Ein Land sucht 1000 verschwundene Eisenbahnwaggons. Vermutlich wurden sie als Altmetall verkauft.
Belgrad/Sofia/ros. Als „technisch bankrott" werden Bulgariens Eisenbahnen angesichts eines Schuldenbergs von 394 Mio. Euro mittlerweile selbst vom Transportministerium erklärt. Und auch die vermeintliche Habenseite nimmt sich mittlerweile bescheidener aus als gedacht: Von den gelisteten 11.000 Güterwaggons, die meist auf Abstellgleisen vor sich hin rosten, sollen rund tausend „verschwunden" sein.
Der zuständige Minister vermutet „korrupte Praktiken" hinter dem Schwund. Eine andere Erklärung hat Finanzminister Simeon Djankow: Hunderte Waggons, die in den 90er-Jahren während des UN-Embargos gegen Serbien zum Güter- und Treibstoffschmuggel benutzt wurden, seien im Nachbarland verblieben. Dass beim Empfang von Schmuggelware auch das Transportmittel einbehalten wird, scheint aber eine eher ungewöhnliche Geschäftspraxis.
In Bulgariens Öffentlichkeit wird denn auch eher angenommen, dass die Waggons im eigenen Land von kriminellen Gangs unter den Augen korrupter Beamter demontiert - und als Altmetall an Schrotthändler verkauft wurden.
Immerhin: Für ihre wie vom Erdboden verschluckten Transportmittel hätten Bulgariens Eisenbahnen angesichts sinkender Umschlagmengen derzeit ohnehin keine Verwendung. Von der EU als „schlechtestes Bahnsystem in Mittel- und Osteuropa" qualifiziert, plagen sie ganz andere Probleme. Wegen ausbleibender Ratenzahlungen fordert die deutsche Förderbank KfW 50 Leasing-Lokomotiven und -Elektrozüge zurück: Die Siemens-Züge gelten als die einzigen modernen Schienenfahrzeuge Bulgariens. So sie nicht schon verschwunden sind.