In letzter Minute platzt der Kompromiss zwischen Gewerkschaft und Management. Knackpunkt waren die Abfertigungen. 2100 Piloten und Stewardessen müssen zur Tyrolean.
Wien/Auer. Der monatelange Streit zwischen AUA-Führung und Belegschaft über die Senkung der Personalkosten fand Montagnacht ein jähes Ende: Ein bereits ausverhandelter Pakt zwischen Management und Betriebsrat platzte in letzter Minute, damit wird der heiß diskutierte „Plan B“ Realität: Der teilweise Betriebsübergang auf die AUA-Tochter Tyrolean wurde eingeleitet. Ab erstem Juli gilt somit für alle 2100Piloten und Flugbegleiter der AUA der günstigere Kollektivvertrag der Regionaltochter.
„Es ist die schlechteste Lösung, aber wir nehmen sie zur Kenntnis“, sagt Bord-Betriebsratschef Karl Minhard. Um den juristisch umstrittenen Zwangsumstieg zu verhindern, handelte er vergangene Woche mit AUA-Chef Jaan Albrecht ein Kompromisspaket aus. In wichtigen Punkten, wie bei Flugzeiten, automatischen Gehaltssprüngen oder bis zu 30 Prozent Gehaltsverlust, herrschte grundsätzlich Einigkeit. Die für Montag geplante Abstimmung über den Deal wurde jedoch kurzfristig abgesagt. „Das hätten wir so nicht durchgebracht“, sagt Minhard.
Knackpunkt waren letztlich die bis zu 300.000Euro hohen Abschlagszahlungen, mit denen die AUA den Mitarbeitern den freiwilligen Umstieg hätte versüßen wollen. Es sei bis zuletzt ungeklärt gewesen, welchem Steuersatz die Zahlung unterliege und ob der Verbleib im gesetzlichen Abfertigungsschema gesichert sei.
„Mitarbeiter brauchen Klarheit“
Der Betriebsrat wirft dem Vorstand vor, die Entscheidung „über das Knie gebrochen“ zu haben. Es habe keinerlei Zeitdruck gegeben. AUA-Chef Albrecht hält dem die fast vier Monate dauernden Verhandlungen entgegen. „Die Mitarbeiter brauchen Klarheit“, sagte er.
Und Albrecht selbst braucht endlich eine Entscheidung, um im bis zu 260Millionen Euro schweren Sanierungsprogramm, das die Lufthansa der maroden Tochter verordnet hat, voranzukommen. In den vergangenen fünf Jahren flog die AUA nur Verluste ein. 45Millionen der geplanten Einsparungen will der AUA-Chef bei den Personalkosten erzielen. Das Bodenpersonal hat bereits eine Nulllohnrunde 2013 und den Ausstieg aus dem bestehenden Pensionsmodell akzeptiert.
Nun gibt es vorerst auch für das fliegende Personal eine Entscheidung. Für die einzelnen AUA-Mitarbeiter, die den Umstieg mitmachen, bedeutet das: Längere Arbeitszeiten und vorerst ein Ende für die gewohnten jährlichen Gehaltssprünge. Ihr Gehalt wird eingefroren, bis sie auch im Tyrolean-KV das Gehaltsniveau erreicht hätten
Tyrolean-Piloten umgeschult
Ganz einfach dürfte der Betriebsübergang für die AUA nicht werden. Schon jetzt haben 43 AUA-Piloten beschlossen, das Unternehmen zu verlassen. Der Belegschaftsvertreter rechnet damit, dass bis zum Sommer 200Piloten ihrem Beispiel folgen könnten und warnt vor Verzögerungen bei AUA-Flügen. Das Management ist hingegen der Meinung, alle Abgänge kompensieren zu können. Für 40 Tyrolean-Piloten hätten die Umschulungen auf den größeren Airbus 320 bereits begonnen. Die traditionell großen Spannungen zwischen Tyrolean- und AUA-Piloten dürfte das jedoch nicht beseitigen.
Mit dem Beschluss zum Betriebsübergang beginnen auch die arbeitsrechtlichen Fristen für jene Piloten zu laufen, die die AUA verlassen, aber nicht auf ihre Höchstabfertigung von bis zu 500.000Euro verzichten wollen. Der Betriebsrat rechnet mit einer Reihe von Klagen. Die AUA-Führung sieht dafür keine Grundlage. Im Aufsichtsrat waren die Kosten eines Betriebsübergangs zuletzt mit 160Mio. Euro veranschlagt worden, heißt es vonseiten der Gewerkschaft. Ein Großteil davon sei für Abfertigungen eingeplant gewesen.
Auf einen Blick
Nach fast vier Monaten endet der Streit um niedrigere Personalkosten bei der AUA mit dem Zwangsumstieg der Piloten und Flugbegleiter auf den günstigeren Kollektivvertrag der Tochter Tyrolean. 200Piloten könnten gehen, warnt der Betriebsrat.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.05.2012)