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Frauen verdienen weniger als Männer - vier eindeutige Gründe und eine Annahme erklären warum

Frauen arbeiten öfter in geringer entlohnten Berufen und Branchen als Männer.
Frauen arbeiten öfter in geringer entlohnten Berufen und Branchen als Männer.Getty Images/Darren McCollester
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Seit 2005 ging der Lohnunterschied zwischen Männern und Frauen deutlich auf 11,3 Prozent zurück, so eine Studie des Wifo. Für den verbleibenden Rest gibt es mehrere Gründe.

Wien. Eigentlich geht der Internationale Frauentag am 8. März auf eine politische Forderung zurück: das Wahlrecht für Frauen. Da zumindest in westlichen Demokratien dieses schon längst erfüllt ist, steht inzwischen ein ökonomisches Thema im Mittelpunkt: der Lohnunterschied zwischen Mann und Frau. Gleiches Geld für gleiche Arbeit, lautet daher die gängige Parole. Denn dass Männer im Durchschnitt mehr verdienen als Frauen, ist Fakt. Aber geht es hierbei immer um die gleiche Arbeit? Oder gibt es Gründe, die den Unterschied erklären?

1. Wie hat sich der Lohnunterschied zwischen Männern und Frauen entwickelt?

Das Wifo hat sich in einer Studie die Entwicklung der Gehälter von Männern und Frauen angesehen. Und es kommt dabei zu einem erfreulichen Befund: Betrug der Unterschied bei den Brutto-Stundenlöhnen 2005 noch 20,5 Prozent des durchschnittlichen Gehalts von Frauen, so schrumpfte diese Differenz bis 2021 auf 11,3 Prozent. Zwei Gründe sind laut Studien-Mitautorin Christine Zulehner, die am Wifo und der Universität Wien forscht, dafür entscheidend. „Einerseits sind Frauen heute besser gebildet. Andererseits haben sie mehr Berufserfahrung.“ Hatten vor 18 Jahren Männer im Schnitt noch vier Jahre mehr Berufserfahrung als gleichaltrige Frauen, so sind es heute nur mehr zwei Jahre. Der Hauptgrund dafür ist laut Zulehner, dass der Wiedereinstieg nach der Babypause früher erfolge – etwa weil die Betreuungseinrichtungen für unter Dreijährige ausgebaut wurden.

Das Wifo kommt im Gehaltsvergleich übrigens auf etwas andere Zahlen als jüngst die Statistik Austria, die 18,8 Prozent Differenz auswies. Ursache dafür ist eine etwas andere Datenbasis sowie vor allem die Einbeziehung des öffentlichen Sektors beim Wifo, während die Statistik Austria sich nur den Privatsektor angesehen hat.

2. Was sind die bekannten Gründe für die nach wie vor bestehende Differenz?

Vier wichtige Gründe macht das Wifo aus – diese erklären etwa 43 Prozent der Differenz. So arbeiten Frauen viel öfter in geringer entlohnten Berufen und Branchen als Männer. Das beginnt in jungen Jahren: In den Top 10 der beliebtesten Lehrberufe der Mädchen findet sich mit Metalltechnik nur ein einzelner technischer Beruf. Mädchen gehen vorzugsweise in den Handel, ins Büro oder werden Friseurin. Bei den Buben dagegen sind die drei beliebtesten Lehrberufe technische – angeführt vom Elektrotechniker.

Der wesentlichste erklärbare Grund für den Lohnunterschied ist jedoch, dass Frauen Mütter werden. Der Gender-Pay-Gap ist also in Wahrheit ein „Motherhood-Pay-Gap“, wie die Ökonomin Monika Köppl-Turyna stets betont. Die Lohnunterschiede seien hauptsächlich auf die berufliche Unterbrechung aufgrund der Kindererziehung zurückzuführen, sagt die Direktorin des Eco-Austria-Instituts. Danach verfestigen sich die Rollen: Sie steigt Teilzeit wieder ein, während er Überstunden macht und beruflich vorankommt. Oft bleibt das ein ganzes Leben so. „Mütter verdienen nicht nur weniger als Männer, sondern auch weniger als ihre kinderlosen Kolleginnen“, formuliert es Köppl-Turyna. Auch zehn Jahre nach der Geburt verdienen Mütter nur 67 Prozent ihrer kinderlosen „Zwillingsschwestern“. Was übrigens auch für Männer gelte, wenn sie ähnlich lang in Karenz gehen.

In der Wifo-Studie macht sich die Babypause mit geringerer Berufserfahrung und dem weniger weiten Aufstieg in der Hierarchie bemerkbar. Keinen Nachteil haben Frauen inzwischen durch ihre Ausbildung, im Gegenteil: Da Frauen mittlerweile im Schnitt besser gebildet sind, müssten ihre Gehälter sogar höher liegen als jene der Männer. Aus diesem Bereich kommt statistisch somit ein negativer Beitrag. Allerdings gibt es neben diesen erklärbaren Gründen auch noch einen großen unerklärbaren Rest, dessen Anteil durch die Gesamtverbesserung sogar auf knapp 58 Prozent der Lohndifferenz angestiegen ist.

3. Worauf könnte der unerklärliche Rest zurückzuführen sein?

Beim unerklärbaren Rest kann sich einer Begründung nur angenähert werden. So gibt es laut Zulehner beispielsweise „wissenschaftliche Evidenz, dass Frauen in Gehaltsverhandlungen nach weniger Gehalt fragen“. In diesem Zusammenhang ließ das deutsche Bundesarbeitsgericht unlängst mit einem Urteil aufhorchen: Die schlechtere Bezahlung einer Mitarbeiterin könne nicht damit begründet werden, dass der männliche Kollege mit den gleichen Verantwortlichkeiten mehr Geschick in Gehaltsverhandlungen gezeigt habe.

Allerdings berichten Verhaltensökonomen, dass Frauen weniger gemocht werden, wenn sie hart auftreten. Fordern sie mehr Gehalt, wirken sie unsympathisch. Deshalb ist das Urteil des deutschen Arbeitsgerichts so bahnbrechend. „Sollten Firmen als Reaktion auf dieses Urteil die Gehälter anpassen, weil sie zum Beispiel befürchten müssen, verklagt zu werden, dann könnte der Lohnunterschied aus diesem Grund sinken“, folgert das Wifo.

4. Was könnte getan werden, um den Lohnunterschied weiter zu verringern?

Der Ausbau der Kinderbetreuung und die so geschaffene bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie ist ein wichtiger Schritt. Fraglich ist, wie es geschafft werden kann, mehr Frauen für technische Berufe zu begeistern. In den HTLs oder bei technischen Lehrberufen ist trotz aller Bemühungen der Mädchenanteil weiterhin klein. Hilfreich wäre laut Zulehner zudem mehr Lohntransparenz in den Unternehmen. Diese wurde am Dienstag auch vom deutschen Arbeitsminister, Hubertus Heil, gefordert. Das habe etwa in Dänemark einen starken Effekt gehabt. Die in Österreich bestehende Regelung für die Einsichtnahme über den Betriebsrat ist laut Zulehner nicht einfach genug.

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