Töchterle: Kritik an „Permanentblockade“ der SPÖ

lockadeldquo BundesSPoe
lockadeldquo BundesSPoe(c) APA/HBF/REGINA AIGNER (HBF/REGINA AIGNER)
  • Drucken

Bei der Schulreform müsse auch die ÖVP mehr Gesprächsbereitschaft zeigen, so der Uni-Minister. Der Weisenrat für den Hochschulplan bestätige viele seiner Sichtweisen und Perspektiven.

Die Presse: Ihr Landsmann und ÖVP-Landeschef Günther Platter spricht sich für einen Numerus clausus aus und will den Abtausch mit der Gesamtschule, andere in der ÖVP wollen lieber Studiengebühren und beharren auf dem Gymnasium. Wie sehr erschwert es Ihre Arbeit, wenn die einheitliche Linie in der ÖVP-Uni-Politik bröckelt?

Karlheinz Töchterle: Ich sehe keine Erschwernis, sondern eher eine Erleichterung. Weil das Thema breit diskutiert wird. Ich sehe auch keine Diskrepanzen zwischen Günther Platter und mir. Auch er will keinen Numerus clausus im technischen Sinn – er meinte also keinen deutschen Numerus clausus, sondern Zugangsregelungen. Und diese will ich auch.

Die Expertenkommission, die für Sie Vorschläge zum Hochschulplan erarbeitet hat, weist darauf hin, dass bei der Uni-Reform die Zeit drängt. Es scheint aber nicht so, als wären ÖVP und SPÖ derzeit zu Lösungen fähig.

Das weise ich für mich und für die ÖVP zurück. Wir werden im Herbst Konzepte vorstellen. Was die SPÖ anlangt: Sie ist am Zug, ihre – ich muss es so hart sagen – Permanentblockade aufzugeben. Studierende in Alpbach haben mir gestern von ihren Problemen mit überfüllten Studien erzählt. Ich bin regelrecht in Wut geraten. Es ist unglaublich, was die SPÖ den Studierenden und Lehrenden zumutet, indem sie sich verweigert, die Unis ihre Kapazitäten leben zu lassen.

Sie sind als parteifreier, erfolgreicher Rektor in die Regierung gekommen. Haben Sie sich erhofft, mehr bewegen zu können? Sind es die Parteizentralen, die Lösungen verhindern?

Wo die wirklichen Blockierer in der SPÖ sitzen, kann ich nicht sagen. Ich kann Namen nennen: etwa den von Bundesgeschäftsführerin Laura Rudas. Von ihr höre ich ständig nur ein Nein. Obwohl es in der SPÖ bei vielen Verständnis für Zugangsregeln gibt. Jeder vernünftige Mensch versteht, dass es nicht anders funktionieren kann.

Was könnte man der SPÖ im Gegenzug anbieten, damit Bewegung in die Bildungsreform kommt?

Ich spreche nicht über einen Kuhhandel. Aber ich diskutiere etwaige Möglichkeiten oft in der ÖVP. Ich weiß, dass die Gesamtschule für viele ein Tabu ist. Aber auch in der ÖVP sehen viele, dass man im Bildungsbereich ab dem Kindergarten doch viel Verbesserungswürdiges findet.

Interpretiere ich Sie richtig, wenn ich sage, dass Sie sich durchaus vorstellen können, der SPÖ im Schulbereich entgegenzukommen, wenn diese einer Regelung des Uni-Zugangs zustimmt.

Wir diskutieren zu oft über Begriffe und nicht über die Sache. Da wünsche ich mir insgesamt, in allen Feldern der Bildungspolitik, noch mehr Gesprächsbereitschaft zu zeigen. Wir müssen aufhören, zu streiten.

Die Vorschläge des Weisenrats für den Hochschulplan klingen so, als könnten sie auch von Ihnen kommen.

Sie haben recht. Allzu viel Neues war für mich nicht dabei. Aber die Experten bestätigen viele meiner Sichtweisen und Perspektiven. Das ist viel wert. Handelt es sich doch um unabhängige, hochrangige Experten aus dem Ausland.

Zentraler Punkt im Konzept ist der FH-Ausbau. Die FH sollen 40 Prozent aller Studierenden stellen. Das geht sich budgetär nicht aus.

Es ist die Frage, ob es wirklich 40 Prozent sein können und müssen. Wir beginnen jedenfalls mit dem Ausbau. Durch die Offensivmittel, die jetzt an die FH gehen, können 1300 zusätzliche Plätze geschaffen werden. In Zukunft müssen wir auch Länder und andere Partner noch stärker einbinden. Die Experten fordern auch bessere Lehrende, das kostet Zeit und Geld.

Es sieht nicht so aus, als bekämen Sie in nächster Zeit mehr Budget von Finanzministerin Maria Fekter (ÖVP).

Ab 2013 hoffe ich auf mehr Geld. Es gibt Signale. Maria Fekter hat erklärt, dass Bildung, Wissenschaft und Forschung vom Konsolidierungskurs ausgenommen sind.

Wann stellen Sie das Konzept zur Studienplatzfinanzierung vor, das Sie laut Rektoren in der Schublade haben?

Anders als Sie mir zuletzt schon vorgeworfen haben, liegt es nicht daran, dass ich mich nicht „traue“. Das Konzept ist noch nicht fertig. Es geht um mehr als nur eine Studienplatzfinanzierung. Es ist eine kapazitätenorientierte Universitätenfinanzierung, die auch die Bereiche Forschung und Infrastruktur umfasst. Diese beiden Teile sind noch in Arbeit.

Der künftige Uni-Wien-Chef, Heinz Engl, sagt, alleine für die Lehre bräuchten die Unis 900 Millionen Euro zusätzlich. Stimmt dieser Betrag?

Es ist fragwürdig, solche Summen einfach zu nennen – wohl wissend, dass es unmöglich ist, solche Zahlen je zu erreichen. Wenn wirklich so viel Geld fehlen würde, wären die Unis längst kollabiert. Auf 900 Mio. Euro komme ich dann, wenn ich alle Karteileichen und fast inaktiven Studenten voll mit einrechne.

Rektoren klagen, dass die Voranmeldung für Erstsemestrige keine bessere Planbarkeit bringt.

Das stimmt teilweise. Das Problem ist die Unverbindlichkeit im Uni-System. Wenn sich Studierende, weil es online so einfach geht, bei unzähligen Studienrichtungen anmelden, ist das nicht kooperativ.

ÖVP-Chef Michael Spindelegger will, dass Sie ein Konzept für gestaffelte Studiengebühren je nach Studienrichtung erarbeiten. Steht das Konzept?

Große Teile stehen. Was eine mögliche Obergrenze der Beiträge betrifft, habe ich immer wieder von 500 Euro pro Semester gesprochen.

Spindelegger will die Höhe der Gebühr auch von der Nachfrage nach Absolventen abhängig machen. Wer, wie Sie, Altphilologe werden will, für den wird es wohl künftig teuer.

Es geht vor allem darum, die Massenfächer zu entlasten. Dieses Problem hat die Altphilologie nicht. [Michaela Bruckberger]

Auf einen Blick

Der Hochschulplan soll neue Finanzierungsmodelle und neue Leitlinien für den tertiären Sektor bringen. So sollen etwa die Profile von Unis und FH voneinander abgegrenzt werden. Am Dienstag präsentierte ein internationales Expertentrio diese Empfehlungen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 25.08.2011)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Politik

Kurz: „Eingangsphasen für jedes Studium“

Sebastian Kurz ist gegen Numerus clausus und Migrantenquote, aber für die Wehrpflicht. Im Arbeitsmarktservice soll künftig neben der Staatsbürgerschaft auch den Migrationshintergrund erfasst.
SPoe bleibt hart Weiter
Hochschule

SPÖ bleibt hart: Weiter gegen Studiengebühren

Das Geld soll stattdessen durch Ausgleichszahlungen aus Deutschland kommen, so SPÖ-Bundgesgeschäftsführerin Rudas. Die Probleme überlaufener Studien relativiert sie.
Hochschule

Länder wollen nicht mehr Geld in Unis stecken

Salzburgs Landeshauptfrau Burgstaller warnt vor einer Verlagerung der Finanzierung zu den Ländern. Außerdem sei unklar, wer den Ausbau der Fachhochschulen bezahlen soll. Studiengebühren fordert sie weiterhin.
Hochschule

Hochschulplan: Weisenrat für 40 Prozent FH-Studenten

Das Expertentrio empfiehlt Studiengebühren und Zugangsregelungen bei überlaufenen Studien. Für Privat-Unis empfehlen sie Einschränkungen. Abwarten würde zu einem „Abrutschen in die Mittelmäßigkeit“ führen.
Hochschule

Unis stärker über Leistungsvereinbarungen steuern

Die Steuerung des Uni-Systems läuft in Österreich nicht optimal, sagt der deutsche Hochschulplan-Experte Eberhard Menzel. Die Fachhochschulen sieht er dagegen als „Erfolgsstory“, die man weiter ausbauen soll.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.