Karl: „An den Unis herrscht Alarmstufe Rot“

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Karl bdquoAn Unis herrscht(c) Clemens Fabry
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Uni-Ministerin Beatrix Karl will mit den SPÖ-Landeschefs ein Studiengebührenmodell erarbeiten und wirft dem Koalitionspartner vor, „die Unis gegen die Wand zu fahren“.

Die Presse: Sie haben sich vor wenigen Tagen erfreut gezeigt, dass sich in Sachen Studiengebühren die vernünftigen Stimmen in der SPÖ mehren. Haben Sie sich zu früh gefreut?

Beatrix Karl: Die Diskussion zeigt, dass in der SPÖ die Ablehnung gegenüber Studienbeiträgen bröckelt und sich die vernünftigen Stimmen mehren. Ich werde an die konstruktiven Kräfte in der SPÖ, etwa die vier Landeshauptleute und Bundesgeschäftsführer Günther Kräuter, herantreten und mit ihnen gemeinsam ein sinnvolles Beitragsmodell mit entsprechendem Stipendiensystem erarbeiten. Derzeit laufen dazu die Vorarbeiten in meinem Ministerium.


Auch FPÖ- und Grünen-Wähler sprechen sich für Gebühren aus. Sehen Sie die Chance, sich – wie es die SPÖ bei der Abschaffung getan hat – andere Mehrheiten für die Wiedereinführung zu suchen?

Ich werde die Mehrheit innerhalb der SPÖ suchen. Eine Überzeugungshilfe könnte auch sein, dass die Mehrheit der Bevölkerung für Studienbeiträge ist und sieht, dass Studienbeiträge mit einem ausgeklügelten Stipendiensystem sozial gerecht sind. Und wir dürfen nicht vergessen, dass ein Studienplatz in Österreich bis zu 11.000 Euro im Jahr kostet. Wir reden also ohnehin nur von einem kleinen Beitrag der Studierenden.

Bei der Regierungsklausur einigte man sich auf eine Beschränkung des Uni-Zugangs. Die SPÖ stellt das jetzt wieder infrage. Für mich entsteht der Eindruck, dass die Regierung zu keinen Lösungen mehr in der Lage ist.

Wir brauchen in Massenfächern dringend rasche Lösungen, vor allem in Hinblick auf die doppelten Abiturientenjahrgänge sowie die Aussetzung der Wehrpflicht in Deutschland. Es war von Anfang an mit der SPÖ vereinbart, dass wir die Neuregelung vor Weihnachten unter Dach und Fach bringen, sodass die Unis sie im kommenden Wintersemester umsetzen können. Dafür benötigen die Rektoren natürlich eine gewisse Vorlaufzeit. Das Ärgerliche ist, dass es in Loipersdorf noch ein klares Bekenntnis der SPÖ dazu gab und ich mit Claudia Schmied auch einen Kompromiss erarbeitet und diesen in Begutachtung geschickt habe. Es ist für mich nicht verständlich, dass Teile der SPÖ diese dringende Lösung jetzt plötzlich blockieren. Es ist verantwortungslos den Studierenden und den Unis gegenüber, die Augen so vor den Problemen zu verschließen. Im Übrigen ist es absurd, dass ich Teile der SPÖ nun von ihrem eigenen Kompromiss überzeugen muss. Es herrscht also im doppelten Sinn Alarmstufe Rot für die Universitäten.


Sind Sie enttäuscht von Unterrichtsministerin Schmied, dass sie nicht öffentlich zum gemeinsamen Beschluss steht?

Sie steht zum Entwurf. Mit Claudia Schmied habe ich sehr gute Gespräche geführt. Ihr ist kein Vorwurf zu machen.

Die Neuregelung sollte im Jänner vom Nationalrat beschlossen werden. Geht sich das noch aus?

Eigentlich hätte es vor Weihnachten einen Sonderministerrat geben sollen, um die Regelung zu beschließen. Davon ist die SPÖ zurückgetreten. Damit verzögert sich alles. Wir können die Regelung nun erst im Jänner im Ministerrat beschließen.


Vizekanzler Josef Pröll hat klargestellt, dass die zusätzlichen 80 Millionen Euro ab 2011 für die Hochschulen nur fließen, wenn es einen geregelten Zugang gibt.

Die Unis benötigen das Geld dringend, damit allein kann man aber nicht alle Probleme lösen. Sie benötigen bessere Rahmenbedingungen, damit wir jene Qualität sicherstellen können, die man sich vom Studium erwarten kann. Wenn die SPÖ die Unis hier an die Wand fahren lässt, tut sie auch Studierenden, Lehrenden und Forschenden nichts Gutes.

Wie aber sieht es mit den 80 Millionen Euro aus? Gibt es das Geld im Jänner – oder nicht?

Die Unis werden das Geld bekommen. Aber Sie haben recht. Wir haben uns nicht nur auf mehr Mittel, sondern auch darauf geeinigt, dass der Zugang neu geregelt wird.

Die FPÖ sagt, es kämen bald geburtenschwache Jahrgänge und die Regelung des Uni-Zugangs sei dadurch eigentlich nur Schikane.

Geburtenschwache Jahrgänge werden das Problem nicht lösen. Vor allem, wenn wir wissen, dass es allein durch das Aussetzen des Wehrdienstes in Deutschland bis zum Jahr 2015 bis zu 59.000 zusätzliche Studienanfänger gibt.

Zur Person

Beatrix Karl (42) ist seit Jänner dieses Jahres Wissenschaftsministerin. Die 42-jährige Juristin war zuvor Professorin für Arbeitsrecht an der Uni Graz und Generalsekretärin des ÖVP-Arbeitnehmerbundes ÖAAB.
Beim Koalitionspartner
sorgt Beatrix Karl mit ihrer Forderung nach Studiengebühren und einer strengen Beschränkung des Uni-Zugangs für Ärger. Als Karl dieses Jahr Sympathie für ein Gesamtschulmodell bekundete, brachte sie das vor allem innerparteilich in die Kritik. Sie arbeitet federführend am lange angekündigten ÖVP-Bildungspapier mit, das im Jänner 2011 präsentiert werden soll.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.12.2010)

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