Hohe Gebühren und kreative Kreditmodelle

Uni-Finanzierung im Vergleich. In vielen Staaten hängt die Höhe der Uni-Gebühren von der Studienrichtung ab. Auch die Hochschulbudgets orientieren sich an den tatsächlichen Kosten. Das heimische Uni-System kann vieles vom Ausland lernen.

Ab mit ihren Köpfen!“, riefen wütende Studenten in der vergangenen Woche in London. Dann griffen sie den Wagen von Prinz Charles und seiner Frau Camilla an. Tausende demonstrierten wochenlang gegen das neue Uni-Gesetz. Die britischen Parlamentarier ließen sich nicht beirren: Allen Protesten zum Trotz billigte das Oberhaus in der Nacht auf Donnerstag die Verdreifachung der Studiengebühren. Ab 2012 können die englischen Unis von jedem Studenten Gebühren von bis zu 9000 Pfund (10.605 Euro) statt der bisherigen 3290Pfund pro Jahr verlangen. Damit ist Großbritannien EU-weit Spitzenreiter.

Anders als in Österreich wird jedoch auch in den meisten europäischen Ländern nicht mehr infrage gestellt, dass Studierende für ihre Ausbildung zur Kasse gebeten werden. Griechenland ist neben den nordischen Staaten das einzige Land der EU-15, wo Studieren noch völlig gratis ist (siehe Grafik).

Kurswechsel in Skandinavien

Doch sogar in den skandinavischen Ländern, bislang immer die Paradebeispiele für Gebührengegner, scheint sich ein Paradigmenwechsel abzuzeichnen: Schweden führt ab kommendem Jahr Gebühren für Nicht-EU-Bürger ein. Und auch in Dänemark zahlen Studenten aus dem EU-Ausland in technischen Fächern bis zu 14.000 Euro pro Jahr.

Noch werden die nordischen Hochschulen zum überwiegenden Teil vom Staat finanziert – die hohe Steuerquote ermöglicht, dass das auf einem exzellenten Niveau geschieht. Im Gegensatz dazu kombiniert Großbritannien – wie auch die USA und Australien – durchschnittlich hohe öffentliche Ausgaben mit hohen Studiengebühren. Durch die nunmehrige Gebührenreform will die britische Regierung den staatlichen Anteil an den Uni-Budgets auf unter 40Prozent drücken. In Österreich liegt dieser seit der De-facto-Abschaffung der Studiengebühr bei 78 Prozent.

Modelle dafür, wie ein Gebührensystem aussehen könnte, gibt es zuhauf: In Italien können die Unis die Gebühren autonom festlegen, sie variieren je nach Fakultät und sind zusätzlich nach sozialen Kriterien gestaffelt. Studierende aus wohlhabenden Familien zahlen etwa in Rom bis zu dreimal so viel wie sozial Bedürftige.

Auch in Spanien bestimmen die Unis die Höhe der Gebühren – die Regierung legt nur eine Ober- und Untergrenze fest. Die Spanne reicht dabei von rund 480 Euro für ein Jahr Kunststudium auf den Kanarischen Inseln bis zu 1030 Euro für Medizin in Madrid.

Nur wer profitiert, muss zahlen

Ähnlich in Australien: Für Pädagogik oder Krankenpflege dürfen die Unis dort umgerechnet maximal 3900Euro verlangen, angehende Ärzte, Zahnärzte oder Juristen zahlen bis zu 6500Euro. Zusätzlich lockt Australien Studenten in einzelne Fächer: Mathematik gilt etwa als Studium mit „nationaler Priorität“ – und ist daher um einiges günstiger zu haben. Als Vorzeigeland gilt Australien auch hinsichtlich des Bezahlmodus: Die Studiengebühr wird durch ein Kreditsystem vorerst vom Staat übernommen. Erst ab einem Jahreseinkommen von umgerechnet 33.000 Euro brutto werden gestaffelte Rückzahlungen fällig, die direkt über das Steuersystem eingehoben werden.

Ähnlich funktioniert es auch in Großbritannien. Was nach 30 Jahren nicht bezahlt werden konnte, wird getilgt. Es gilt das Prinzip: Gezahlt wird nur, wenn das Studium dem Absolventen tatsächlich einen finanziellen Vorteil verschafft. In anderen Ländern sind die Gebührenmodelle simpler: In den Niederlanden werden einheitliche Gebühren von 1600 Euro eingehoben. In Deutschland ist das Thema wie in Österreich ein großes Politikum–und wird in den Bundesländern unterschiedlich gehandhabt.

Die Frage ist jedoch nicht nur, woher das Geld kommt, sondern auch, nach welchem Schlüssel es an die Unis verteilt wird. Österreichische Rektoren fordern seit Langem die Studienplatzfinanzierung, wie sie in Dänemark, Großbritannien und den Niederlanden längst umgesetzt ist. Dabei wird den Universitäten pro Studienplatz eine gewisse Summe zur Verfügung gestellt – und nicht wie in Österreich derzeit ein Globalbudget.

Vor allem Techniker sind teuer

Der Fixbetrag richtet sich nach den Kosten, die der Studienplatz verursacht oder verursachen darf. In den Niederlanden etwa gibt es zwei Kategorien: Für „teure“ Techniker oder Naturwissenschaftler erhalten die Unis 1,5-mal so viel Geld wie für Geisteswissenschaftler. In Dänemark werden die Kosten noch detaillierter für jede Studienrichtung berechnet.

Österreichs Fachhochschulen haben seit 15 Jahren ein ähnliches Modell – jenes für die Unis soll bis 2013 erarbeitet werden. Der Haken: Die Studienplatzfinanzierung lässt sich nur realisieren, wenn der Uni-Zugang flächendeckend beschränkt ist. Eine Einigung innerhalb der Koalition steht noch aus.

Auf einen Blick

Öffentliche Mittel machen in Österreich mit 78 Prozent einen großen Teil des Gesamtbudgets der Universitäten aus. Noch höher ist der Anteil etwa in Schweden (88Prozent). Am niedrigsten ist er mit rund 40 Prozent in Großbritannien und Irland.

Studienplatzfinanzierung ist in Dänemark, Schweden, Finnland, Großbritannien, Australien und den Niederlanden bereits Realität. Dort erhalten die Unis jährlich einen Fixbetrag pro Student. Er richtet sich nach den Aufwendungen der Unis.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.12.2010)

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