Fünfter Verhandlungstag

Prozess um Fall Leonie: Angeklagter ändert seine Aussage

(c) APA/HERBERT NEUBAUER (HERBERT NEUBAUER)
  • Drucken

Drei Männer müssen sich wegen Vergewaltigung mit Todesfolge und schweren sexuellen Missbrauchs verantworten. Der Zweitangeklagte gab nun zu, mit der 13-Jährigen sexuell verkehrt zu haben.

Nach einer krankheitsbedingten Pause wird am Montag der Prozess um den Fall Leonie am Wiener Landesgericht fortgesetzt. Drei junge Männer müssen sich im Zusammenhang mit dem Tod der 13-Jährigen wegen Vergewaltigung mit Todesfolge und schweren sexuellen Missbrauchs verantworten.

Der Zweitangeklagte relativierte am fünften Verhandlungstag seine Aussage. Der mittlerweile 19-Jährige gab nun zu, auch mit der 13-Jährigen sexuell verkehrt zu haben. Der Beschuldigte, der in der Tatwohnung gewohnt hat, habe stets behauptet, mit dem Mädchen nur gekuschelt zu haben. Allerdings widerlegten DNA-Spuren diese Version. "Ich hätte das vorher sagen sollen, aber ich hatte Angst", meinte er. Es habe sich um einvernehmlichen Geschlechtsverkehr gehandelt. "Ich entschuldige mich dafür, dass ich das nicht vorher gesagt habe." Bei allen anderen Angaben hätte er bisher die Wahrheit gesagt.

„Ich habe mich geschämt"

Auf die Frage eines Beisitzers, warum er deshalb Angst gehabt habe, meinte der Angeklagte: "Ich habe mich geschämt." Auf die erneute Frage nach dem Warum, antwortete er: "Ich weiß es nicht.“ Der Anwalt der Angehörigen, Florian Höllwarth, wollte wissen, ob er sich auch wegen etwas Anderem in dieser Tatnacht schäme. "Was meinen Sie?", fragte der 19-Jährige.

Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass die Angeklagten das Mädchen am 26. Juni 2021 in einer Wohnung in Wien-Donaustadt in Missbrauchsabsicht unter Drogen gesetzt und sich dann an der 13-Jährigen vergangen haben. Das Mädchen überlebte den Drogencocktail nicht. Das Obduktionsgutachten ergab, dass die 13-Jährige infolge der Suchtmittelvergiftung und Ersticken eines gewaltsamen Todes starb.

Die Staatsanwaltschaft geht von insgesamt sieben Ecstasy-Tabletten aus, eine soll das Mädchen im Vorfeld freiwillig genommen haben. Wer ihr die Drogen verabreicht hat, ist die zentrale Frage in der Verhandlung. Bisher beschuldigten sich die Männer gegenseitig. Den Vorwurf der Vergewaltigung verleugneten sie.

„Sie wollte das nicht"

Am fünften Verhandlungstag kamen weitere Zeugen zu Wort. Dabei handelt es sich um Freunde und Bekannte der Angeklagten, die kurz nach dem Tod der 13-Jährigen Kontakt zu den Beschuldigten hatten. "Er hat mich angerufen und gemeint, dass er meine Hilfe braucht", berichtete der Freund des Zweitangeklagten. Mit einem weiteren Bekannten trafen sie den 19-Jährigen bei Kagran. Die drei fuhren im Auto, als der 19-Jährige zu erzählen begann, dass der Erst- und Drittangeklagte mit einem Mädchen bei ihm in der Wohnung aufgetaucht seien. Eine Ecstasy-Tablette habe die 13-Jährige freiwillig genommen, acht bis neun hätten die beiden anderen heimlich in einem Getränk aufgelöst, das das Mädchen nach und nach unwissentlich konsumierte.

Als die Drogen zu wirken begannen, hätten die beiden Männer gegen den Willen der Niederösterreicherin sexuelle Handlungen durchgeführt. "Sie wollte das nicht", berichtete der 20-Jährige über die Erzählungen seines Freundes im Zeugenstand. Dem Mädchen sei es immer schlechter gegangen, da hätten sie ihm Ayran eingeflößt und seinen Kopf abgeduscht. Sein Freund habe noch die Rettung holen wollen, aber die anderen "wollten das nicht".

Der Erstangeklagte hätte die 13-Jährige dann rausgetragen und zu dem Baum gelegt, wo sie von Passanten gefunden wurde. Jegliche Hilfe kam zu spät. "Geh zur Polizei oder ich tue es", meinte der 20-Jährige damals zu dem nun Angeklagten. "Ich habe gemerkt, dass er unter Schock ist." Weil sich der 19-Jährige nicht traute, ging er mit dem Bekannten in ein Inspektion und erstattete Anzeige.

Zwei weitere Personen in der Wohnung

Der Zeuge will mitbekommen haben, dass sich nicht nur die drei Beschuldigten und die 13-Jährige in der Tatnacht in der Wohnung befunden hätten, sondern ein weiterer Mann und ein Mädchen. "Ich habe das der Mordabteilung weitergegeben, aber sie haben das nicht ernst genommen", meinte der Zeuge. Die Anwälte stellten daraufhin größtenteils den Antrag, die beiden als Zeugen vorzuladen. Darüber wurde von der Schwurgerichtsvorsitzenden Anna Marchart noch nicht entschieden.

Auch der Erstangeklagte vertraute sich einem Bekannten an. Er habe bei dem Freund geduscht und geschlafen, ehe er sich ins Ausland absetzte. Der 25-Jährige bekam mit, wie der Beschuldigte mit dem Drittangeklagten videotelefonierte. Dort gaben sich die beiden gegenseitig die Schuld, dem Mädchen zu viel von den Drogen verabreicht zu haben. "Als ich das Ganze gehört habe, war ich schockiert. Dass sie so etwas einem so jungen Mädchen angetan haben." Er habe dann die Polizei informiert und mit der Behörde kooperiert. "Wenn sie wirklich so etwas getan haben, sollten sie zur Verantwortung gezogen werden", sagte der 25-Jährige. Allerdings war sein Freund dann nicht mehr telefonisch erreichbar.

Urteile Anfang Dezember erwartet

Die Männer afghanischer Abstammung sind zwischen 19 und 24 Jahre alt. Für den Ältesten, der am fünften Prozesstag Geburtstag hat und zum Tatzeitpunkt erwachsen war, geht es im Fall eines Schuldspruchs um zehn bis 20 Jahre oder lebenslang. Die beiden anderen müssten bei einer anklagekonformen Verurteilung mit bis zu 20 Jahren rechnen.

Mit dem Verhandlungstag am Montag sind noch zwei weitere Termine vorgesehen, die Urteile sollen bei planmäßigem Verlauf am 2. Dezember fallen.

(APA)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Getötete 13-Jährige

Mord oder Vergewaltigung mit Todesfolge? Leonie-Prozess geht in die Schlussphase

Staatsanwaltschaft und Verteidigung halten ihre Schlussplädoyers. Für erstere ist der Tatbestand des Mordes erfüllt. Entscheiden werden die Geschworenen. Das Urteil wird am Abend erwartet.
Schlussphase

Urteil im Leonie-Prozess erwartet

Der Prozess gegen drei junge Männer geht in die Schlussphase. Ihnen wird Vergewaltigung mit Todesfolge und schwerer sexueller Missbrauch der 13-jährigen Leonie vorgeworfen.
PROZESS UM GETOeTETE 13-JAeHRIGE WEGEN VERGEWALTIGUNG MIT TODESFOLGE
Wien

Fall Leonie: Weitere Zeugen sagen im Prozess um getötete 13-Jährige aus

Sechster Verhandlungstag: Der Prozess gegen drei junge Männer wurde heute in Wien fortgesetzt.
Die Angeklagten (Bild: Prozessauftakt im September) geben mittlerweile alle drei zu, mit dem Opfer intim gewesen zu sein, bestreiten aber die Anklagevorwürfe.
Prozessfortsetzung

Fall „Leonie“: Zeugen belasten die Angeklagten

Nach dem Tod der 13-jährigen Schülerin Leonie aus Niederösterreich wurde der Prozess gegen drei junge Flüchtlinge am Montag in Wien fortgesetzt.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.