Tschernobyl-Kundgebung: Buhlen um Atomkraftgegner

Tschernobyl-Kundgebung: Buhlen um Atomkraftgegner
Tschernobyl-Kundgebung: Buhlen um Atomkraftgegner SP-Kanzler Werner Faymann und Grünen-Sprecherin Eva Glawischnig bei der Anti-Atom-Kundgebung am Ostermontag (c) APA (Herbert Pfarrhofer)
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Die Veranstaltung von Global 2000 war fest in Hand der Sozialdemokraten. Die Grünen wurden geduldet, von der ÖVP durften nicht einmal Minister auf die Bühne.

Wien/awe/ett. Es war die größte – von der Umweltorganisation Global 2000 organisierte – Tschernobyl-Gedenkveranstaltung des Landes, die am Montagabend auf dem Wiener Stephansplatz über die Bühne ging. Und was „Global“-Chef Klaus Kastenhofer vor der bunten Mischung aus 500 Zuhörern und noch einmal so vielen Städtetouristen, die eher zufällig hierher gerieten, als „überparteiliche Initiative“ beschrieb, war in Wahrheit ein vorgezogener – wenn auch kleiner – 1. Mai. Das Rennen um die Stimmen der Atomkraftgegner ist in vollem Gang.

„Profitgier der Atomlobby“

Rot war die dominierende Farbe. Die halbe SPÖ-Regierungsmannschaft, Mitglieder von ÖGB- und Parteispitze sowie zahlreiche Bezirks- und Landesgruppen beklatschten lautstark den Auftritt von Bundeskanzler Werner Faymann, der versprach, im Rahmen des Möglichen gegen „Spekulantentum und Profitgier der Atomlobby“ aufzutreten. Unausgesprochener Nebensatz: Soweit Österreich für die Entscheidung ausländischer AKW-Betreiber überhaupt zuständig ist. Die EU hatte diesen Punkt zuletzt unmissverständlich angesprochen.

Berlakovich durfte nicht reden

Die Grünen, immerhin Mitveranstalter, waren mit Eva Glawischnig als Rednerin eher geduldet. ÖVP-Umweltminister Nikolaus Berlakovich nicht einmal das. Obwohl man ihn noch am Sonntag nachträglich auf die Rednerliste gesetzt hatte, kam am Montag die Absage. Der ÖVP-Minister war plötzlich nur noch als Besucher erwünscht. Berlakovich schlug die Einladung aus, überließ der SPÖ das Feld.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 26. April 2011)

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