Entlassungen

Elon Musk droht abtrünnigen Twitter-Werbekunden

Owner and CEO of Twitter, Inc. Elon Musk arrives at the 29th Annual Baron Investment Conference in Manhattan, New York City
Owner and CEO of Twitter, Inc. Elon Musk arrives at the 29th Annual Baron Investment Conference in Manhattan, New York City(c) REUTERS (ANDREW KELLY)
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Mehr als die Hälfte der Mitarbeiter wurde entlassen, eine Sammelklage wird vorbereitet. Indes versucht Elon Musk aggressiv gegen die rückläufigen Werbeanzeigen vorzugehen.

Tech-Milliardär Elon Musk hat gedroht, Werbekunden, die keine Anzeigen mehr bei Twitter schalten, öffentlich bloßzustellen. Der neue Twitter-Besitzer reagierte mit seinem Tweet in der Nacht auf Samstag auf den Vorschlag eines rechten Lobbyisten, er solle die Werbekunden benennen, "damit wir sie mit einem Gegenboykott belegen können". Musk schrieb in seiner Antwort: "Danke. Ein thermonukleares Benennen und Schämen ist exakt das, was passieren wird, wenn das nicht aufhört."

In den vergangenen Tagen hatten unter anderem die Volkswagen-Gruppe, der Pharmakonzern Pfizer und der Lebensmittelriese Mondelez angekündigt, Werbung bei Twitter aussetzen zu wollen. Dass Firmen sich darüber sorgen, dass ihre Anzeigen neben negativen Inhalten auftauchen könnten, ist kein neues Phänomen. Auch etwa Googles Videotochter YouTube hatte bereits damit zu kämpfen.

Musk hatte solche Sorgen selbst mit häufiger Kritik ausgelöst, Twitter habe zu sehr die Redefreiheit eingeschränkt. Vergangene Woche versuchte er dann, Werbekunden mit einem offenen Brief zu beruhigen: Twitter werde kein Ort sein, an dem man sich ohne Konsequenzen alles erlauben könne. Auch jetzt betont er, dass sich an den Inhalte-Regeln der Plattform bisher nichts verändert habe. Einige Werbekunden halten sich trotzdem zurück.

„Aktivistengruppen“ schuld am „massiven Umsatzeinbruch"

Musk beklagte sich am Freitag über einen "massiven Umsatzeinbruch" und machte dafür "Aktivistengruppen" verantwortlich, die Druck auf die Unternehmen ausübten. Diese nicht näher umschriebenen Aktivisten versuchten, "die Redefreiheit in Amerika zu zerstören". Der rechte Internet-Lobbyist Mike Davis schlug daraufhin bei Twitter ein Gegenboykott der Werbekunden vor, die sich solchem Druck beugten. Davis wettert in mehreren Organisationen unter anderem gegen die "Cancel-Kultur" und will Internet-Konzerne für die angebliche Unterdrückung konservativer Ansichten zur Verantwortung ziehen.

Musk hatte vergangene Woche den Kauf von Twitter für rund 44 Milliarden Dollar abgeschlossen und hat dafür unter anderem Schulden aufgenommen, die bedient werden müssen. Die Werbeeinnahmen bringen fast den gesamten Umsatz von Twitter ein und ihr Rückgang ist damit besonders schmerzhaft.

Am Freitag hat bei Twitter der Stellenabbau nach der Übernahme durch Musk begonnen. Entlassene Mitarbeiter erhielten wie angekündigt E-Mails mit der Nachricht, dass es ihr letzter Arbeitstag bei dem Unternehmen sei, meldete der Finanzdienst Bloomberg. Bei Twitter mehrten sich Tweets bisheriger Beschäftigter, die von ihrer Kündigung berichteten. Das Ausmaß des Stellenabbaus blieb zunächst unklar. Laut Medienberichten aus den vergangenen Tagen könnte mit rund 3700 Jobs etwa jeder zweite Arbeitsplatz bei Twitter betroffen sein. US-Präsident Joe Biden sagte am Freitag, dass Musk mit Twitter eine Social-Media-Plattform gekauft habe, die Lügen in die Welt setze.

Sammelklage gegen Twitter

Beschäftigte in den USA reichten bereits am Donnerstag eine Sammelklage gegen Twitter ein. Sie werfen dem Unternehmen vor, die bei Massenentlassungen vorgeschriebene 60-Tages-Frist nicht eingehalten zu haben. Das verstoße gegen kalifornisches Recht und Bundesrecht.

Twitter hat die Hälfte seiner Mitarbeiter laut einem Tweet des Leiters der Abteilung für Sicherheit und Integrität des Unternehmens, Yoel Roth, entlassen. Roth sagte, dass 15 Prozent seines Teams, das für die Verhinderung der Verbreitung von Fehlinformationen und schädlichen Inhalten zuständig ist, von dem Abbau betroffen sind. Es war die erste Bestätigung von Twitter über den Umfang der Kündigungen. "Jedem, der entlassen worden ist, wurde eine dreimonatige Abfindung angeboten", twitterte Firmen-Chef Musk. Unternehmensweit sind etwa 3700 Mitarbeiter betroffen.

Yoel Roth versicherte, dass die Inhalte der Tweets weiter kontrolliert würden. Der Hinweis soll Nutzer und Werbekunden nach der Übernahme des Unternehmens durch den Milliardär Elon Musk beruhigen. Auch Musk twitterte kurz nach Roth: "Um es noch einmal ganz klar zu sagen: Twitters starkes Engagement für die Kontrolle von Inhalten bleibt absolut unverändert."

Zu dem Stellenabbau meldete der Firmenchef, dass er leider keine andere Wahl gesehen hätte, da das Unternehmen vier Millionen Dollar pro Tag verliere.

(APA/DPA)

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