Quartiernot

Asyl: 25 Zelte stehen bereits, weitere könnten folgen

Im Erstaufnahmezentrum Thalham in St. Georgen im Attergau stehen bereits 15 Zelte.
Im Erstaufnahmezentrum Thalham in St. Georgen im Attergau stehen bereits 15 Zelte.APA/DANIEL SCHARINGER
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23 von vorerst 25 aufgestellten Zelten wurden bereits bezogen. Für bequemere Unterkünfte wie etwa Container bräuchte es Baugenehmigungen, die fast unmöglich zu bekommen sind.

25 Zelte hat das Innenministerium zur Bewältigung der „Quartierkrise" für Geflüchtete bisher aufgestellt, doch das könnte nur der Anfang sein. Wie es aus der Bundesbetreuungsagentur am Montag hieß, seien die (festen) Bundesquartiere komplett voll. Auch aus feuerpolizeilichen Gründen könne dort niemand mehr aufgenommen werden. Wenn die Länder daher nicht wie vorgesehen andere Quartiere aufstellen, wird es weitere Zelte geben.

Warum man nicht auf bequemere Unterkünfte wie Container zurückgreift, ist leicht erklärt. Für diese bräuchte es Baugenehmigungen der lokalen Behörden - und die sind fast unmöglich zu bekommen. Bei den Zelten kann der Bund autonom handeln. Wie viele Zelte insgesamt zur Verfügung stünden, wird nicht bekannt gegeben.

Bisher stehen 25, von denen 23 bezogen sind. Jeweils fünf der 8-Personen-Zelte stehen in Villach und Klagenfurt, 15 in der Bundesbetreuungsstelle Thalham in Oberösterreich. Nach weiteren Standorten wird gesucht, dem Vernehmen nach vor allem in Tirol und Vorarlberg.

1800 Personen aktuell in Traiskirchen untergebracht

Dabei muss es sich nicht unbedingt um ein Gelände handeln, in dem schon bisher Geflüchtete untergebracht waren. Auch sonstige Liegenschaften des Bundes kommen infrage. Wichtig ist, dass neben ausreichend Platz am Gelände auch Sanitäreinrichtungen verfügbar sind. So kam etwa Thalham in die Ziehung, obwohl die dortige Betreuungsstelle ohnehin voll ist.

Das Gleiche gilt auch für die größte Flüchtlingsunterkunft Österreichs in Traiskirchen. Dort sind aktuell rund 1800 Personen untergebracht, ein Vielfaches mehr, als es laut Vereinbarungen mit der Gemeinde sein sollten und gerade einmal innerhalb des feuerpolizeilich Erlaubten.

Dabei kann man dem Bund nicht vorhalten, keine Bemühungen unternommen zu haben. Von 13 Bundesquartieren im Vorjahr sind die Kapazitäten auf nunmehr 27 gewachsen. Derzeit seien aber keine neuen Objekte mehr in Aussicht, heißt es von der BBU. Zu betreuen hatte sie zum Vergleichszeitraum im Vorjahr 2500 Personen, heuer sind es 8000.

Drohende Quartiernot bereits seit Monaten bekannt

Dies hängt neben den ohnehin hohen Asylzahlen auch mit den Geflüchteten aus der Ukraine zusammen. Dass etliche von ihnen nach Wochen in Privatunterkünften nun ebenfalls in organisierte Quartiere wechseln müssen, erleichtert die Situation auch in den Ländern nicht.

Das ändert freilich nichts daran, dass diese mit Ausnahme Wiens und des Burgenlands die Vereinbarungen nicht erfüllen. Schon seit Monaten weist der Bund darauf hin, dass sich eine Quartiernot ergeben wird, wenn die Länder ihren Verpflichtungen nicht nachkommen. Denn diese sind nach der Zulassung ins Asylverfahren für die Geflüchtete zuständig. Die Kosten der Grundversorgung werden zu 60 Prozent vom Bund und zu 40 Prozent von den Ländern getragen.

Sachslehner fordert Annahmestopp bei Asylanträgen

Für jedes Bundesland ist dabei gemäß der eigenen Größe ein prozentueller Anteil an zu versorgenden Geflüchteten zu betreuen. Den zu erfüllenden Wert erreichte Wien vergangene Woche zu 179 Prozent, das heißt, man betreute gut 15.000 Personen mehr als vorgegeben. Am anderen Ende der Skala war Kärnten mit einer Quotenerfüllung von gut 62 Prozent. Das heißt, es fehlten fast 2200 Betreuungsplätze im Bundesland. Nur unwesentlich besser waren die Quoten in Vorarlberg und Tirol.

Für die FPÖ zeigt die gegenwärtige Situation jedenfalls ein "Totalversagen" der Regierung, wie Sicherheitssprecher Hannes Amesbauer in einer Aussendung formulierte. Es müsse jetzt einen Aufnahmestopp geben, das Asylrecht ausgesetzt und die österreichischen Grenzen rigoros für illegale Grenzübertritte geschlossen werden: "Das Boot ist bereits völlig überfüllt." Ganz auf freiheitlicher Linie zeigte sich die vormalige ÖVP-Generalsekretärin und Wiener Landtagsabgeordnete Laura Sachslehner: "Um zu verhindern, dass sich die Situation noch weiter verschlimmert, brauchen wir einen Annahmestopp bei Asylanträgen", schrieb sie am Kurznachrichtendienst Twitter.

Keine zusätzlichen Quartiere in Niederösterreich

Niederösterreichs Asyllandesrat Gottfried Waldhäusl (FPÖ) hat am Montag unterstrichen, dass es von seiner Seite "weder Zelte noch zusätzliche Quartiere" geben werde. Das Bundesland sei "bereits mehr als ausgelastet durch die zusätzliche Unterbringung von über 10.000 ukrainischen Frauen und Kindern". Die Aufnahmequote sei "de facto erfüllt, unsere teuerungsgeplagte Bevölkerung und auch die finanziellen Mittel des Landes sind nicht weiter belastbar", so Waldhäusl.

In Kürze werde die Schallmauer von 100.000 Asylanträgen gebrochen, so viele wie noch nie seien gekommen, um zu bleiben, merkte der Landesrat in einer Aussendung an. Und die Bundesregierung lasse immer weiter zu, "dass Menschen aufgenommen werden, die über kurz oder lang nicht mehr menschenwürdig untergebracht werden können".

Um es, so Waldhäusl, in der Feuerwehrsprache zu sagen: "Solange der Damm nicht dicht gemacht wird, ist es keine Frage mehr, ob zwei oder drei Pumpen aufgestellt werden. Das Land wird absaufen." Als "quasi Innenminister" von Niederösterreich habe der Landesrat seine Hausaufgaben - im Gegenteil zur Bundesregierung - erledigt und "die Dämme dicht gemacht", wurde in der Aussendung betont. "Schluss mit dem Wahnsinn", forderte Waldhäusl nicht zuletzt. "Zelte für Ankömmlinge, kurz vor dem Winter - menschenunwürdiger geht Asylpolitik gar nicht mehr. Es geht nur mit Aufnahmestopp, Grenze dicht machen und dem Zurückweisen in sichere Drittstaaten."

(APA)

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