Recycling-Studie

Mülltrennung muss spaßiger und (noch) einfacher werden

30 Prozent der Bevölkerung geben an, dass in ihrem Haushalt mehr Abfall getrennt wird als noch vor vier Jahren.
30 Prozent der Bevölkerung geben an, dass in ihrem Haushalt mehr Abfall getrennt wird als noch vor vier Jahren.IMAGO/Westend61
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Neun von zehn Menschen in Österreich trennen bereits ihren Abfall. Die restlichen zehn Prozent sollen nun mit „Gamification“, Information und leichterem Zugang erreicht werden.

Bequemlichkeit ist ein großer Faktor beim Mülltrennen, zeigen aktuelle Daten. Ein einfacher Zugang ist laut einer aktuellen Studie von ARA und der „Integral Marktforschung" neben dem Klimaschutz und einer besseren Informations-Basis der stärkste Motivator für eine höhere Bereitschaft zur Abfalltrennung.

Bereits im November hat der Rechnungshof das System zur Sammlung und Verwertung von Kunststoffverpackungen scharf kritisiert – „Die Presse“ berichtete. Es sei „hochkomplex“, und das nicht im positiven Sinn.

Seit Beginn dieses Jahres wandern auch Leichtverpackungen in den gelben Sack und die gelbe Tonne. Dadurch erwartet sich das zuständige Umwelt- und Klimaministerium eine „wesentliche Steigerung der Sammelmengen und Recyclingquoten“.

Hedonisten sammeln wenig Abfall

Ob es eine solche Steigerung gibt, ist nach einem Monat Laufzeit wohl schwer zu beurteilen. In den vergangenen Jahren ist die Bereitschaft zur Abfalltrennung laut ARA jedenfalls stark gestiegen. 30 Prozent der Bevölkerung geben an, dass in ihrem Haushalt mehr Abfall getrennt wird als noch vor vier Jahren. Die meisten von ihnen stammen aus dem Sinus-Milieu der adaptiv-pragmatischen Mitte, also der Mitte der Gesellschaft. Am größten war der Zuwachs im Burgenland, gefolgt von Oberösterreich, Kärnten und Vorarlberg.

62 Prozent geben an, Verpackungen immer vom Restmüll zu trennen. Die höchste Trennwilligkeit gibt es bei Altpapier und Glasflaschen. Direkt danach folgen Altbatterien, defekte Geräte und PET-Flaschen. Am schlechtesten schneiden Styropor und Kaffeekapseln ab. Ganze elf Prozent der Gesamtbevölkerung sind gewillt, in Zukunft eine noch höhere Trenndisziplin an den Tag zu legen. Jede zweite Person geht davon aus, auch in Zukunft immer Müll zu trennen. Neun von zehn Menschen in Österreich tun dies bereits.

Die letzten zehn Prozent seien schwer zu erreichen, sagt ARA-Vorstand Harald Hanke. Sorgenkinder sind jene Menschen, die nach den Sinus-Milieus dem Hedonismus und der sehr großen und diversen Adaptiv-Pragmatischen Mitte zugeordnet werden. Auf diese beiden Gruppe entfällt die größte Menge an nicht getrenntem Abfall (etwa auch bei PET-Getränkeflaschen).

"Gamification“ soll vom Recyclen überzeugen

Unter jenen Gruppen, die das meiste Potenzial bergen, ist entgegen möglicher Erwartungen die Lifestyle-Avantgarde der Kosmopolitischen Individualisten und die gesellschaftskritischen Postmateriellen. Aufgrund ihrer Bereitschaft, sich beim Recycling zu bessern, sind die Adaptiv-Pragmatischen aber auch unter jenen Gruppen, die das meiste Potenzial bergen. Eine Verbesserung der Infrastruktur könnte laut Ergebnissen der Studie hier zu einem Anstieg beitragen.

Die Mitte der Gesellschaft strebt nach Sicherheit – sie soll künftig mit Vereinfachung und Information erreicht werden, sagt Bertram Barth, Geschäftsführender Gesellschafter von Integral. Für die Hedonistinnen und Hedonisten steht wiederum Spaß an erster Stelle. Sie sollen mittels „Gamification“, also spielerisch, vom Recyceln überzeugt werden.

Die Nachfrage nach solchen Konzepten ist groß. Ein Viertel der Gesamtbevölkerung gibt an, sich einen spielerischen Umgang mit Mülltrennung zu wünschen. Eine Möglichkeit dafür bietet die ARA-App „Digi-Cycle“. In der Anwendung finden Nutzerinnen und Nutzern unter anderem spezifische Trennanleitungen und einen Sammelstellenfinder. Das Sammeln von Prämien soll außerdem den Nutzengedanken der pragmatischen Mitte ansprechen.

Klimaschutz bei Älteren im Trend

Auch beim Abfall in der Öffentlichkeit hat sich das gesteigerte Bewusstsein für Mülltrennung in den vergangenen vier Jahren bemerkbar gemacht. Ganze drei Viertel der Bevölkerung empfinden Abfall auf der Straße als störend und entsorgen diesen daher eigenhändig. 71 Prozent geben an, unterwegs anfallende Abfälle in öffentlichen Mistkübeln auf der Straße zu entsorgen. 65 Prozent nutzen dafür den nächsten passenden Sammelbehälter. 52 gibt an, den Müll mit nachhause zu nehmen und dort ordnungsgemäß zu trennen.

Im Vergleich zeigt sich hier ein deutlicher Unterschied zwischen den Altersgruppen. Ältere Menschen zwischen 50 und 65 Jahren sind mit 86 Prozent besonders stark unter jenen Menschen vertreten, die sich am Abfall auf der Straße stören. Den Älteren ist Mülltrennung auch als Beitrag zum Klimaschutz wichtiger, als den Jungen. Besonders die konservative Elite, die Postmateriellen und die Progressiven Realisten sind gegenüber dem Thema Abfalltrennung sensibilisiert.

Die konservative Elite ist es auch, die sich am besten über korrekte Mülltrennung informiert fühlt. ARA-Vorstand Hanke betont, wie wichtig die Information insbesondere von Kindern ist, um Bewusstsein für richtige Mülltrennung in allen Milieus zu schaffen. Auch das Phänomen der sozialen Norm spielt beim Recycling eine Rolle: Müll trennen ist gesellschaftlich gut angesehen und sorgt daher bei den Handelnden für ein gutes Gefühl.

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