TV-Notiz

Kdolsky und das „goldene Kalb“ Föderalismus in der „ZiB 2“

„Wir nehmen einen Baustein und versuchen etwas zu kitten, wo sich gerade ein großes Loch zeigt“, meinte Ex-Ministerin Andrea Kdolsky. „Und sehen nicht das Ganze.“
„Wir nehmen einen Baustein und versuchen etwas zu kitten, wo sich gerade ein großes Loch zeigt“, meinte Ex-Ministerin Andrea Kdolsky. „Und sehen nicht das Ganze.“Screenshot: „Die Presse“
  • Drucken
  • Kommentieren

Wer ist schuld am schlechten Zustand des Gesundheitssystems in Österreich? Was brauchte es für eine Reform? Ex-ÖVP-Gesundheitsministerin Andrea Kdolsky zeichnete bei Armin Wolf ein düsteres Zukunftsszenario.

Fachärztin für Anästhesie war sie einst, dann Gesundheitsministerin für die ÖVP, aus der sie im Protest gegen Türkis-Blau in Niederösterreich ausgetreten ist. Heute sieht sich die inzwischen selbstständige Andrea Kdolsky wohl vor allem als Beraterin, jedenfalls ihrer Sprache nach zu urteilen. Sie spricht in der „ZiB 2“ von „Stakeholdern“, wenn sie Bundesländer, Bund oder Ärztekammer meint, und erklärt, was man im Management lerne: dass man bei einem Problem „auf den Grund geht, wieso etwas so ist“. Hausverstand könnte man auch dazu sagen.

Das Problem, das sie mit Moderator Armin Wolf am Dienstagabend in der „ZiB 2“ besprach, war das wachsende namens Gesundheitssystem. Die Einrichtung von Primärversorgungszentren wird erleichtert, ist das die Lösung? Die insgesamt gelassen wirkende Ex-Ministerin blieb skeptisch. Der Ärztemangel werde sich dort genauso zeigen. „Wir nehmen einen Baustein und versuchen etwas zu kitten, wo sich gerade ein großes Loch zeigt“, meinte sie. „Und sehen nicht das Ganze.“ Das Gesundheitssystem stehe knapp vor dem Kollaps.

Wer ist verantwortlich für die Misere? „Eines der größten Probleme im österreichischen System ist die Zersplittertheit in der Entscheidungsfindung“, so Kdolsky. Zwar sei es richtig und wichtig, andere Meinungen einzuheben, „aber irgendwann muss jemand eine Entscheidung treffen. Und das passiert bei uns nicht.“ Die Rolle einer „puppet on a string“, einer Marionette, spiele ihr Nachfolger Johannes Rauch (Grüne).

Schuld sei ein „Triumvirat“ (das in Kdolskys Auffassung mehr als drei Dinge umfasst) zwischen Kammern, Sozialpartnern, Versicherung, Bund und Ländern. „Vor allem der Föderalismus, das goldene Kalb“, verhindere, dass jemand eine Entscheidung fälle.

Als Beispiel nannte sie ein Gesetzesvorhaben aus dem Jahr 2008, das gekippt wurde, „weil die Länder eine Kompetenz haben, dass sie, wenn es um Finanzierungen geht, die sie betreffen, einen Stopp setzen können“. Nachsatz: „Und den müssen sie nicht einmal argumentieren.“ Ob das so stimmt? „Die Presse“ hat im Gesundheitsministerium nachgefragt, wo man den konkreten Fall nach 15 Jahren nicht nachvollziehen kann. „Meine eigene Partei“ habe dagegen gestimmt, so Kdolsky in der Nachrichtensendung, „weil in diesem Gesetz schon einige Attacken gegen den Föderalismus waren“.

Ein System mit dem Namen Bismarck

Die Bereiche Bildung und Gesundheit sollten zentral gesteuert werden, meint die Ex-Ministerin. Bei diesen beiden Themen schielt man gern nach Skandinavien (um es dann doch wieder so zu machen wie immer). Schweden hat das steuerfinanzierte sogenannte Beveridge-System mit Beitragsleistungen der Patientinnen und Patienten, dieses hält Kdolsky für „gezielter und effizienter“ als unseres. (Die jährliche Höchstgrenze für Gebühren liegt in Schweden übrigens bei 1200 Kronen, das sind umgerechnet etwas mehr als 100 Euro.) Das österreichische System, bei dem Krankenkassen aus Sozialabgaben der Versicherten und ihrer Arbeitgeber finanziert werden, sei zu Zeiten von Bismarck, dessen Namen es trägt, sinnvoll und gut gewesen, meinte sie.

Ob Österreich je ein skandinavisches Modell bekommt? Eine grundlegende Reform wäre etwas, „was ein Haucherl zu weit geht für die eigene Klientel“, meinte die Ex-Ministerin. Ein Umdenken werde es höchstens dann geben, wenn es öfter passiere, dass jemand nicht mehr rechtzeitig in ein Spital komme. Ein hoher Preis, selbst für ein goldenes Kalb.

>> Die Sendung zum Nachschauen

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.