Office-Konzepte: Mobile Working verändert Büroalltag

Immobilienexperten gehen davon aus, dass sich das Büro künftig zu einer temporären Arbeitsstätte entwickelt. Das hat Auswirkungen auf Ausstattung und Standort.

Bei der Siemens AG am Düsseldorfer Flughafen ist das Büro der Zukunft bereits angekommen. Der neue Standort, den die Deutsche Energie-Agentur als „Green Building“ zertifiziert hat, ist als Arbeitsstätte für rund 600 Beschäftigte angelegt. Das Besondere daran ist weniger der Nachhaltigkeitsaspekt, den mittlerweile viele Bürogebäude aufweisen, sondern vielmehr das Office-Konzept, das Siemens als einer der deutschen Vorreiter, darin umzusetzen versucht.

Vorrangiges Ziel des Projekts ist es, die Arbeitsstrukturen effizienter zu gestalten. Dazu zählen unter anderem die Förderung von Mobile Working, die Verbesserung der Work-Life-Integration, die Einführung einer offenen Büroausstattung und die freie Wahl des Arbeitsplatzes. Insgesamt stehen für die 600 Mitarbeiter 400 Arbeitsplätze zur Verfügung, das heißt, (fast) jeder kann seinen Arbeitsplatz frei wählen. Fixe Schreibtische gibt es nicht mehr. Dafür stellt Siemens seinen Mitarbeitern Mobiltelefone und Notebooks zur Verfügung, mit denen sie auch von zu Hause aus und unterwegs arbeiten können.

Arbeitsnomaden und Projektarbeit

Was bei Siemens bereits heute praktiziert wird, könnte in naher Zukunft den Alltag in vielen Unternehmen bestimmen. Denn zum einen ist Büroraum teuer, zum anderen sind die Zyklen, bedingt durch die zunehmende Krisenanfälligkeit der Konjunktur, schneller geworden. „Darauf müssen die Firmen sich einstellen. Standortwahl und eine effiziente Flächennutzung spielen eine immer wichtigere Rolle“, erklärte Claus Zincke von Union Investment Real Estate beim Jahresauftaktkongress der Immobilienwirtschaft CIMMT in Frankfurt.

Hinzu kommen die gewachsenen Ansprüche der Arbeitgeber an die Arbeitnehmer: Mobil sollen sie sein, flexibel, zu jeder Tages- und Nachtzeit verfügbar, um rund um den Globus Geschäfte abzuwickeln. Wer also beruflich viel unterwegs ist, wird sich darauf einstellen müssen, dass er im Büro keinen festen Platz mehr hat. Er wird dort arbeiten, wo gerade frei ist – „Desk Sharing“ heißt das Zauberwort. Und in diesem Umfeld soll dann auch das Einzelkämpfertum durch Team- und Projektarbeit abgelöst werden. „Zu guter Letzt stellen auch die Toptalente der Zukunft selbst hohe Ansprüche an die Unternehmen“, sagt Robert Kellershohn, Geschäftsführer Office Agency bei Savills. Neben dem Design des Bürohauses wird daher auch der Wohlfühlfaktor am Arbeitsplatz und die Umgebung, sprich der Standort, eine wichtige Rolle spielen.

Laut Kellershohn arbeiten vor allem Kreative und Entwickler schon jetzt oft an verschiedenen Orten, zu anderen Zeiten an wechselnden Aufgaben und haben häufiger befristete Verträge. Ins Büro kommen diese Arbeitsnomaden selten oder gar nicht. Je nach Aufgabe können sich die Mitarbeiter in Besprechungsräumen zusammensetzen oder sich allein in eine der sogenannten Kreativzonen zurückziehen. Wer will, kann auf dem roten Sofa im Loungebereich Platz nehmen oder sich mit Kollegen an der Theke in der Kaffeeküche treffen.

Unternehmen folgen Talenten

Gleichwohl spielt in diesem dynamischen Arbeitsumfeld der Standort nach wie vor eine nicht zu unterschätzende Rolle. „Diese Klientel bevorzugt trendige Städte mit einem abwechslungsreichen kulturellen Angebot und günstigen Wohnraum wie es etwa in Berlin der Fall ist“, betont Roy Brümmer, Geschäftsführer Corpus Sireo Asset Management Commercial GmbH. Brümmer schließt daraus, dass künftig die Unternehmen den Talenten und nicht umgekehrt folgen („war of talents“). Wobei sich auch ein Paradigmenwechel in Bereich Mobilität abzeichnet. Da die junge, kreative Klientel zunehmend auf ein eigenes Auto verzichten möchte, tun Unternehmen gut daran, darauf zu achten, dass ihre Büros möglichst an den öffentlichen Nahverkehr angebunden sind.

Dennoch stellt sich die Frage, ob mit diesen neuen Arbeitsstrukturen auch Innovationen geschaffen werden. Der Siemens-Konzern ist jedenfalls davon überzeugt, dass sie entscheidend sind für die Wettbewerbsfähigkeit in einer globalisierten Arbeitswelt. Studien der Universität Gallen haben allerdings ergeben, dass nur zehn Prozent der Ideen in Meetings entstehen. Am kreativsten sind die Menschen in der Natur, zu Hause, auf Reisen oder beim Sport.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.02.2013)

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