"EdieundMarie": Das Restaurant für Selbermacher

EdieundMarie Restaurant fuer Selbermacher
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Wer sich schon immer für einen verkannten Spitzenkoch hielt, kann seine Künste in dem Restaurant "EdieundMarie" in Wien unter Beweis stellen. Denn dort dürfen auch Gäste kochen.

In der vielfältigen Welt der Wiener Gastronomie ist es nicht leicht, frische Akzente zu setzen und mit einer Idee aufzuwarten, die tatsächlich neu ist – Barbara Reumüller ist es dennoch gelungen. Nach einem dreiwöchigen Testbetrieb eröffnete sie vor wenigen Tagen in der Großen Neugasse, einer Seitengasse der Margaretenstraße in Wieden, das Lokal „EdieundMarie“ (www.facebook.com/EdieundMarie) – und das Konzept ist wahrlich außergewöhnlich.

„In unserer Bar sind leidenschaftliche Hobbyköche eingeladen, ihre Erfahrungen aus aller Welt einzubringen und an speziellen Themenabenden die Gäste auf lukullische Ausflüge mitzunehmen“, schwärmt die 47-jährige Cineastin und Kulturveranstalterin, die etwa das „identities – Queer Film Festival“ organisiert. Wie das konkret funktioniert? „Sagen wir, Sie sind gerade aus einem Thailandurlaub zurückgekommen und haben jede Menge neue Rezepte im Gepäck. Sie kommen zu uns und stellen Ihr Menü für einen Abend vor – nach Möglichkeit bestehend aus einer Suppe, ein oder zwei Hauptgängen, Salat und einer Süßspeise“, beschreibt Reumüller die Vorgehensweise. „Wenn sich der Vorschlag vielversprechend anhört und wir schon beim Zuhören Appetit bekommen, vereinbaren wir sobald wie möglich einen Tag, an dem Sie einen Abend lang Chefkoch sein können.

Das Restaurant besorgt sämtliche Zutaten und behält alle Einnahmen, die Hobbyköche werden branchenüblich bezahlt. „Mir ist wichtig, dass die Leute das Gesamtkonzept unserer Location verstehen und mitgestalten“, sagt die Weltenbummlerin, die schon in den USA, Italien, England und Deutschland gelebt hat. Die Küche mit Erlebnisreisen in verschiedene Kontinente sei aber nur ein Teil davon. „Genauso wichtig sind die Musik, das Motto des Abends und die ausgewählten, von uns akribisch getesteten Getränke – vor allem spezielle Softdrinks wie Ginger Beer und Rosenlimonade, exotische Cocktails und eine kleine, wechselnde Auswahl an Weinen und Whiskysorten.“

Dabei seien der Fantasie keine Grenzen gesetzt. „Demnächst wird es beispielsweise eine italienische Nacht mit entsprechender Küche und Musik geben, weil gerade eine Komödie aus dem „Bunga-Bunga“-Land im Schikaneder-Kino gezeigt wird.“


New York, Berlin als Vorbild. Am heutigen Sonntag habe sich bereits die „Guerilla Bakery“ angekündigt, die den Gästen zwischen 14 und 17 Uhr selbst gemachte Süßigkeiten anbieten und Zimt und Zuckerduft versprühen wird. In den kommenden Wochen – das Lokal hat jeden Freitag ab 18 Uhr und an ausgewählten Tagen geöffnet – stünden außerdem Abende mit mexikanischer, niederländischer, indischer und vegetarischer Küche auf dem Programm. „Mein Ziel war es, ein Lokal zu betreiben, in das ich selbst gern jeden Tag auf einen Drink oder eine gute Mahlzeit gehen würde“, so Reumüller. „Ein Ort, der weltoffene Vielfalt bietet und in dem sich am Kulturleben interessierte Leute ungezwungen miteinander unterhalten, obwohl sie einander gar nicht kennen.“ In Berlin und New York seien Lokale dieser Art nichts Außergewöhnliches, aber in Wien kenne sie keines. „Daher haben wir kurzerhand beschlossen, selbst eines zu eröffnen und nach zwei guten Freunden zu benennen – sozusagen als Glücksbringer.“

Und das Konzept komme an, es gebe jede Menge Anfragen. Bedenken, das Projekt könnte nicht funktionieren, habe sie naturgemäß auch, aber sie hielten sich in Grenzen. „Man hat mir schon von vielen Projekten im Vorfeld abgeraten“, sagt Reumüller. „Aber bisher hat es noch immer geklappt. Wieso sollte es diesmal anders sein?“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.11.2011)

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