Moody's droht den USA mit Herabstufung. Bei den Verhandlungen zwischen Republikanern und Demokraten liegen die Nerven blank.
Der politische Streit über die Erhöhung der US-Schuldengrenze hat erneut an Dramatik zugelegt. Am Mittwoch drohte die amerikanische Ratingagentur Moody's dem Land wegen des Konfliktes mit der Aberkennung seiner Topbonität. Die Bestnote "Aaa" für die US-Staatsanleihen stehe infrage. Die Gefahr, dass die USA zumindest kurzfristig ihre Zinsen auf aufgenommene Schulden nicht mehr zahlen könnten, sei weiter gering, aber nicht mehr länger vernachlässigbar.
Angesichts dessen liegen die Nerven mittlerweile anscheinend blank. Der Präsident habe gesagt, genug sei genug und die jüngste Gesprächsrunde über die Erhöhung der Schuldengrenze abrupt verlassen, verlautete aus Reihen der Republikaner. Obama habe erklärt, er werde nicht weiter nachgeben, auch wenn er seine Präsidentschaft riskiere.
Ein ranghoher Berater Obamas sagte dazu, der Fraktionschef der Republikaner im Repräsentantenhaus, Eric Cantor, habe sich in den Gesprächen wie ein Kind benommen, den Präsidenten mehrfach unterbrochen und mit seiner Darstellung über den Verlauf der Gespräche völlig übertrieben. Sein Parteikollege, der Präsident des Repräsentantenhauses John Boehner, solle Cantor zügeln und dafür sorgen, dass "die Erwachsenen ihre Arbeit machen können".
Die "Washington Post" berichtete unter Berufung auf einen Demokraten, dass Obama nicht aus dem Verhandlungsraum gestürmt sei. Vielmehr habe der Präsident das Treffen nach fast zwei Stunden ohnehin beenden wollen, als Cantor einen bereits mehrfach diskutierten Vorschlag erneut vorgebracht habe. Daraufhin habe ein "genervter" Obama den Beteiligten gesagt, am Donnerstag wiederzukommen, und den Raum verlassen.
Einsparungen im Sozialbereich
Das demokratische Obama-Lager macht von der Opposition, die im Repräsentantenhaus aber die Mehrheit hat, geforderte massive Einsparungen auch im Sozialbereich von Steuererhöhungen für Reiche abhängig. Die Republikaner lehnen aber jegliche Abgabenerhöhungen ab.
Der politische Stillstand erhöht laut Moody's die Gefahr, dass die Schuldengrenze nicht rechtzeitig zum 2. August angehoben werden kann. Sollte es bis Mitte Juli keine Entscheidung geben, werde es daher zu einer Überprüfung des Ratings kommen. "Ein tatsächlicher Zahlungsausfall, egal von welcher Dauer, würde die Beurteilung Moody's über die Pünktlichkeit künftiger Zahlungen fundamental verändern", warnte die Agentur. Die Note "Aaa" wäre nicht länger angemessen.
"Wichtiger Warnschuss"
Auch US-Staatsunternehmen könnten von einer Aberkennung des Topratings betroffen sein, darunter etwa die Hypothekenfinanzierer Fannie Mae und Freddie Mac. Das Finanzministerium bezeichnete die Entscheidung Moody's als wichtigen Warnschuss. "Es ist eine rechtzeitige Erinnerung für den Kongress, sich schnell zu bewegen", sagte der zuständige Staatssekretär Jeffrey Goldstein. Im Falle dass sich Demokraten und Republikaner nicht rechtzeitig einigen würde ein solcher "Super-GAU" in der Schuldenkrise der größten Wirtschaftsmacht die Finanzmärkte weltweit erschüttern.
Zuvor hatte US-Notenbankchef Ben Bernanke eine Anhebung der Schuldengrenze gefordert. "Ein Kreditausfall könnte eine große Krise verursachen", sagte Bernanke bei einer Kongressanhörung. Schockwellen für das Finanzsystem wären die Folge. Die Haushaltssituation der USA sei nicht tragbar und müsse ernsthaft angegangen werden.
Im Frühjahr hatten bereits mehrere Rating-Agenturen den USA mit einer Herabstufung gedroht. Moody's signalisierte nun jedoch als erste, dass diese unmittelbar bevorstehen könnte, indem sie die Note auf "review for possible downgrade" stufte. Für die Finanzmärkte kam dies offenbar überraschend. Der Dollar reagierte mit deutlichen Verlusten, der Euro legte innerhalb von Sekunden einen halben Cent zu. Der US-Aktienmarkt war zum Zeitpunkt der Ankündigung jedoch bereits geschlossen.
(APA)