„Unis sollen über die Vergabe von Studienplätzen frei entscheiden“

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Spitzenkandidatin Claudia Gamon über die Gründe für den Erfolg der Jungen Liberalen bei der ÖH-Wahl und eine mögliche Alternative zu den „ineffizienten“ schwarz-blauen Studiengebühren.

Die Presse: Die JuLis zählen mit einem Zugewinn von drei Mandaten zu den großen Siegern bei der ÖH-Wahl. Woher rührt der Erfolg? War es die Forderung nach Studiengebühren, die Sie als Einzige erhoben haben?

Claudia Gamon: Wir haben mit einem motivierten Team einen tollen Wahlkampf geführt. Und wir haben das Thema der Studiengebühren gut aufgegriffen. Keine andere Fraktion hat sich getraut, das anzusprechen. Die Studenten wollten aber darüber diskutieren. Es gibt viele, die Gebühren als sinnvoll erachten. Zudem hat die Audimax-Besetzung sicher dazu beigetragen, dass viele wählen gegangen sind, die zeigen wollten, dass eine linke ÖH-Führung nicht unbedingt alle Studenten repräsentiert.

Sie selbst haben sich an den Uni-Besetzungen demnach nicht beteiligt.

Ich fand den Spirit der Studenten, endlich etwas bewegen zu wollen, gut. Wie die Proteste abgelaufen sind, hat dem Ganzen aber einen üblen Beigeschmack gegeben.

Zurück zu den Studiengebühren: Wie soll das Modell aussehen?

Die ineffizienten schwarz-blauen Studiengebühren wollen wir nicht zurück. Wir halten uns in den Grundzügen an das australische Modell mit nachgelagerten Studiengebühren. Wer es sich leisten kann, zahlt die Gebühren während des Studiums. Alle anderen haben ein Recht auf ein Bildungsdarlehen. Wer im Berufsleben eine gewisse Einkommensgrenze überschreitet, muss es zurückzahlen. Für alle anderen gibt es eine staatliche Ausfallshaftung.

Wie hoch könnten die Gebühren sein?

Sie sollten zehn bis 30 Prozent der Studienkosten abdecken, was zwischen 500 und 2000 Euro ausmachen könnte. Es soll den Unis freistehen, wie hoch sie die Gebühren innerhalb dieses Rahmens festlegen. Zusätzlich muss es den Unis freistehen, darüber zu entscheiden, wie sie die Gelder verwenden. So kann eine Uni auch Gelder über Stipendien an Studenten zurückgeben.

Viele sagen, dass Studiengebühren Jugendliche aus ärmeren Familien um ihre Bildungschancen bringen.

Nachgelagerte Gebühren hindern niemanden am Studieren. Für Studenten, die sich ihren Lebensunterhalt nicht selbst finanzieren können, braucht es natürlich ausreichende Sozialstipendien.


Wie viel Geld benötigt ein Student Ihrer Ansicht nach zum Leben?

Wenn er 800 Euro im Monat zur Verfügung hat, sollte das reichen. Die meisten Leute, die ich kenne, kommen damit gut aus.

Jugendliche aus bildungsnahen Familien sind an den Unis um das 2,6-Fache überrepräsentiert.

Das hat seinen Ursprung im Schulbereich. Viele Potenziale bleiben ungenützt, da in Österreich die Eltern für ihre zehnjährigen Kinder entscheiden, wie ihre Bildungskarriere weitergeht.

Sie fordern Zugangsbeschränkungen...

Wir brauchen mehr Uni-Autonomie. Die Rektoren müssen frei entscheiden dürfen, wie sie die Plätze verteilen. Es geht nicht darum, die Studenten am Studium zu hindern. Aber darum, die Plätze, die man hat, fair zu vergeben.


Was bedeutet „liberal“ für Sie?

Es geht um Eigenverantwortung und darum, das Individuum in den Mittelpunkt zu stellen. Der Liberalismus hatte es schwer in Österreich. Dass es mit dem Liberalen Forum eine linksliberale Partei gegeben hat, die aus einer rechten Partei entstanden ist, ist so skurril, dass man es dem Liberalismus ja kaum übel nehmen kann, dass er einen schlechten Ruf hat. Ich hoffe, die Menschen sind mittlerweile für echten Liberalismus bereit.

Zur Person

Claudia Gamon war das Gesicht der Jungen Liberalen (JuLis) bei der ÖH-Wahl. Die 22-jährige Vorarlbergerin studiert Internationale Betriebswirtschaft an der WU Wien. Sie machte mit der Forderung nach Studiengebühren und dem Slogan „Wer zahlt, schafft an“ auf sich aufmerksam. Den Jungen Liberalen sicherte das den Einzug ins Studierendenparlament.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 30.05.2011)

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