areals zuwendet. Denn derzeit ist wieder völlig offen, was nach der Umsiedlung des in Klinik Penzing umbenannten Spitals mit den denkmalgeschützten Pavillons passieren wird.

Ende Juni war bekannt geworden, dass die Central European University (CEU) doch nicht wie geplant in einen Teil der Jugendstil-Gebäude einziehen wird. Für die Stadt kam dies unerwartet. „Wir stehen wieder ganz am Anfang“, sagt die Penzinger Bezirksvorsteherin, Michaela Schüchner (SPÖ), zur „Presse“.

Fix ist jedenfalls, dass ein Großteil der 80 Pavillons in den kommenden Jahren frei wird. Bis 2032 wird die Klinik Penzing im Zuge der Wiener Spitalsreform aufgelöst, die Abteilungen siedeln in andere Krankenhäuser. Das geschieht sukzessive, ab 2023 sollen die noch verbleibenden Abteilungen, darunter Pulmologie, Orthopädie und Suchtzentrum, im westlichen Teil des Areals gesammelt sein.
Die restlichen Gebäude werden in den kommenden eineinhalb Jahren an die Wiener Standortentwicklung (WSE) übergeben.

„Die Absage der CEU war überraschend“, sagt WSE-Sprecher Mario Scalet. Zwar wären nur sieben Pavillons als Uni-Gebäude gedacht gewesen, in dem Rest hätten aber Studentenwohnheime und andere Uni-nahe Einrichtungen Platz gefunden. Nun werde an Alternativen gearbeitet, bis Ende des Jahres soll ein Konzept für eine mögliche Nachnutzung stehen, hofft Scalet.

Auf den ersten Blick ist das Areal der Traum jedes Stadtentwicklers. Idyllisch gelegen am Rande der Stadt, die Wienerwald-Nähe macht Grundstücke in der Gegend heiß begehrt. Doch Wohnprojekte sind, neben den im Bau befindlichen Gesiba-Wohnungen, seit lautstarken Bürgerprotesten tabu. In einem Mediationsverfahren zwischen Bürgern, Bauträgern und der Stadt, das 2012 stattfand, wurde die zukünftige Nutzung des Areals festgeschrieben. Infrage kommen nur Bildungs-, Gesundheits- oder kulturelle Zwecke.

Labore und Park

In mittlerweile fünf Pavillons ist die Firma Lifebrain einzogen. Dem Unternehmen zufolge will man mit seinen Laboren auch bleiben.
Interessenten gibt es auch für das restliche Gelände, sagt Scalet. Diese Anfragen werden derzeit von der WSE geprüft. Ebenso wie der Zustand der Gebäude selbst, der Fassaden, der Bausubstanz. „Die Gebäude sind in sehr unterschiedlichem Zustand“, sagt Scalet. Gemeinsam mit dem Denkmalamt werden Sanierungspläne erarbeitet. „Das alles braucht Zeit. Es soll ja gut werden“, sagt Scalet.
Jedenfalls soll der Park rund um die Pavillons (derzeit pandemiebedingt eingezäunt) wieder öffentlich zugänglich sein. Auch die Mahnmale und die dazugehörige Gedenkstätte sollen bleiben.

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