Felix Neureuther: Heimspiel des bayerischen Solisten

Felix Neureuther Heimspiel bayerischen
Felix Neureuther Heimspiel bayerischen(c) EPA (PETER KLAUNZER)
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Von Deutschlands kleiner Herrenmannschaft konnte man bisher bei der Weltmeisterschaft nicht allzu viel erwarten. Von Lokalmatador Felix Neureuther wird allerdings beim großen Finale eine Medaille verlangt.

Ein wenig anders haben sich die Deutschen das Abschneiden bei dieser alpinen Ski-WM schon vorgestellt. Hier ist nicht vom Damenteam die Rede, sondern vom angeblich starken Geschlecht, das in Garmisch-Partenkirchen allerdings schwächelte. Es fehlt an der Dichte, Weltmeister stellt man schon lange keine mehr, das letzte Edelmetall holte Florian Eckert 2001 in St. Anton. Er ergatterte Bronze in der Abfahrt, die Hannes Trinkl triumphal gewann. Später durfte man sich noch einmal Mannschaftsweltmeister nennen, dann war es aber mit der Herrlichkeit auch schon wieder vorbei.

Nicht nur die Österreicher müssen Verletzungspech beklagen, auch der Gastgeber blieb von Ausfällen nicht verschont, man denke nur an Stephan Keppler, stark in Gröden, in Wengen aber von den Beinen geholt. In einigen Rennen hat Alpindirektor Wolfgang Maier das Startkontingent nicht einmal ausgefüllt. Im Kombinationsbewerb war beispielsweise kein einziger DSV-Läufer am Start. Dafür hagelte es im deutschen Blätterwald auch Kritik, der Alpinchef aber verteidigt seine Entscheidung vehement. Er ist seit 2006 im Amt und hat sich zum Ziel gesetzt, die Latte höher zu legen. „Es kann nur das Leistungsprinzip geben, sonst kommen wir nicht weiter.“ Alles andere wäre eine Verwässerung der Tatsachen. „Ich habe jahrelang für diese Strategie gekämpft, ich kann doch nicht den eingeschlagenen Weg verlassen, nur weil wir eine Heim-WM haben.“

Die Kandahar-Piste war vielen jungen Athleten zu schwer. Andreas Sander ist gestürzt und zog sich eine Knieverletzung zu. Andere Nachwuchsfahrer wurden von Maier als Vorläufer ins Rennen geschickt. Talente, die im WM-Quartier beheimatet waren. „Sie sollten sehen“, so Wolfgang Maier, „wo es in der Weltspitze langgeht.“ Sie auf eine schwierige WM-Piste loszulassen, wäre kontraproduktiv gewesen, meint er. „Man würde jungen Menschen damit keinen Gefallen tun. Wir setzen sie nicht der Öffentlichkeit vor.“ Schlimm genug sei es schon gewesen, dass die Medien einen Florian Stechert zerrissen haben, weil er im Ziel einen Rückstand von fast fünf Sekunden hatte. „Ich kann und werde nicht den 378. der Weltrangliste einsetzen. Was wäre das denn für ein Signal?“

Im Riesentorlauf haben der Garmischer Fritz Dopfer und Stefan Luitz, erst 18, immerhin halbe Talentproben abgegeben. Jeder zumindest in einem Durchgang. Aber so ein Rennen besteht nun einmal aus zwei Läufen. Bis zur nächsten WM in Schladming 2013 werden sie es lernen, was es heißt, Hoffnungsträger zu sein.

Der große Auftritt der Herrenmannschaft aber steht noch bevor – als Finale dieser Weltmeisterschaft. Wobei man gar nicht von einem Team sprechen kann, es handelt sich eher um den mit Spannung erwarteten Start eines Solisten. Die Last liegt auf den Schultern von Felix Neureuther, der Lokalmatador soll die Sehnsucht der deutschen Skifans stillen. Daheim auf seinem Berg, den er schon im Alter von drei Jahren versucht hat, zu bezwingen.

Neureuther sorgt dafür, dass der heutige Slalom zum finalen Höhepunkt wird. Er selbst sprach zuletzt immer wieder von den wichtigsten Tagen in seiner Karriere. „Denn der Gudiberg, das ist mein Berg. Und wenn ich da oben am Start stehe, kann ich sogar mein Elternhaus sehen.“ Da kann man nicht mehr von Heimvorteil sprechen, das ist schon viel mehr. „Ich kenne hier jeden Maulwurfshügel.“ Hier in Garmisch-Partenkirchen, da fühlt er sich wohl, „das Skifahren daheim sorgt für ein ganz spezielles Gefühl“.

Die Erwartungen sind groß, sogar von Gold ist in Oberbayern die Rede, zumindest aber sollte es eine Medaille werden. Wie so oft ist die Kluft zwischen Anspruch und Wirklichkeit groß. Denn Felix Neureuther hat bisher in dieser Saison noch nicht wirklich überzeugen können. Aber er weiß, was zu tun ist, will man ganz oben stehen. Er hat es bereits in Kitzbühel geschafft – und in Garmisch-Partenkirchen. Sein Trainer glaubt an ihn. „Der Felix ist fokussiert, aber nicht verkrampft“, sagt Manfred Widauer.

An Selbstvertrauen mangelt es Neureuther nicht, nicht einmal das schwache Abschneiden im Riesentorlauf (nur Rang 34) wirft ihn aus der Bahn. Trainiert habe er in den vergangenen Wochen wie in seinen besten Tagen, auf der Reiteralm und in Innerkrems hat er sich in WM-Form geschwungen. Den letzten Schliff holte er sich am Samstag in Bad Wiessee. Abseits des WM-Trubels in seiner Heimatstadt.

„Der Slalom“, sagt Felix Neureuther er, „wird etwas Einmaliges.“ So lange habe er auf diesen einen Tag gewartet, „jetzt will ich ihn auch genießen und Spaß haben. Das wird das Schönste und Größte, was man als Spitzensportler erleben darf.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.02.2011)

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