Wachsende Spannungen seien über Monate ignoriert worden, heißt es in einem Experten-Bericht.
Die internationale Gemeinschaft hat einer Experten-Einschätzung zufolge zu spät im Konflikt im Sudan reagiert. Sie habe "zu wenig, zu spät" getan, um die Kämpfe zu stoppen, sagte Solomon Ayele Dersso, Direktor des Think Tanks Amani Afrika mit Sitz in Äthiopien. Wachsende Spannungen zwischen der Armee und den paramilitärischen Rapid Support Forces (RSF) seien über Monate ignoriert worden, hieß es in einem in der Nacht zum Freitag veröffentlichten Bericht.
Spätestens die Erklärung eines RSF-Sprechers am 13. April über die Möglichkeit eines Zusammenbruchs der Sicherheit im Land hätte ernsthafte Alarmsignale ausgesendet, so Dersso. Die internationale Gemeinschaft habe diese jedoch ignoriert. Auch nach Ausbruch der Kämpfe am vergangenen Samstag hätten regionale und internationale Organisationen sowie Regierungen mehr tun müssen, als wiederholt einen Waffenstillstand zu fordern, sagte Dersso. Alle Appelle seien von den Konfliktparteien unbeachtet geblieben, während die Gefechte in der Hauptstadt Khartum und anderswo in dem nordostafrikanischen Land weiter tobten. Je länger sie andauerten, desto anfälliger werde das Land für die Beteiligung von Kräften aus umliegenden Ländern, warnte Dersso. Dies berge die Gefahr für den Sudan, ähnlich wie Libyen, zu einem gescheiterten Staat zu werden, der auch in Zukunft keine vollständige Kontrolle über sein Staatsgebiet mehr ausüben könne.
Machtkampf lässt Sorge vor Bürgerkrieg wachsen
Das gold- und ölreiche Land mit rund 46 Millionen Einwohnern wird seit 2019 von einer militärischen Übergangsregierung regiert, die diesen Monat eigentlich einen Prozess zur Demokratisierung einleiten sollte. Stattdessen entbrannte zwischen dem De-facto-Präsidenten und Oberbefehlshaber der Armee, Abdel Fattah al-Burhan, und seinem Stellvertreter Mohamed Hamdan Dagalo, dem Anführer der RSF, ein blutiger Machtkampf.
„Moskau profitiert im Sudan vom Goldhandel“
Sudan-Experte Alex De Waal schildert, wie internationale und regionale Mächte bei dem Konflikt im Sudan mitmischen. Und er befürchtet, dass der Krieg zwischen den Generälen Burhan und Hemeti das Aus für die demokratische Entwicklung bedeutet. Zum Interview.
(APA/dpa)