"Die AUA ist so nicht überlebensfähig"

AUA-Präsident Stefan Lauer (zwischen Peter Malanik und Karsten Benz, r.: AUA-Boss Jaan Albrecht) weist den Weg.
AUA-Präsident Stefan Lauer (zwischen Peter Malanik und Karsten Benz, r.: AUA-Boss Jaan Albrecht) weist den Weg. (c) APA/ROBERT JAEGER (Robert Jaeger)
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Die marode Fluglinie braucht von der Konzernmutter Lufthansa dringend Geld zum Überleben - das bekommt sie nur, wenn das Bordpersonal dem Sparkonzept zustimmt.

Wien/Eid. Das hätten sich die Tiroler nicht träumen lassen: Jahrelang standen sie im Schatten der Mutter AUA - was Verdienst- und Karrieremöglichkeiten betraf. Jetzt ist es genau der günstigere Kollektivvertrag (KV), der die Regionalfluglinie Tyrolean zum Kern der neuen AUA machen könnte. Nachdem die seit Wochen laufenden Verhandlungen zwischen AUA-Chef Jaan Albrecht und dem Betriebsrat am Montag ergebnislos zu Ende gegangen sind, wird „Plan B" immer wahrscheinlicher.

Das ist der von den Mitarbeitern gefürchtete zwangsweise Betriebsübergang auf die Tyrolean. Dabei soll das fliegende Personal der AUA den um rund 25 Prozent günstigeren Tyrolean-KV erhalten. Die AUA-Gehälter blieben so lange eingefroren, bis die Tyrolean-Gehälter das AUA-Niveau erreichten. Der Zwangsumstieg träfe vor allem die AUA-Piloten, und da wiederum jene 338 mit altem KV (KV-alt). Ein Kapitän der Regionalfluglinie verdient im Schnitt 7000 Euro brutto im Monat, bei der AUA sind es 10.000 bis 13.000 Euro (KV-alt).

Nulllohnrunde bis Ende 2013

„Das Sparkonzept macht Fortschritte. Da wir in einem für die Sanierung unverzichtbaren Punkt - der Einigung mit dem Bordbetriebsrat über einen kostengünstigeren Kollektivvertrag - aber keine Einigung erzielt haben, hat der Aufsichtsrat grünes Licht für den Betriebsübergang zur Tyrolean gegeben", sagte AUA-Präsident und Lufthansa-Vorstand Stefan Lauer nach der Sitzung am Dienstag. Mit dem Bodenbetriebsrat sei man indes weitgehend einig. Das Bodenpersonal verzichtet bis Ende 2013 auf Gehaltserhöhungen.

Einen Spalt ist die Tür noch offen: Auf Anregung des ÖGB hat der AUA-Beirat ersucht, bis Ende März weiterzuverhandeln. Die Lufthansa werde jedoch nicht nachgeben, signalisierte Lauer. Er sieht diese Verlängerung auch nicht als weiteren Terminaufschub. Ursprünglich hat man schon Ende Februar eine Einigung angepeilt. Der formale Beschluss über die Zukunft der AUA - neuer KV oder Tyrolean-Variante - soll Anfang April fallen.

Mit dieser Nachricht flog Lauer nach Frankfurt, wo am Mittwoch der Lufthansa-Aufsichtsrat tagt. Für die AUA begann damit eine Zitterpartie: Denn das Kontrollgremium der Mutter sollte - den unterschriebenen Pakt mit den Betriebsräten vorausgesetzt - eine millionenschwere Kapitalspritze für die AUA beschließen.

Allerdings geht es dabei nicht, wie bisher bekannt war, allein um Geld für die Anschaffung von sieben Airbus A 320 (sie ersetzen elf Boeing 737). Wie Lauer unmissverständlich klarmachte, braucht die marode Tochter frisches Geld. „Ohne dieses ist die Perspektive der AUA nicht gesichert." Zwar wollte Lauer nicht über ein negatives Eigenkapital spekulieren, aber viel Geld dürfte die AUA nicht mehr in der Kasse haben.

Dass der Lufthansa-Aufsichtsrat ohne Einigung in Wien das Geld freigeben werde, schloss Lauer aus. Es werde maximal einen Beschluss mit Vorbehalt geben - oder gar keinen. „Ohne massive Veränderung der Tarif- und Kostenstruktur ist die Sanierung der AUA nicht möglich", lautete seine Nachricht an die Belegschaftsvertreter. Und: „In den heutigen Strukturen ist die AUA so nicht überlebensfähig."

Zahlen über die Geldspritze wollte er indes nicht nennen. Zuletzt wurden in Summe deutlich mehr als 100 Mio. Euro kolportiert.

Flughafen senkt Tarife

Albrecht ist im November 2011 angetreten, um die chronisch defizitäre AUA nachhaltig in die Gewinnzone zu steuern. Dazu hat er ein neues Sparpaket geschnürt, das 260 Mio. Euro bringen soll. Von den heuer geplanten 223 Mio. Euro sei man noch rund 40 Mio. Euro entfernt - diese Summe entfalle großteils auf das fliegende Personal, sagte Albrecht. Geschäftspartner und Politik hätten großteils schon Beiträge geleistet. So etwa hat der Flughafen Wien eine weitere Tarifreduktion in Aussicht gestellt. Diese kommt natürlich allen Fluglinien zugute.

Der genaue Fahrplan für den Betriebsübergang soll Anfang April beschlossen werden. Allerdings dürfte die Lufthansa das Konzept schon in der Schublade haben. Der Flugbetrieb dürfte wochenlang eingeschränkt sein, was entsprechende Kosten verursacht.

Während die AUA-Piloten mit dem kollektivem Abgang drohen - was Lauer gelassen nimmt -, sehen Tyrolean-Piloten neue Chancen. Durch die Kündigung des AUA-KV ist auch die sogenannte „Scope Clause" gefallen. Sie besagt, dass Tyrolean-Piloten nur Maschinen bis zu 110 Sitzen fliegen dürfen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 14. März 2012)

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