Ungarn signalisiert Bereitschaft zu Kurswechsel

Der ungarische Außenminister Janos Martonyi.
Der ungarische Außenminister Janos Martonyi.(c) REUTERS (LASZLO BALOGH)
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Die Regierung in Budapest könnte nun doch über das von IWF und EU kritisierte Notenbankgesetz verhandeln.

Angesichts seiner großen Finanznot hat Ungarn einen Kurswechsel in Aussicht gestellt. Das von einer Staatspleite bedrohte Land signalisierte nun doch, über das von der EU und dem Internationalen Währungsfonds (IWF) kritisierte neue Notenbank-Gesetz zu verhandeln. "Wir sind zu Diskussionen bereit", sagte der ungarische Außenminister Janos Martonyi der Pariser Tageszeitung "Le Figaro" (Samstag). "Auch (zu Diskussionen) über das am häufigsten erwähnte Problem: das Gesetz über die Zentralbank."

Wegen seiner wirtschaftlichen Schwierigkeiten bemüht sich Ungarn seit November um einen neuen Kredit des Internationalen Währungsfonds (IWF) und der EU. Die beiden Institutionen wollen aber vorerst keine offiziellen Verhandlungen mit der Regierung des rechts-konservativen Ministerpräsidenten Viktor Orban aufnehmen, so lange diese nicht ihre umstrittene Politik ändert. IWF und EU sehen die Unabhängigkeit der ungarischen Nationalbank gefährdet.

Der für die IWF-Verhandlungen zuständige ressortfreie Minister Tamas Fellegi will am Mittwoch zu informellen Gesprächen mit dem IWF nach Washington reisen. Dabei soll sondiert werden, inwieweit Budapest zu einem Kurswechsel bereit ist.

Auf Ramsch-Niveau

Die finanzielle Lage des EU-Landes hatte sich in den vergangenen Wochen dramatisch verschärft. Am Freitag stufte als letzte der drei großen Ratingagenturen auch Fitch die Kreditwürdigkeit Ungarns auf Ramsch-Niveau herab. Das Land kämpft außerdem mit dem Verfall der nationalen Währung Forint und hohen Aufschlägen bei der Kreditbeschaffung auf den freien Märkten.

Die Regierung Orban hatte - gegen den ausdrücklichen Rat von IWF und EU - die Unabhängigkeit der Notenbank durch eine Gesetzesnovelle stark eingeschränkt. Demnach kann nun Orban einen weiteren Vize-Gouverneur der Nationalbank und zwei weitere Mitglieder ihres Monetärrates einsetzen. EU und IWF befürchten, dass die Regierung auf diese Weise direkten Einfluss auf die Notenbank nimmt, was gegen EU-Recht verstoßen würde. Außerdem eröffnet das neue Gesetz die Möglichkeit, die Nationalbank mit der Finanzmarktaufsicht zu fusionieren, um damit den von Orban wenig gelittenen Notenbank-Gouverneur Andras Simor zu entmachten.

Verfahren wegen Verletzung der EU-Verträge?

Brüssel hatte bereits angekündigt, möglicherweise ein Verfahren wegen Verletzung der EU-Verträge einzuleiten. Die EU-Kommission will sich am kommenden Mittwoch bei ihrer wöchentlichen Sitzung mit der umstrittenen Gesetzesreform in Ungarn befassen, wie ein Sprecher gesagt hatte. Ungarn drohen Sanktionen bis hin zum Entzug des Stimmrechts bei Treffen der EU-Regierungen.

"Wir haben 13 oder 14 Einwände (der Europäischen Zentralbank) berücksichtigt", sagte Außenminister Martonyi dem "Figaro" und fügte hinzu: "Aber unser Gesetzestext sagt immer noch, dass es drei statt zwei Vize-Gouverneure geben soll. Stellt das die Unabhängigkeit der Zentralbank infrage?"

(Ag.)

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