Analysten haben auf Basis der Daten des Bankenstresstests nachgerechnet: Geht man von einem teilweisen Ausfall griechischer und portugiesischer Anleihen aus, brauchen die Banken zehnmal mehr Geld als vermutet.
London/Frankfurt/Reuters/Bloomberg. Der Stresstest der 91 wichtigsten europäischen Banken, dessen Ergebnisse am Freitagabend bekannt gegeben wurden, konnte die Märkte am Montag nicht beruhigen. Bankaktien gaben auf breiter Front nach. „Der Stresstest ist von der Aktualität überholt worden“, sagte Michael Rohr von Silvia Quandt Research.
Viele Investmentbanken sind der Ansicht, dass die Folgen der Krise nur langsam und bruchstückhaft in der Belastungsprobe berücksichtigt würden. Sie haben auf Basis der Daten des Bankenstresstests eigene Berechnungen angestellt und kommen dabei auf einen Kapitalbedarf, der mindestens zehn Mal so hoch ist wie die von den Bankenaufsehern ermittelten 2,5 Milliarden Euro.
Die Banken hatten im Stresstest alle Staatsanleihenbestände nach Land und Laufzeit auflisten müssen. Europas Banken hielten Ende 2010 knapp 98,2 Mrd. Euro an griechischen Staatsanleihen, zwei Drittel davon entfielen auf Institute im eigenen Land. Fast zwei Drittel der irischen Bonds im Volumen von 52,7 Mrd. Euro liegen bei Banken des Landes, in Portugal ist das Verhältnis ähnlich.
Österreicher: 4,5 Mrd. Euro Bedarf
Dass vier von sechs griechischen Banken den Stresstest bestanden hätten, zeige, dass die Abschläge auf diese Staatspapiere zu gering gewesen seien, meinte Analystin Tania Gold von Unicredit. Die Piraeus Bank sei nur dank der Vorzugsaktien durchgekommen, die der Not leidende Staat selbst gezeichnet hat. Legt man Verluste von 40Prozent bei griechischen und je 25Prozent bei irischen und portugiesischen Anleihen zugrunde, ergibt sich eine Kapitallücke von 45 Mrd. Euro.
Die US-Großbank Morgan Stanley kommt auf 40 bis 64 Mrd. Euro. Bei einem eigenen Stresstest von JP Morgan fielen 20 von 27 untersuchten Banken durch. Sie haben einen Kapitalbedarf von 80 Mrd. Euro: 25 Mrd. entfallen auf britische, 20 Mrd. auf französische, 14 Mrd. Euro auf deutsche, neun Mrd. Euro auf italienische, je vier Mrd. Euro auf spanische und portugiesische und 4,5 Mrd. Euro auf österreichische Institute.
Unicredit hält auch die im Test angenommenen Abschläge auf die Immobilienfinanzierungen spanischer Banken für zu niedrig.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.07.2011)