Die Geheimnisträger der Oscar-Nacht: Wer ab Freitag die Gewinner kennt

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Nur zwei Menschen auf der Welt wissen vorab, wer am Sonntagabend im Kodak Theatre in Los Angeles einen Oscar gewinnt. Brad Oltmanns ist einer von ihnen. Wie sich das anfühlt? „Es macht Spaß, definitiv“.

Man würde meinen, es seien mehr. Dass „die Organisatoren“ in dieser oder jener Form Bescheid wüssten. Tatsächlich sind es nur zwei Menschen, die wissen, wer am Sonntagabend im Kodak Theatre in Los Angeles einen Oscar in Händen halten wird. Nur zwei Menschen weltweit, die wissen, wie über Filme, Gagen und Karrieren entschieden wird.

Das heißt, genau genommen wissen sie es auch noch nicht. Erst heute Abend werden in Los Angeles die Stimmen der knapp 5800 Mitglieder der „Academy of Motion Picture Arts and Sciences“ fertig ausgezählt sein. Dann liegen drei anstrengende Tage hinter Rick Rosas und Brad Oltmanns, jenen beiden Männern, die die Oberaufsicht haben. Beide sind im wirklichen Leben Partner in der Wirtschaftsprüfungskanzlei Pricewaterhouse-Coopers (PwC), die quasi für ein paar Tage im Jahr ins Showbusiness wechseln.

Dienstagabend, erklärt Oltmanns im Gespräch mit der „Presse“, mussten die Stimmzettel eingelangt sein; seit Mittwoch wird gezählt. An einem geheimen Ort, von sieben Uhr morgens bis spät in die Nacht, mit vier handverlesenen Mitarbeitern, die sich durch 24 Kategorien arbeiten – und überall nur einen Teil zu sehen bekommen. „Rick und ich sind die Einzigen, die am Ende wirklich das Ergebnis kennen.“

Wie sich das anfühlt? „Es macht Spaß, definitiv“, sagt Oltmanns. „Spaß, Teil einer so langen Tradition zu sein – unser Unternehmen zählt die Stimmen seit 78Jahren, mit uns hatten erst zwölf Menschen diesen Job. Und es macht Spaß, eine Information zu haben, auf die die ganze Welt wartet.“

Morgen, am Samstag, werden Oltmanns und Rosas diese Information an besagtem geheimen Ort auf Kärtchen drucken und in die Umschläge stecken. Dann fahren die beiden ins Kodak Theatre, um sich mit den Organisatoren der Oscar-Show zu besprechen. „Wir müssen wissen, wie sie choreografiert ist, damit wir genau wissen, wem wir was wann geben müssen. Gegen zwei Uhr fahren wir dann heim und entspannen uns.“

Am Sonntagnachmittag werden Oltmanns und Rosas von Fahrern daheim abgeholt und in Begleitung von einem abgestellten Polizisten zu ihren auf sie wartenden Aktentaschen gebracht, in denen zwei komplette Sets der berühmten Umschläge vorbereitet sind. Von dort geht es – auf getrennten Wegen – zum Ort des Geschehens. Die nächsten Stunden verbringen die beiden Herren im Blitzlichtgewitter auf dem roten Teppich. „Wir müssen immer lachen“, erzählt Oltmanns, „denn die Presse kennt uns natürlich – wir sind die zwei Typen mit den schwarzen Taschen.“ Die alle Gewinner sicherheitshalber aber auch auswendig wissen.


Eine Stunde vor der Show ziehen sich die beiden in den sogenannten Green Room zurück, wo sich Moderatoren und Laudatoren auf ihren Auftritt vorbereiten. „Dort“, sagt Oltmanns, „stechen wir ziemlich hervor. Weil wir die Einzigen sind, die noch nie in einem Kinofilm zu sehen waren. Und weil wir auf allen Fotos, die es später aus dem Backstagebereich gibt, ständig auf unsere Umschläge starren.“ Um 17.30Uhr Ortszeit nehmen sie hinter dem Vorhang Aufstellung – „und dort stehen wir dann die nächsten dreieinhalb Stunden“.

Favoriten, sagt Oltmanns, habe er keine. „Ich schaue mir nach der Nominierung alle Filme an, dann ist das Zählen lustiger. Aber ich kann allen etwas abgewinnen.“ Von den Siegern sei ihm vor allem Julia Roberts in Erinnerung geblieben. „Andere sind im Vorfeld sehr ernst, weil sie wissen, dass die Augen der Welt auf sie gerichtet sind. Julia Roberts war lustig, mit ihr konnte man ganz entspannt plaudern.“

Die Verleihung, sagt Oltmanns, beende er „mit einem Seufzer der Erleichterung“. Dann feiert er mit seiner Frau auf dem Governor's Ball, allerdings nur bis gegen Mitternacht. „Dann hatte ich genug der Aufregung für einen Tag.“

Die Oscar-Wahl

Die Oscars werden am Sonntag zum 84. Mal vergeben. Für Kritik sorgt die Zusammensetzung der Oscar-Akademie: Die „Los Angeles Times“ hat in neunmonatiger Recherche die Mitglieder ausfindig gemacht – im Durchschnitt sind sie 62Jahre alt, männlich und weiß. Ausgezählt werden die Stimmen von Rick Rosas und Brad Oltmanns, dem Vorsitzenden des globalen Führungsgremiums von PwC.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.02.2012)

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