Salzburger Festspiele

Van der Bellen: „Bringen Sie Ihre Blase zum Platzen!“

Van der Bellen bei seiner Eröffnungsrede in Salzburg.
Van der Bellen bei seiner Eröffnungsrede in Salzburg. Apa/Land Salzburg/Franz Neumayr
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Der Bundespräsident rief in seiner Eröffnungsrede der Salzburger Festspiele zu Toleranz, vor allem in Sozialen Netzwerken, und „begründetem Optimismus“ auf.

Eine Woche nach den Bregenzer Festspielen eröffnete Bundespräsident Alexander Van der Bellen jene in Salzburg; diesmal aber tat er dies nicht mit einer Schelte gegen die großen Parteien im Land. Ins Zentrum seiner Rede rückte er weniger den parteipolitischen Diskurs, sondern den politischen per se – und zwar vor allem im Internet.

„In meinen vielen Gesprächen mit Menschen aller Altersgruppen begegnen mir viele Sorgen: Sorgen um die Leistbarkeit des Lebens, um den Zusammenhalt in unserer Gesellschaft, ein funktionierendes Gesundheitssystem, den Mangel an Arbeitskräften, den Ausgleich zwischen den Generationen, die Gerechtigkeit zwischen den Geschlechtern, Sorgen um die Migration, Sorgen um Krieg, Sorgen um die Zukunft der Menschheit im Angesicht des Klimanotstands und so weiter“, begann der Bundespräsident. Dass man da verunsichert sei, findet Van der Bellen „nur menschlich“. Aber: „Zwischen Fatalismus einerseits und Verleugnung anderseits tut sich in der Mitte ein Weg auf, ein Weg des begründeten Optimismus.“

„Wir leben in einer liberalen Demokratie und jeder Mensch kann im Rahmen der Menschenrechte und Menschenpflichten tun und lassen, was jeder Mensch tun oder lassen will. Jeder Mensch kann lieben, wen er will, kann sein, wer er ist.“ Das sei „nicht selbstverständlich“, sagte Van der Bellen. „Können wir uns kurz einmal darüber freuen, dass das so ist?“

„Wir müssen uns nicht liken, um uns zu mögen“

Bedroht sei all das – sprich: die „liberale Demokratie“ – von „abnehmender Toleranz“. Wir würden „kaum mehr miteinander diskutieren“, beklagte Van der Bellen, man würde „oft nur noch seine eigene Meinung bestätigen“, schließlich würden „die Algorithmen uns ganz automatisch nur Meinungen zuspielen, die uns Recht geben und in unserer Meinung bestätigen oder anstacheln“. Van der Bellen: „Das führt dann dazu, das Follower von Herbert Kickl glauben, in einer ganz anderen Welt zu leben als Follower von Werner Kogler oder von Beate Meinl-Reisinger oder von Karl Nehammer oder von Andreas Babler oder von Alexander Van der Bellen.“

Dies gelte es zu durchbrechen: „Wieso nicht einmal die Algorithmen verwirren, indem wir auch denen ‚followen‘, deren Meinung vielleicht nicht so ganz unserer Meinung entspricht?“ So bekomme man vielleicht das Bild „einer gemeinsamen Realität“, sagte der Bundespräsident. „Als Symbol und gutes Beispiel dafür werde ich ab heute dem Instagram-Account von Norbert Hofer folgen.“ Coram publico zückte er dabei sein Smartphone und „abonnierte“ den Instagram-Account seines freiheitlichen Konkurrenten um die Präsidentschaft. Hofer richtete er aus: „Falls Sie zuhören, Sie können ruhig auch dem Account von Greta Thunberg followen zum Beispiel. Wenn Sie es nicht schon tun.“ Und zu den Menschen im Publikum, darunter Vertreter der türkis-grünen Bundesregierung, sagte er: „Folgen Sie einmal Fridays For Future. Oder dem Autofahrerclub. Ändern Sie die Spielregeln.“

Van der Bellen rief seine Zuhörer dazu auf, „mit Leuten zu reden, die Sie nicht kennen“, die „nicht zu Ihrer Gruppe gehören“, die „in der benachbarten Blase“ seien. „Bringen Sie Ihre Blase zum Platzen“, so Van der Bellen. „Denn wir müssen uns nicht liken, um uns zu mögen.“ (kk)

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