Bewerbung

Nach Kopftuch gefragt und abgelehnt: 2000 Euro Entschädigung

In diesem muslimischen Kindergarten in Mannheim ist ein Kopftuch Alltag. Das Urteil betrifft einen Wiener Fall.
In diesem muslimischen Kindergarten in Mannheim ist ein Kopftuch Alltag. Das Urteil betrifft einen Wiener Fall. Uwe Anspach / dpa / picturedesk.
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Gericht spricht Muslimin Schadenersatz zu, weil sie in Wien einen Ausbildungsplatz zur Kindergartenassistentin nicht erhielt. Wann darf man Kopftücher verbieten?

Als sich die Frau 2018 um einen Ausbildungsplatz als Kindergruppenbetreuerin bewarb, galt infolge einer Bund-Länder-Vereinbarung noch das Kopftuchverbot für Mädchen in Kindergärten. Die Bewerberin wurde laut ihren Angaben daher dazu gedrängt, das Kopftuch auch abzulegen. Man würde ja auch nicht vor den Kindern „rauchen oder Alkohol trinken“, habe man seitens der Wiener Ausbildungsstätte zu ihr gesagt.

Das Gericht hielt es jedenfalls für erwiesen, dass das Kopftuch rund um den Bewerbungsprozess thematisiert wurde. Die Frau wurde bei einem Gesprächstermin ersucht, ihr Kopftuch nach hinten zu binden. Als sie dies tun wollte, wurde der Frau gesagt, sie solle es am Besten gleich abnehmen, was sie tat. Bei der folgenden inhaltlichen Frage war die Frau wegen des vorherigen Gesprächsverlaufs über das Kopftuch verunsichert, sie konnte keine sinnvollen Antworten geben. Die Frau erhielt darauf diesen Ausbildungsplatz, den das AMS gezahlt hätte, nicht. Sie lernte stattdessen Kosmetikerin.

Das Wiener Landesgericht für Zivilrechtssachen sprach der vom „Klagsverband – Verein zur Durchsetzung der Rechte von Diskriminierungsopfern“ vertretenen Frau nun rechtskräftig einen immateriellen Schadenersatz von 2000 Euro zu. Sie sei wegen des Geschlechts und der Religion diskriminiert worden. Das damalige Kopftuchverbot für Mädchen im Kindergarten sei schon deswegen irrelevant, weil es nur um einen Ausbildungsplatz, nicht schon um die Stelle selbst gegangen sei.

„Wiederholte, aufdringliche Fragen nach dem Kopftuch haben in einem Bewerbungsverfahren nichts zu suchen“, betont Theresa Hammer, Leiterin der Rechtsdurchsetzung des Klagsverbands. „Die Entscheidung ist konsequent“, meint Franz Marhold, Professor für Arbeitsrecht an der WU, in Anbetracht der bisherigen Judikatur. Man dürfe eine Bewerberinnicht wegen ihrer Religion oder Kopfbedeckung ablehnen, sagt Marhold zur „Presse“. Das heiße aber nicht, dass man Kopftücher am Arbeitsplatz immer erlauben müsse. Bei einem Verbot aber sei ein entscheidender Punkt zu beachten.

Religionen gleichbehandeln

„Man muss im Betrieb Gleichheit walten lassen“, sagt Marhold mit Blick auf die erst im Vorjahr präzisierte Judikatur des Europäischen Gerichtshofs (EuGH). So sei es erlaubt, alle religiösen Zeichen im Betrieb zu verbieten. Neben Kopftüchern wären dann aber etwa auch kleinste Kreuzsymbole von Christen im Betrieb zu untersagen.

Man könnte auch sagen, dass man religiöse Zeichen zwar erlaubt, aber nur nicht dominante. Hier begebe man sich aber schon auf rechtlich heikles Terrain, denn auch ein Kopftuch könnte man noch als kleineres religiöses Zeichen werten, sagt Marhold.

Möglich sei es laut dem EuGH auch, Mitarbeiter ins Backoffice zu versetzen, berichtet Marhold, also in einen Bereich, in dem Kunden die Mitarbeiter nicht sehen. Diese Entscheidung der europäischen Höchstrichter war ergangen, nachdem zuvor der Oberste Gerichtshof (OGH) 2016 in Österreich in einem anderen Fall mit einer solchen Versetzung sehr wohl noch ein Problem gesehen hatte.

Im österreichischen Fall hatte eine Notariatsangestellte 1200 Euro Entschädigung erhalten. Die Frau war zum Islam konvertiert. Sie hatte geltend gemacht, wegen Tragens eines islamischen Kopftuches (Hijab) und eines mantelartigen Übergewands (Abaya) im Parteienverkehrnicht mehr so sichtbar eingesetzt zu werden werden wie andere Mitarbeiter. In dem Fall hatte der Notar sich zusätzlich abfällig über die Kleidung der Frau geäußert. Der OGH erblickte eine religiöse Diskriminierung. Kein Problem hatten die Höchstrichter hingegen damit, dass der Notar die Frau schließlich kündigte, als sie auch noch einen Gesichtsschleier (Niqab) tragen wollte. Denn das beeinträchtige die Kommunikation mit Klienten dann doch zu sehr.

Ums Kopftuch kämpfte wiederum eine Juristin, die nach dem Studium ihr „Gerichtsjahr“ machte. Sie durfte nicht als Vertreterin des Staates sichtbar sein und daher etwa nicht nicht auf der Richterbank sitzen. Die Frau bekämpfte die Weisung, der Verwaltungsgerichtshof ließ die Juristin im Jahr 2019 abblitzen. Denn als ihr Fall verhandelt wurde, war ihre Zeit als Rechtspraktikantin schon vorbei – und die Weisung daher irrelevant.

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