Wien darf nicht Madrid werden

Die Arbeiterkammer lernt von den Krisenländern und fordert besseren Kündigungsschutz.

Warum sollen sich eigentlich immer die armen Südländer von Berlin die Welt erklären lassen? Gibt es nichts, was der Norden von den Krisenländern lernen könnte?

Doch, gibt es. Man muss nur wollen. Wie es geht, zeigt die Arbeiterkammer und fordert einen strengeren Kündigungsschutz in Österreich. Wer seine Kündigung vor Gericht anfechten will, soll nicht nur wirtschaftliche Argumente vorbringen können. Auch soziale Aspekte – etwa der Imageverlust bei Freunden – sollen reichen, um den Jobverlust per Gericht rückgängig zu machen.

Wohin das führt, lässt sich in Spanien oder Italien beobachten. Wer in Madrid eine fixe Anstellung hat, ist quasi pragmatisiert. Will sich ein Arbeitgeber in Rom von einem Mitarbeiter trennen, muss er 99 Monate vor dem Arbeitsgericht einplanen. Firmen wissen das und stellen daher so wenige ein wie möglich. Während Österreich mit seinem vergleichsweise lockeren Kündigungsschutz EU-weit die geringste Arbeitslosenquote zu beklagen hat, stehen in Spanien 50 Prozent der Jungen ohne Job da.

Kann es sein, dass die Arbeiterkammer das nicht weiß? Kaum. Vielleicht fühlt sie sich für jene, die auf einen Job warten, einfach nicht zuständig. Die Lobby heißt schließlich aus gutem Grund Arbeiterkammer – nicht Arbeitslosenkammer.

 

matthias.auer@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.08.2012)


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.