Viele Wahlsieger - aber nur ein wirklicher Gewinner

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Die roten Studenten retten sich bei den ÖH-Wahlen aus dem Tief. Die ÖVP-nahe AG und die liberalen Julis gewinnen, die grüne Gras verliert.

Es war zwei Uhr in der Früh, als die Studierendenvertreter endlich Gewissheit hatten und das Endergebnis der ÖH-Wahl feststand. Als die Wahlergebnisse der letzten Uni einlangten, war klar: Als Wahlsieger fühlten sich – zumindest im Auftreten gegenüber den Medien – am gestrigen Freitag viele Fraktionen.

Die Aktionsgemeinschaft (AG), da man wie schon bei den letzten beiden Wahlen stimmenstärkste Fraktion wurde; die grünen Studenten der Gras, da die Wahlbeteiligung gestiegen war. Und natürlich die liberalen Studenten (JuLis), die von null auf drei Mandate kamen. Dabei hatte nur eine Fraktion wirklich Grund zum Jubeln: Der Verband Sozialistischer StudentInnen.

Obwohl weiterhin mandatsmäßig nur viertstärkste Fraktion, konnte keine andere wahlwerbende Gruppe einen derartigen Anstieg an Mandaten verzeichnen. Bei der letzten Wahl wurde der VSStÖ noch zur Kleinfraktion – mit nur acht Mandaten – degradiert. Nun haben die roten Studentenvertreter wieder an die ÖH-Großfraktionen angeschlossen und liegen mit zwölf Mandaten derzeit nur noch zwei hinter den grünen Studenten der Gras.

Mit 17,5Prozent verzeichnete der VSStÖ ein Plus von 2,7Prozentpunkten (siehe Grafik). Vom Höchstwert der letzten zehn Jahre (21,5Prozent) bleiben sie dennoch weit entfernt. An elf der 15Unis, an denen der VSStÖ kandidiert hatte, konnte er Stimmenzuwächse verzeichnen. Den größten Stimmenausbau erreichten sie an der Medizin-Uni Graz. Bereits 2009 war der VSStÖ dort stimmenstärkste Fraktion, mit einem Plus von 21,26Prozent konnte man sich hier die absolute Mehrheit sichern. Auch an der Med-Uni Innsbruck konnten die roten Studenten punkten. 2009 nicht angetreten, konnten sie auf Anhieb 16,3Prozent erreichen. Für die neue Spitzenkandidatin Angelika Gruber nicht nur eine Überraschung – sondern auch die Bestätigung dafür, dass ihre intensive Wahlkampagne gefruchtet hat.

Gras: Wahlbeteiligung ist Erfolg

Obwohl sich die grünen Studenten der Gras selbst nicht zu den Verlierern zählen, war für sie das Ergebnis am enttäuschendsten. Denn die Zugewinne der roten Studentenvertreter kosteten vor allem sie wertvolle Stimmen. Anstatt des erhofften ersten Platzes haben die Gras-Funktionäre sogar ein Mandat verloren und sind damit nur drittstärkste Fraktion im Studierendenparlament. An acht der 12Unis, an denen sich die Gras der Wahl stellte, verlor sie an Stimmanteilen. Besonders eklatant waren die Verluste an der Uni Klagenfurt und der Uni Innsbruck, mit einem Minus von zehn bzw. neun Prozentpunkten. Spitzenkandidatin Janine Wulz wollte sich dennoch nicht geschlagen geben: Für sie war die um 2,7Prozentpunkte gestiegene Wahlbeteiligung (28,5 Prozent) ein Indiz für die „großartige Arbeit“, die von der ÖH unter dem Gras-Vorsitz geleistet wurde. Dass sie davon nicht profitieren konnte, trübte die Stimmung dennoch.

AG bleibt an der Spitze

Auch beim eigentlichen Wahlsieger, der ÖVP-nahen Aktionsgemeinschaft, ist nur bedingt Freude aufgekommen. Mit 30,8Prozent liegt sie zwar klar vor den zweitplatzierten Fachschaftslisten (FLÖ), verlor aber dennoch 2,5Prozentpunkte. Trotz prozentueller Verluste konnte die AG – aufgrund der steigenden Studierendenzahl und der damit höheren Anzahl an Mandaten – in der ÖH-Bundesvertretung einen Sitz hinzugewinnen. Mit 23 von insgesamt 96Mandaten ist die AG aber dennoch weit von einer erhofften absoluten Mehrheit entfernt. Schon im Vorfeld angekündigt, mangelt es der AG an Koalitionspartnern. Nicht nur die Gras, sondern auch der VSStÖ schließt die AG als Regierungspartner aus. Einzig die FLÖ und die Julis halten eine Zusammenarbeit für möglich. Für Letztere war der Abend von Erfolg gekrönt. Ein Plus von drei Mandaten war für die Julis, die sich mit der Forderung nach Studiengebühren abhoben, überraschend.

Eine Zusammenarbeit zwischen der AG und den Julis wird es in den kommenden zwei Jahren aber dennoch nicht geben. Denn um eine stabile Mehrheit zu erlangen, werden mindestens drei Fraktionen koalieren müssen. Nachdem das Studierendenparlament heuer mit 96Mandaten Rekordausmaße annimmt, wird die bereits früher schwierige Koalitionsfindung noch komplizierter. Weder die AG und die liberalen Julis erreichen die erforderlichen 49Sitze in der Bundesvertretung noch eine grün-rote Koalition.

Schon am Wahlabend wurde deshalb vor allem über eine Koalitionsvariante spekuliert: Eine Zusammenarbeit zwischen den Fachschaftslisten, Gras und VSStÖ (mit Stützung der Fachhochschul-Fraktionen). Die FH-Vertreter waren auch schon 2009 das Zünglein an der Waage. Denn immerhin stehen allein den großen Fachhochschulen 16Mandate zur Verfügung. Sie wählen erst bis zum 10.Juni.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.05.2011)

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