Parlament: Blau-oranger Eklat um Eurohilfe

Parlament: Blau-oranger Eklat um Eurohilfe
Parlament: Blau-oranger Eklat um EurohilfeAPA/ROLAND SCHLAGER
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Aus Protest gegen einen „geheimen“ Antrag für den Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) verließen die Abgeordneten von FPÖ und BZÖ den Saal. SPÖ, ÖVP und Grüne verteidigen ihr Modell als „Usus“.

Wien. Am Donnerstagvormittag ging es mit der diskutierten Verkleinerung des Nationalrats plötzlich schnell – wenn auch nur vorübergehend und unter Protest. Da räumten die Abgeordneten von FPÖ und BZÖ den Saal – wegen einer Geschäftsordnungsangelegenheit, die sich aber um das aktuelle Top-Thema im Parlament, den ESM, drehte. Also um jenen neuen Eurorettungsschirm mit einem freien Kreditvolumen von 500 Mrd. Euro, der vor Inkrafttreten im Laufe des Juli noch von einem Großteil der EU-Länder ratifiziert werden muss, so auch von Österreich.

Damit das schon bald passieren kann, stellten SPÖ, ÖVP und Grüne Donnerstagfrüh einen gemeinsamen Antrag. Demnach soll der Nationalrat Finanzministerin Maria Fekter (ÖVP) mit einfacher Mehrheit bei ihrem Vorgehen in Sachen ESM binden können. Weil es für solche Geschäftsordnungsanträge aber mehrere „Lesungen“ im Plenum braucht, ging der Antrag quasi über Nacht ins Parlament. Jetzt kann der Verfassungsausschuss über den Antrag zum Europäischen Stabilitätsmechanismus beraten und schon bei der Sondersitzung zum rot-schwarzen Transparenzpaket Ende Juni oder in der Plenarwoche im Juli kann er in ein Gesetz gegossen werden.

FPÖ und BZÖ ging das zu schnell: Sie empörten sich heftig über das „überraschende“ Vorgehen von Rot, Schwarz und Grün, FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache sprach von einer „handstreichartigen“ Aktion. Außerdem störe ihn, dass das Parlament beim ESM nur noch peripher werde mitentscheiden können – in zwei ständigen Unterausschüssen zum Budgetausschuss. Die eigentliche Lenkung des ESM, für den Österreich mit knapp 20 Mrd. Euro geradestehen soll, soll durch den ESM-Gouverneursrat aus den Euro-Finanzministern oder anderen Regierungsmitgliedern in Luxemburg erfolgen.
Für Strache und Co. ist dieses Modell ein „unerträgliches Unterwerfungssystem“, wie er sagte: Man ebne damit den Weg zu zentralistischen „Vereinigten Staaten Europas“, wiederholte er die Kritik, die er neben weiteren FPÖ- sowie BZÖ-Abgeordneten schon tags zuvor im Nationalrat in Sachen ESM und Eurohilfe geäußert hatte.

SPÖ, ÖVP und Grüne hielten dagegen, dass sie das Parlament mit ihrem Antrag eher auf- als abwerten würden, dass es sich bei den Unterausschüssen auch um „übliches Vorgehen“ handle. Die Grünen meinten zudem, FPÖ und BZÖ hätten schon ab Montag Informationen zum ESM-Modell haben können. Strache, der bis zuletzt nichts gewusst haben will, stellte nun „parlamentarische Initiativen bis zu einer Sondersitzung“ in Sachen ESM in den Raum. Auch beim Transparenzpaket sehe die FPÖ inzwischen eigentlich keinen Sinn mehr in Verhandlungen mit der „paktunfähigen“ SPÖ und ÖVP.

In den Saal zurück kehrten die FPÖler, nicht aber die BZÖler, als das Bildungsvolksbegehren von SPÖ-Mann Hannes Androsch rund um eine gemeinsame Schule bis 14 Thema war. Das Plenum nahm die Inhalte freilich nur zur Kenntnis, entsprechende Beschlüsse fielen zum Ärger Androschs nicht.

Abwahl Grafs vorerst unmöglich

Die Grünen stellten unterdessen einen Antrag auf Abwahl von Parlamentspräsidenten mit Zweidrittelmehrheit. Doch nur sie selbst stimmten dafür, dass schon bis 3. Juli ein solches Verfassungsgesetz kommt, alle anderen Parteien lehnten das ab. Den Anlass für den Antrag hatte der Dritte Nationalratspräsident der FPÖ, Martin Graf, geliefert, indem er mit Stiftung und falscher Berufsbezeichnung auf Wahllisten in die Kritik geraten ist.

Seinen Wechsel in den Wiener Landtag und Gemeinderat kündigte derweil der frühere Grünen-Chef Alexander Van der Bellen an. Sein Nationalratsmandat wird der Arbeiterkammer-Experte Bruno Rossmann übernehmen, der bis 2008 bereits Budgetsprecher der Partei war.

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Kommentare

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Tja. Wenn es sein muss, geht es eben auch ohne orange-blaue Fundamentalopposition.
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