Wenn die ÖVP schon eine Idee hat, muss man sie aufgreifen

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„Leistbares Wohnen“ scheint zu einem bestimmenden Wahlkampfthema zu werden. Dennoch bietet sich die Möglichkeit, eine vernünftige Lösung zu finden.

Es passiert nicht so oft, dass kluge Vorschläge von der ÖVP kommen, und deswegen muss man es anerkennen, wenn es passiert. Also: Die Ideen, die Parteichef Michael Spindelegger gestern präsentiert hat, um die Mietkosten in Österreich zu senken, sind klug und überlegt. Die Herausforderung wird sein, sie in die Praxis umzusetzen.

Natürlich geht es der Volkspartei bei dem Thema um die bevorstehende Nationalratswahl (schließlich sind deren Wähler auch nicht ausschließlich Wohnungsbesitzer). Jeder, der eine Wohnung sucht, kennt die horrenden Preise, die teilweise gefordert werden. „Leistbares Wohnen“ ist nicht nur hierzulande ein Thema, auch in Deutschland wird intensiv darüber diskutiert (dort wird übrigens auch im Herbst gewählt).

In Österreich ist der Staat freilich maßgeblich mit schuld an den hohen Mieten. Damit das Wohnen leistbar ist, führte man einst einen Wohnbauförderungsbeitrag ein: Arbeitgeber und Arbeitnehmer bezahlen dafür jeweils ein halbes Prozent des Bruttolohns. Im Jahr 2012 machte das immerhin 876 Millionen Euro aus. Der Bund stockte diese Summe auf und überwies den Ländern jährlich 1,8 Milliarden Euro für den geförderten Wohnbau.

Die Vergangenheitsform ist angebracht. Denn 2001 setzte die schwarz-blaue Bundesregierung (unter Mithilfe der SPÖ, wohlgemerkt) die Zweckwidmung der Rückflüsse aus der Wohnbauförderung aus, 2008 schaffte man die Zweckwidmung auch der Wohnbaubeiträge ab. Seither können die Bundesländer die Mittel für alles Mögliche verwenden, was sie auch mit Hingabe tun. Man stopft etwa allgemeine Budgetlöcher oder verkauft, wie Niederösterreich und Kärnten, die Förderungen an Kreditnehmer und verwendet das Geld als Spekulationsmasse (bisher nicht sonderlich erfolgreich).

Kurz: Die Steuern, die wir alle für leistbares Wohnen abführen, wurden in den vergangenen Jahren für alles andere verwendet als für leistbares Wohnen. In der Folge ging der Wohnbau zurück, die Zahl der verfügbaren Häuser und Wohnungen sank – und selbst im sozialdemokratischen Österreich kommt dann der Markt ins Spiel: Die Nachfrage ist größer als das Angebot, die Preise steigen.

Die erste Herausforderung für Michael Spindelegger wird also sein, seine Landeshauptmänner davon zu überzeugen, dass sie die Wohnbauförderung tatsächlich wieder für den Wohnbau einsetzen. Das wird interessant, denn Niederösterreichs Finanzlandesrat, Wolfgang Sobotka, ließ die Öffentlichkeit im März 2012 in einem Interview wissen: „Ich lasse mir nicht vorschreiben, wie ich frei einzusetzendes Geld verwenden darf.“ Ziemlich bemerkenswert für einen, der damals noch nicht die Macht einer erneuten absoluten Mehrheit hinter sich hatte.


Die nächste Herausforderung wird sein, den sozialen Wohnbau tatsächlich jenen zur Verfügung zu stellen, die auf ihn angewiesen sind. Man muss nicht wieder das Beispiel des grünen Nationalratsabgeordneten Peter Pilz bringen, der seit Jahren in einer Wiener Gemeindewohnung lebt. Es gibt auch sonst genügend Menschen, die für ihre monatliche Weinrechnung mehr Geld ausgeben als für ihre Wohnungsmiete. Sie haben in geförderten Gemeindewohnungen nichts verloren.

Und natürlich wird man sich das Mietrecht anschauen müssen. Das beginnt bei Regelungen, die jene bevorzugen, die vor langer Zeit etwas gemietet haben und zu Spottpreisen bewohnen. Sie nehmen vielen jungen Menschen die Möglichkeit, sich etwas aufzubauen.

Man muss auch, schließlich ist Wahlkampf, kurz vor der Idee warnen, die die Grünen in Wien propagieren: dass nämlich der Staat die Höhe der Mietpreise mit sieben Euro pro Quadratmeter beschränken soll. Das wäre eine eiskalte Enteignung privaten Eigentums und hätte nur zur Folge, dass ein breiter Schwarzmarkt entsteht, der sich jeder Regelung entzieht.

Man sollte stattdessen Spindelegger beim Wort nehmen: Die ÖVP hat einige Forderungen aufgegriffen, die auch schon von anderen kamen. Es bietet sich also die Chance, im Wohnungsbereich gemeinsam eine vernünftige Lösung zu finden – trotz Wahlkampfs.

E-Mails an: norbert.rief@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.03.2013)

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