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Neuer Rekord bei Missbrauchsdarstellungen von Minderjährigen

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Die Meldestelle Stopline hat alleine im Mai 2023 so viele Missbrauchsdarstellungen von Minderjährigen gefunden wie im ganzen Jahr 2022. Über ein Problem, das nicht weniger wird.

Es sind viele, sehr viele. Die Meldestelle Stopline hat alleine im Mai 2023 einen neuen Rekord zu verzeichnen. Rund 4500 Missbrauchsdarstellungen von Minderjährigen musste die Meldestelle an Behörden und Provider im In- und Ausland melden. Das ist mehr als im ganzen Jahr 2022. Und der Monat ist noch nicht einmal vorbei.

Insgesamt wurden 2023 bisher rund 5270 illegale Inhalte auf Webseiten gefunden. Das heißt, auf den Darstellungen sind Kinder zu sehen, die missbraucht werden, es werden Geschlechtsteile von Kindern gezeigt, oder es sind Jugendliche zu sehen, die an sich selbst sexuelle Handlungen durchführen. Der Mai sei in jeder Hinsicht ein neuer Rekord, sagt die Leiterin der Meldestelle Barbara Schloßbauer am Rande der Stoppline-Jahrespresse-Konferenz zur „Presse“. 

Selbst zu suchen ist verboten

Warum ausgerechnet der Mai so explodiert ist, kann Schloßbauer nicht erklären. Die Meldestelle funktioniert komplett anonym. Das heißt, Schloßbauer und ihr Team von zwei Mitarbeiterinnen wissen nicht (und wollen nicht wissen), woher die Meldungen kommen. Schloßbauer hält es aber nicht für ausgeschlossen, dass selbsternannte Jäger von Missbrauchsdarstellungen eine Art Suchmaschine über einschlägige Seiten laufen lassen - und diese dann automatisiert meldet. Auch wenn es streng verboten ist, in Österreich aktiv nach Missbrauchsdarstellungen zu suchen.

Wie erkennt man, ob jemand schon volljährig ist?

Ihre beiden Kolleginnen gehen jedenfalls in Meldungen unter. Alleine in den vergangenen Tagen gab es 6000 Meldungen. Jede einzelne muss gesichtet werden. Denn das ist die Aufgabe der Meldestelle und kann auch nicht von Computern übernommen werden.

Schlossbauers Team, das aus zwei Frauen besteht, die den Job seit Jahren ausführen (Die Presse berichtete), ist speziell geschult, um zum Beispiel anhand der Körpermerkmale auch Teenager trotz Make-up zu erkennen. Immerhin sind rund 50 Prozent der Meldungen, die Stopline bekommt, erlaubte Erwachsenen-Pornografie. Freilich könne man  nicht immer sicher sein, wie alt jemand sei. „Im Zweifel melden wir es aber“, sagt Schloßbauer. 

So oder so: „Die Meldungen werden nicht weniger“, ergänzt Schloßbauer, die an jenem Tag auch den Jahresbericht 2022 vorgestellt hat. Zwar gab es mit 4021 gefundenen Meldungen weniger als etwa 2021 (rund 8.130), trotzdem seien die gefundenen Meldungen „weiterhin markant hoch“. Vor allem im langjährigen Vergleich. 

Zahlen seit 2020 explodiert 

Stopline feiert heuer sein 25-jähriges Jubiläum. Waren es 2010 zum Beispiel noch rund 5000 Meldungen im Jahr, sind diese seit 2020 regelrecht explodiert: mit rund 27.000 Meldungen (2020), 43.500 (2021), 33.600 (2022) und heuer bis jetzt 18.700. Wobei ein minimaler Bruchteil (zirka ein Prozent) in der Regel zu NS-Wiederbetätigung ist. Diesen Bereich deckt Stopline nämlich auch ab.

Nur ein Bruchteil der Meldungen ist freilich illegal. Im Jahr 2022 waren es insgesamt 12 Prozent. Der Rest teilte sich auf rund 50 Prozent Erwachsenen-Pornografie auf, rund 23 Prozent konnten nicht bearbeitet werden (weil die Webseiten nicht erreicht werden konnten oder nicht auffindbar oder schon gelöscht wurden), bei rund 17 Prozent handelte es sich um anderen Inhalte (ja, auch Reiseangebote werden Stopline gemeldet).

Stopline meldet, die Polizei ermittelt

Ist das gefundene Material strafrechtlich relevant meldet es Stopline entweder an die Partner-Organisationen im Ausland oder an die heimische Polizei. Je nachdem wo das Material gehostet ist. Sollte es in Österreich liegen, wird auch der heimische Provider informiert. Diese hätten laut Schloßbauer das Material bis jetzt in „100 Prozent der Fälle“ sofort gelöscht hat.

Das ist aber sehr, sehr selten notwendig. In nur 0,05 Prozent der Fälle handelt es sich um Missbrauchsdarstellungen, die auf heimischen Servern liegen. Im vergangenen Jahr waren es zwei.

Was freilich nicht heißt, dass Österreicher mit pädophilen Neigungen keine Missbrauchsdarstellungen ansehen. Nur, dass sie es auf Servern tun, die im Ausland liegen.

Viele illegale Inhalte in den Niederlanden

Liegt das Material im Ausland, übernimmt die Polizei vor Ort. Im vergangenen Jahr lag viel Material auf nordamerikanischen Servern. In Europa sind die Niederlande regelmäßig Spitzenreiter, wo so genannte  „Bulletproof-Provider“ angesiedelt sind, die sich weigern so eine Material zu löschen „oder es so lange wie möglich hinauszögern“, erzählt Schloßbauer. 

Für die Zukunft hofft Schloßbauer, dass die Meldestelle noch bekannter wird. Denn nur wenn Internetnutzer vermeintlich illegale Inhalte melden, könne Stopline aktiv werden und einen wichtigen Beitrag zu einem sicheren Internet für alle leisten. 

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