Wenn Franzosen die Wiener einkochen

David Schuster
David Schuster(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Delikatessen. Während französische Restaurants zusperren, wagen sich jetzt ein paar Feinkostläden an die schwierige Aufgabe, den Wienern das Französisch-Kochen – oder zumindest Schlemmen – beizubringen.

Wien. Dem Wiener die französische Küche näherzubringen, ist nicht gerade ein leichtes Unterfangen – was allein an der relativ geringen Anzahl französischer Restaurants deutlich wird. Zuletzt musste das Restaurant Salut, das als eines der Ersten die französische Mission versucht hat, zusperren – wenn auch vorerst nur wegen Umbauarbeiten.

Dass der Wiener aber selbst auch noch französisch kochen soll, scheint da noch ein schwierigeres Unterfangen zu sein. Fetter Brie, gewöhnungsbedürftige Froschschenkel und viel zu viel Rotwein, so lautet das gängige Vorurteil, wenn es um französische Delikatessen geht. Dennoch gibt es auch in Wien ein paar wenige Optimisten, die sich genau diese Vermittlung zur Aufgabe gemacht haben.

Kulinarische Kulturvermittlung

David Schuster zum Beispiel eröffnet am nächsten Dienstag seine französische Greißlerei namens „Un jour en France“ in Wien Mariahilf. Als Marketingexperte ist Schuster in der Kulinarik ein Quereinsteiger. Ganz fremd ist ihm die französische Küche aber nicht – immerhin ist er gebürtiger Franzose. „Ich will den Wienern diese große Lust an gutem Essen näherbringen. Man soll zumindest für einen Moment das Gefühl haben, dass man auf Urlaub ist.“
Die Idee für die Greißlerei entstand eigentlich aus einem Hobby. Auf privaten Reisen wurde stets der Kofferraum mit Delikatessen gefüllt, die Bestelllisten von Freunden wurden immer länger. Also hat Schuster sich dazu entschlossen, etwas Neues zu wagen.

In dem kleinen Geschäft in der Barnabitengasse verkauft er nun in Alkohol eingelegte Früchte – etwa  Clementinen in Wodka oder Himbeeren in Cognac –, Algennudeln, Fischterrine, Foie gras, bunte Patiencebäckerei oder Cola aus Korsika. Dazu gibt es rund 200 verschiedene Weine sowie Cidre, Champagner, Cognac und Calvados. Im hinteren Teil des Geschäfts sollen regelmäßig Verkostungen stattfinden. Denn Schuster ist sich bewusst, dass es bei diesem Thema wohl noch ein bisschen an Aufklärung bedarf.

Frischer Käse und Fischkonserven

Das wissen auch Anna und Christoph Heinrich, die im Herbst einen französischen Feinkostladen – laut Eigendefinition der Erste in Wien – inklusive Bistro eröffnet haben. In der Ferstelpassage in der Wiener Innenstadt verkauft das junge Paar im Beaulieu auch Frischware mit starkem Käse-schwerpunkt. Rund 50 verschiedene Sorten werden ebenso angeboten wie frisches Baguette, gesalzene Butter aus dem Butterfass, Süßes von Patissier Pierre Reboul, Champagner, Cremant, Weine und eine Vielzahl an Konserven. Vor allem bei Letzteren müssen die beiden viel Überzeugungsarbeit leisten. „In Frankreich etwa sind Konserven ganz normal, in Österreich gilt das schnell einmal als billig“, sagt Christoph Heinrich, der zuvor mit seiner Ehefrau den Feinkostladen Patzak am Nussdorfer Platz betrieben hat.

Dass sich die beiden mit diesem Konzept in die Innenstadt gewagt haben, hat in erster Linie mit den Räumlichkeiten zu tun. „Das war Zufall, wir haben davon gehört und uns das angeschaut. Eigentlich nur, um uns nicht vorwerfen zu müssen, es nicht angeschaut zu haben“, sagt Anna Heinrich, die ebenso wie ihr Gatte eine Sommelier-Ausbildung abgeschlossen hat. Beim Anblick der Räumlichkeiten auf zwei Etagen stand für beide rasch fest: Hier soll nicht nur verkauft, sondern auch gekocht werden. „Ein Laden alleine trägt sich auch nicht“, sagt Herr Heinrich.

Das Konzept ist aufgegangen, die Bistrotische sind stets gut besetzt. „So etwas hat hier gefehlt“, haben die Heinrichs nicht nur einmal gehört. Bei Skeptikern setzen auch sie auf Urlaubsassoziationen. Ein Käse aus der Provence verkauft sich eben besser als einer aus irgendeinem Dorf, meint Heinrich: „Das kennen die Leute einfach.“

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